Kolumne «Dorfgeflüster»Wie ein Kochrezept den Status eines Kunstobjekts erwirbt
Weil er sein Publikum in Wädenswil zurzeit nicht mit Kleinkunst unterhalten kann, lässt sich der Theaterleiter etwas anderes einfallen.
Das Bœuf Stroganoff haben wir einem Koch, der im 19. Jahrhundert in St. Petersburg tätig war, zu verdanken. Es ist heute ein Klassiker in der Küche und wird sogar in der Literatur erwähnt («Es muss nicht immer Kaviar sein» von Johannes Mario Simmel). Es könnte sein, dass nun eine Salatsauce aus Wädenswil den gleichen Kultstatus erlangt.
Diese Salatsauce war schon lange eine Legende, bevor sie nun möglicherweise weltweiten Ruhm erlangt. Serviert wird sie im Restaurant des Theaters Ticino, wo das «geschätzte, liebe Publikum» speisen kann, bevor es einen Stock höher anschliessend die Kleinkunst auf der Bühne geniesst.
Die Salatsauce hat in der Szene Kultstatus. Es geht die Legende um, dass dank ihr eingefleischte Gemüseabstinenzler im mittleren Alter noch auf den Salatgeschmack gekommen sind. Es soll auch Künstler geben, die erzählen, sie gingen ins Ticino, um Salat zu essen – und nicht, um aufzutreten.
Jedenfalls hielt Koch Sergio Rossi sein Rezept geheim, wie dies Köche halt so machen. Theaterleiter Ueli Burkhardt wollte es ihm aber entlocken und blieb hartnäckig. Er habe das Gejammer wegen Corona sattgehabt, erzählt Ueli Burkhardt. Er habe sein Publikum immer wieder enttäuschen müssen, weil er in der Pandemie Vorstellungen habe absagen müssen, auf die sich die Leute gefreut hätten. Da habe er sich überlegt, was ausser der Kleinkunst sonst noch typisch sei für das Theater Ticino. So kam es, dass er das Rezept servierte. Die Überraschung ist ihm gelungen. Die Newsletter-Empfänger hätten sich über das Rezept gefreut. Viele wollen es ausprobieren, erzählt er.
Und das sind die Zutaten: Zwiebeln, Knoblauch, Bouillon, Senf mild, Mayonnaise, Apfelessig, Rapsöl, Dill, Schnittlauch, Pfeffer. Ob Sergio Rossi tatsächlich alle Zutaten verraten hat, bleibt sein Geheimnis. Aber vom Bœuf Stroganoff gibt es schliesslich auch verschiedene Variationen, und es schmeckt immer gut.
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