Internationale NotlageWHO ruft wegen Affenpocken weltweiten Gesundheitsnotstand aus
Der WHO-Generaldirektor rief in Genf die höchste Alarmstufe aus. Diese «Notlage von internationaler Tragweite» hat aber keine praktischen Folgen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Affenpocken-Ausbruch in mehr als 50 Ländern zu einer «Notlage von internationaler Tragweite» erklärt. Das gab WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Samstag vor den Medien in Genf bekannt.
Die WHO rief damit die höchste Alarmstufe aus, die sie bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann. Praktische Folgen hat das nicht, denn die Regierungen entscheiden selbst über Massnahmen in ihren Ländern.
Allerdings soll die Einstufung die Regierungen der WHO-Mitgliedsländer dazu bewegen, Massnahmen zu ergreifen, um den Affenpocken-Ausbruch einzudämmen. Sie sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmassnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann.
Ein Ausschuss aus unabhängigen Fachleuten hatte sich zuvor nicht auf eine gemeinsame Empfehlung geeinigt, ob eine Notlage ausgerufen werden sollte.
Über 16’000 Fälle weltweit
Tedros nannte die Zahl von mehr als 16’000 bestätigten Fällen in mehr als 60 Ländern, von denen viele vorher praktisch keine Affenpocken-Fälle kannten. In der Schweiz meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Freitagabend total 229 Fälle, in Deutschland waren es gemäss dem Robert Koch-Institut am Freitag knapp 2300 Fälle. In sechs afrikanischen Ländern, in denen das Virus schon früher auch Menschen infiziert hat, waren es über 240 Fälle.
Bei den Affenpocken handelt es sich um eine weniger gefährliche Verwandte der seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken, die üblicherweise in West- und Zentralafrika vorkommt. Zu den typischen Symptomen der Krankheit gehören Hautausschlag, geschwollene Lymphknoten, Entzündungen in der Genital- und Analregion sowie hohes Fieber, Schüttelfrost, Muskelschmerzen und Windpocken-ähnliche Pusteln. In der Regel verläuft die Krankheit nicht tödlich.
Andere Ansteckungswege als bei Corona
Auch den Ausbruch des Coronavirus Sars-CoV-2 hatte die WHO am 30. Januar 2020 als solche Notlage deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei Affenpocken auf dieselben Massnahmen wie bei der Corona-Pandemie einrichten müssen.
Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder Husten ausstossen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem Wissensstand in der Regel durch engen Körperkontakt.
Auch Polio-Ausbrüche gelten als Notlage
Die WHO richtet je nach Krankheit bei Bedarf Notfallausschüsse ein, die mit jeweils anderen Fachleuten besetzt werden. Zur Zeit gilt neben der Notlage internationaler Tragweite wegen Corona seit 2020 auch eine Notlage wegen Polio-Ausbrüchen (seit 2014).
Abgeschlossene Notlagen waren der Ausbruch der Schweinegrippe H1N1 (2010), des Zika-Virus (2016) und von Ebola (2014-2016 und 2019). Die WHO hatte seinerzeit auch Notfallausschüsse wegen Mers-CoV (2013-2015) und wegen Gelbfieber (2016) einberufen. Die dazu konsultierten Fachleute kamen aber nicht zu dem Schluss, dass eine Notlage internationaler Tragweite erklärt werden sollte.
AFP/SDA/anf
Fehler gefunden?Jetzt melden.