Lebensmittel in der SchweizWer Food-Waste vermeidet, spart 600 Franken pro Jahr
Weihnachten ist der Höhepunkt des Food-Waste-Aufkommens. Schweizer Haushalte geben rund 5 Milliarden Franken pro Jahr für nicht gegessene Lebensmittel aus.
- Schweizerinnen und Schweizer werfen jährlich Lebensmittel im Wert von rund 5 Milliarden Franken weg.
- Jede Person könnte durch Vermeidung von Food-Waste 620 Franken sparen.
- Der Bundesrat plant, Lebensmittelverluste bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren.
- Eine nationale Anti-Food-Waste-Kampagne könnte sich wirtschaftlich und ökologisch lohnen.
Für Lebensmittel geben die Menschen in der Schweiz deutlich zu viel aus. Dies nicht wegen zu hoher Preise der Händler, sondern weil viel davon zu Hause im Kübel landet. Jede Person kann pro Jahr 620 Franken sparen, wenn sie Food-Waste vermeidet. Bei einer vierköpfigen Familie lassen sich die Kosten so auch ohne Aktionen oder Verzicht um fast 2500 Franken senken.
«Der finanzielle Verlust wird von den Konsumentinnen und Konsumenten fast nicht bemerkt, denn das Wegwerfen passiert schleichend», sagt Claudio Beretta, Umweltwissenschafter an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft. Es gibt jedoch einen Food-Waste-Höhepunkt: Weihnachten. «Denn man will mehr als genug Vorräte haben, um über die Feiertage zu kommen.»
Beretta ist auch Präsident von foodwaste.ch und hat fürs ganze Jahr ermittelt, welche Lebensmittel wir zu viel einkaufen und ungegessen in die Tonne werfen. Das Ergebnis seiner 2019 zusammen mit Stefanie Hellweg fürs Bundesamt für Umwelt erstellten Studie: Mit 210 Franken könnten wir am meisten Geld bei Früchten und Gemüse sparen, ohne dass wir weniger davon essen und auf Vitamine verzichten.
«Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen ist nicht nur gut für die Umwelt – sondern auch fürs Portemonnaie», sagt Beretta.
Der Unsicherheitsfaktor der Berechnungen beträgt zehn Prozent. Als Basis dienten die Haushaltsbudget-Erhebungen zwischen 2009 und 2013, in denen die Ausgaben für 90 Lebensmittelkategorien erhoben wurden. «Wenn man die geschätzten im Haushalt weggeworfenen Mengen an Lebensmitteln mit Schweizer Lebensmittelpreisen verrechnet, kommt man auf eine Grössenordnung von 600 Franken pro Person und Jahr», erklärt Beretta. Insgesamt macht das eine Summe von rund 5 Milliarden Franken aus.
Eine der Grundlagen für die Schätzung der privaten Essensabfälle lieferte die Schweizer Kehrichtsackanalyse von 2014. Die neue Kehrichtsackanalyse und die Grüngutanalyse von 2022 deuten laut Beretta darauf hin, dass es eine leichte Reduktion gab. «Von einer Messung kann man aber nicht auf einen Trend schliessen», schränkt er ein.
Food-Waste vermeiden: Vorm Einkauf in den Kühlschrank schauen
Das Wegwerfen von Lebensmitteln in Privathaushalten kommt vor allem in reichen Ländern wie der Schweiz vor. In ärmeren Staaten, wo die Ausgaben fürs Essen fast die Hälfte des Haushaltsbudgets ausmachen können, gibt es Food-Waste so gut wie nicht.
In der Schweiz gibt ein 2-Personen-Haushalt 636 Franken im Monat für Lebensmitteleinkäufe aus. Dies macht einen Anteil am Budget von lediglich sieben Prozent aus. Für die meisten Schweizer Haushalte fehlt deswegen der ökonomische Druck, nur Lebensmittel einzukaufen, die sie dann auch tatsächlich essen.
Mit 38 Prozent fällt in den privaten Haushalten der grösste Anteil an Food-Waste in der Schweiz an. Zum Vergleich: Im Gross- und Detailhandel macht dies mit 8 Prozent massiv weniger aus.
«Wir schauen nicht in den Kühlschrank, bevor wir einkaufen gehen », lautet einer der auf der Website foodwaste.ch aufgeführten Ursachen des unnötigen Lebensmittelabfalls. Ebenso Essensreste auf den Tellern oder zu grosse Packungen beim Einkauf gehören zu den banalen Gründen für die Entstehung von Food-Waste.
Bis 2030 will der Bundesrat darum sämtliche vermeidbare Lebensmittelverluste in der Schweiz halbieren – dies im Vergleich zum Aufkommen im Jahr 2017. Dies würde auch dazu führen, dass die nationalen Treibhausgasemissionen um 10 bis 15 Prozent gesenkt würden.
Mehr Geld für höherwertige Lebensmittel
«Die Schweizer Politik macht da heute viel zu wenig», kritisiert Beretta. Food-Waste ist nämlich eine Umwelt- und Klimabelastung. Er stellt mit 25 Prozent des gesamten Ernährungsfussabdrucks, zu dem Pestizide, Land- und Wasserverbrauch sowie CO2-Emissionen gehören, ein beträchtliches Problem dar.
Beretta verweist auf eine britische Studie, die zeigt, dass sich eine im Jahr 2007 lancierte nationale Anti-Food-Waste-Kampagne schon fünf Jahre später auszahlte: Die in privaten Haushalten verschwendeten Lebensmitteln gingen um 21 Prozent zurück. Die von der britischen Regierung investierten Kampagnenkosten brachten das 250-Fache an Einsparungen für Konsumentinnen und Konsumenten.
Für Detailhändler stellten laut der britischen Analyse die Einsparungen der Haushalte durch die Vermeidung von Food-Waste kein Problem dar. Sie büssten dadurch nicht unbedingt an Umsatz ein. Denn rund 50 Prozent ihres eingesparten Geldes geben Konsumentinnen und Konsumenten für höherwertige Lebensmittel oder andere Produkte aus.
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