Kolumne «Miniatur des Alltags»Wenn Mann mir meinen Töff erklärt
Redaktorin Fabienne Sennhauser hatte es kürzlich mit einem besonders beharrlichen Besserwisser zu tun.
Seit bald zehn Jahren bin ich nun Motorradfahrerin. Ich besitze den Führerausweis der Kategorie A. Heisst: Theoretisch kann ich jedes Motorrad dieser Welt fahren völlig unabhängig von dessen Leistung. Praktisch macht mir da meine Körpergrösse etwas einen Strich durch die Rechnung. Item.
Kürzlich fuhr ich mit meiner Yamaha auf die Fähre in Meilen. Kaum war ich abgestiegen, den Helm noch auf dem Kopf, gesellte sich ein Herr zu mir.
Er: Ist das dein Töff?
Ich (leider nur in Gedanken): Nein, ich stehe immer einfach so mit Helm neben fremden Zweirädern auf der Fähre.
Er: Was hat der für einen Hubraum? 350?
Ich: 700.
Er: Wirklich? Sieht gar nicht so aus. Da musst du aufpassen. So ein Ding zu fahren, ist nicht ohne.
Ich: Ich fahre schon einige Jahre.
Er: Ich fahre auch – einen 125er-Roller. Das ist dann schon was anderes, als Velo zu fahren.
Artiges Nicken meinerseits.
Er: Ich habe ja einen Kurs gemacht, dort lernt man, wie man richtig eine Kurve anfährt.
Ich: Ja, den Kurs habe ich auch besucht.
Er: Es ist ja wichtig, dass du die Kurve richtig anfährst, sonst trägt es dich auf die Gegenfahrbahn. Und das Bremsen ist auch ganz anders. Da musst du aufpassen. Du musst bei Vorder- und Hinterbremse gleichzeitig voll auf die Klötze. Und selbst dann ist der Bremsweg noch einige Meter lang, weisst du?
Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie jetzt noch weiterlesen oder nicht. Keine Entscheidungsfreiheit hatte ich auf der Fähre. Mansplaining. Das Wort bezeichnet die ungefragten, meist herablassenden Erklärungen eines Mannes, der fälschlicherweise davon ausgeht, mehr über einen Sachverhalt zu wissen als sein – meist weibliches – Gegenüber. Normalerweise habe ich Mühe mit solchen Worten und Bezeichnungen, die unterstellen, dass stereotypisches Verhalten ein Geschlecht hat. In diesem Fall aber habe ich dieser Definition nichts mehr hinzuzufügen.
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