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TV-Kritik «Tatort»
Wenn Karim und die Kommissarstochter den Papa misstrauisch machen

Am Rand einer rechtsextremen Demo fliegt ein Molotowcocktail.
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Ein rechtsextremer Aufmarsch am Abend: Vermummte tragen Fackeln, brüllen «Wir sind das Volk!», stapfen in Springerstiefeln durchs Quartier: Köln, beinahe «business as usual». Cut auf eine Frau, die sich ins Backoffice ihres Cafés zurückgezogen hat und nervös eine Zigarette raucht. Cut auf eine Gruppe von Freunden, die entspannt rund um einen Tisch sitzt; eine von ihnen lächelt seltsam süss auf ihre Handynachrichten hinunter, derweil über den Handyscreen die Bilder von der Demo flimmern. Realität in Deutschland, von Regisseurin Nina Vukovic in eine unaufgeregte Düsternis getaucht.

Überhaupt zeigt die 44-Jährige, dass sie «Tatort» auch viel weniger überkandidelt kann als etwa in der Zürcher Folge «Schattenkinder», bei der sie als Drehbuchautorin zeichnete. Die Kneipen des Kölner Viertels sind dunkel, die Strassen grau, die Menschen wortkarg. Alles verschwimmt, auch Schuld und Unschuld, Recht und Unrecht sind nicht so leicht zuzuordnen.

Der Sonntagskrimi «Schutzmassnahmen» aus der Feder von Paul Salisbury erzählt vom Zusammenleben in einem multikulturellen Viertel, einem kölschen Veedel, in dem sich jeder kennt, aber letztlich keiner dem anderen traut und jeder für sich schaut. Alaaf is’ nicht, dafür jede Menge Alleinsein. Dass das dortige Restaurant Die Wunderlampe, das von Karim Farooq und Sonja Schenk – der Tochter von Kommissar Schenk (Dietmar Bär) – betrieben wird, während der fremdenfeindlichen Demo abgefackelt wird, scheint niemanden wirklich zu schocken.

Wie befangen ist Schenk (Dietmar Bär, links) bei den Ermittlungen, die – auch – auf seine eigene Tochter (Natalie Spinell) fokussieren? Kommissar Ballauf (Klaus Behrendt) schaut skeptisch. 

Bei dem Brand kommt der Sohn des Lebensmittellieferanten ums Leben, weshalb Kommissar Schenk bald bei seiner Tochter auf der Matte steht und den Fast-Schwiegersohn argwöhnisch betrachtet. Doch was sonst als einer dieser unsäglichen «Tatort»-Zufälle quer in der Landschaft des Films stehen könnte, wird für einmal sinnvoll eingeflochten und klug ausgespielt.

Die Story über mangelnde Toleranz, Patriarchat und hausgemachte mafiöse Strukturen reisst zwar spannungs- und plotmässig nicht gerade vom Hocker. Dafür berührt, wie hier die zunehmende Perspektivlosigkeit der unteren Mittelschicht leise nachhallt, etwa wenn die Kommissarstochter wegen eines Eintrags im Betreibungsregister keinen Kredit für die neue Restaurantküche bekommt; wenn eine etablierte Kneipenwirtin sich die Hüft-OP ihres Dackels nicht leisten kann oder ein Schwuler vor seiner Familie seit Jahren den Rambo geben muss.

Feinfühlig wird auch das Zusammenspiel von Schenk und Ballauf (Klaus Behrendt) gegeben: Das seit 1997 ermittelnde Duo gerät selbst dann nicht aus dem Tritt, wenn der eine mal eben wegen Befangenheit auf die Ersatzbank geschickt wird. Der richtige «Tatort» für einen Winterabend.