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TV-Kritik «Tatort»
Misteln, Eierpunsch und Agatha Whisky

Vom Cannes-Siegerfilm «Triangle of Sadness» direkt in den Weihnachts-«Tatort»: Sunnyi Melles.
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Ein Schrei, und schon liegt ein toter Butler am Boden vor dem Weihnachtsbaum. Wars Lady Mona Bantam, die schillernde Chefin des Hauses? Wars das Zimmermädchen, von dem «frivole Fotos» kursieren? Wars der Salonsozialist, der dort verkehrt? Auf jeden Fall ist alles sehr Agatha Christie in diesem «Tatort».

«Mord unter Misteln» heisst die Münchner Folge. Ihr liegt eine bestechende Idee zugrunde: Mittels eines Gesellschaftsspiels werden die Kommissare Batic und Leitmayr ins Jahr 1922 nach Beckford Hall versetzt. Dort nehmen sie als Inspector Francis Lightmyer (Udo Wachtveitl) und als Constable Ivor Partridge (Miroslav Nemec) die Ermittlungen auf. Wobei Letzterer sogleich beleidigt ist, weil sein Kollege plötzlich sein Vorgesetzter ist.

Bier gibts natürlich nicht zum Krimidinner

Aber so ein Mord in einem Herrenhaus kann besonders zu Weihnachten viel Spass machen. Besonders wenn die Basler Schauspielerin Sunnyi Melles dabei ist, die gegenwärtig im Kreuzfahrt-Kotzkinofilm «Triangle of Sadness» als russische Oligarchenfrau brilliert. Und im «Tatort» als Snob aus der britischen Oberschicht ebenso gute Figur macht.

«Hier siehts ja aus wie bei Rosamunde Pilcher» – Lightmyer (Udo Wachtveitl) und Partridge (Miroslav Nemec) ermitteln.

Die Kommissare allerdings sind verständlicherweise vorerst zurückhaltend. «Das ist ja, als ob Banker Monopoly spielen würden», sagen sie zur Bitte, beim Krimidinner mitzumachen. Und als Leitmayr wenigstens ein Bier dazu verlangt, kommt die negative Antwort ebenfalls very british (und anspielungsreich) daher: «Es gibt nur Brandy, Eierpunsch und Agatha Whisky.»

Der Zeitreise-Krimi hat ein bekanntes Vorbild. In der BBC-Serie «Sherlock», die die Abenteuer des Meisterdetektivs Holmes in die Moderne verlegt, gab es 2017 ebenfalls eine – gelungene – historische Folge. Aber das ist den Spielern beim «Mord unter Misteln» bekannt und wird im Dialog erwähnt.

«Tatort»-Kommissare schauen nur «Tatort»

Das ist das Problem dieses «Tatorts» von Regieroutinier Jobst Oetzmann und Drehbuchautor Robert Löhr. Es gibt unzählige Anspielungen und Querverweise. «Hier sieht es ja aus wie bei Rosamunde Pilcher», sagen die Kommissare, sobald sie im historischen Setting landen. Später fällt auch der Satz: «Ich schaue eigentlich nur  ‹Tatort› und ‹Polizeiruf›.» Dazu gibt es noch einen Subplot um die Beziehung der Kommissare, die durch dieses Spiel gekittet werden soll.

Das Agatha-Christie-Vergnügen geht dadurch verloren. Und überhaupt, weshalb müssen die Münchner eigentlich mit diesen doch etwas abgedroschenen England-Krimi-Elementen spielen? Hätte es da nicht etwas Originelleres und Naheliegenderes gegeben? Batic und Leitmayr in den Goldenen Zwanzigerjahren in München, zum Beispiel. Keine Ahnung, ob damals dort auch Mistelzweige hingen. Aber Morde gabs bestimmt.