TV-Kritik «Tatort»Die verschwundenen Kinder von Dresden
Im neuen Fall aus Sachsen gehts um Fake News und die Frage, ob diese mit Fake News bekämpft werden dürfen. Mit ungutem Ende.
Verschwundene Kinder, von einem Pornoring gefangen gehalten und feilgeboten in den Kellern eines Restaurants. Gedeckt von Politik, Polizei und Medien. Kommt einem bekannt vor, nicht wahr?
In Washington gabs die «Pizzagate»-Verschwörungstheorie. Im Dresdener «Tatort» verlangt nun ein Entführer ultimativ die Freilassung von 150 Kindern, die in Sachsen angeblich verschwunden sind. Ein Opfer – die Journalistin eines Skandalblattes – hat er bereits vor laufender Internetkamera umgebracht. Und jetzt ist Kriminalhauptkommissar Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) in seinen Händen. Die Uhr tickt.
An Spannung hat dieser «Tatort» namens «Katz und Maus» einiges zu bieten. Er beginnt mit einer Angst-in-der-Tiefgarage-Szene und steigert sich über einen gefakten Velounfall zu dieser Entführung und der tickenden Uhr. Gregory Kirchhoff (Regie) und Stefanie Veith / Jan Cronauer (Drehbuch) arbeiten dabei mit zahlreichen Versatzstücken, die Tiermasken stammen zum Beispiel direkt aus der dänischen Serie «Die Brücke». Aber das Team hält das Tempo flott aufrecht.
Die Witzfigur gerät in den Mittelpunkt
Für einmal stehen weniger die Kommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) im Zentrum. Nein, diese Folge gehört ihrem Chef Schnabel, der sonst eher eine Lachnummer ist und mit seinen Sprüchen und Anordnungen nervt. Jetzt kann er, an ein Bett gekettet, einiges mehr von sich preisgeben.
Aber eben. Es geht um Fake News. Selbstverständlich ist es unmöglich, die Forderung des Entführers zu erfüllen und die Verschwundenen auf einen Schlag wieder hervorzuzaubern. Was also tun? Die eine Kommissarin möchte einen Film fälschen, der das Aufspüren und die «Befreiung» der Kinder simuliert, um so den Täter aus seinem Versteck zu locken. Die andere Kommissarin findet ein solches Vorgehen zum Kotzen.
Jetzt «Tatort»-Pause wegen Fussball
Das ist der interessante Aspekt dieses «Tatorts», zumal er mit einem von Paul Ahrens gespielten Jüngelchen namens «Grinsekatze» einen Verschwörungstheoretiker präsentiert, wie er zynischer nicht sein könnte. Der Showdown ist dann aber schwach und muss mit Ungereimtheiten operieren – weshalb hat die Polizei sich die Wohnung des Entführers nie richtig angeschaut?
Ganz zum Schluss gibts noch einen Cliffhanger: Ob das Entführungsopfer mit dem Leben davonkommt, werden wir erst in der nächsten Dresdener Folge erfahren. Allerdings hätte dieses «Katz und Maus»-Spiel auch sonst genug Potenzial gehabt, um ein paar Wochen mit Nachdenken zu überbrücken. Denn, keine Fake News: Der nächste neue «Tatort» kommt erst unmittelbar nach dem Fussball-WM-Final am 18. Dezember.
Fehler gefunden?Jetzt melden.