Geldblog: Schweizer GrossbankenWenn im Ernstfall die Steuerzahler einspringen müssen
Geldexperte Martin Spieler erklärt die «Too big too fail»-Regelungen und sagt, wie der Zusammenbruch einer systemrelevanten Bank vermieden werden soll.
Stimmt es, dass die Raiffeisenbank «too big to fail» ist, das heisst, dass im Notfall die Steuerzahler einspringen müssten? Wo ist das geregelt? Leserfrage von E.R.
Die Raiffeisen-Gruppe ist – je nachdem welche Kennzahlen man verwendet – etwa gleichauf mit der Zürcher Kantonalbank die drittgrösste Bank der Schweiz – nach den beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse Group. Anders als die beiden Grossbanken ist Raiffeisen ausschliesslich auf das inländische Geschäft fokussiert und an 823 Standorten präsent.
Gerade erst hat sie für das letzte Jahr ein ausgezeichnetes Ergebnis und einen Gewinn von 1,07 Milliarden Franken vorgelegt. Zur Gruppe gehören die 219 genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken, wobei jede Raiffeisenbank eine selbstständige Genossenschaft darstellt und von ihren jeweiligen Genossenschaftsmitgliedern getragen wird. Die Risikosteuerung, Liquiditäts- und Eigenmittelhaltung sowie die Refinanzierung werden allerdings von Raiffeisen Schweiz gruppenweit wahrgenommen und unterstützt die Genossenschaften in den Bereichen Tresorerie-, Handels- und Transaktionsfunktionen. Für die Kunden, die Wert auf Sicherheit legen, ist es wichtig zu wissen, dass die Raiffeisen-Gruppe eine solidarische Schicksals- und Risikogemeinschaft darstellt und damit gegenseitig haften, was die Sicherheit für die Kunden erhöht. Sollte allerdings die ganze Gruppe in Schieflage geraten, was ich allerdings nicht erwarte, würde dies indes wenig nützen.
Neben Raiffeisen stuft die Nationalbank auch die Credit Suisse, die UBS, die Zürcher Kantonalbank und die Postfinance als systemrelevante Banken ein.
Aufgrund ihrer Grösse zählt Raiffeisen tatsächlich, wie Sie es in Ihrer Frage ansprechen, zu den Banken, die zu gross sind, als dass sie scheitern dürfen (too big to fail), weil ansonsten auch viele andere grosse und kleine Firmen in Bedrängnis kämen und der Wirtschafts- und Finanzplatz Schweiz Schaden nähme. Bereits am 16. Juni 2014 hatte die Schweizerische Nationalbank Raiffeisen Schweiz als systemrelevant eingestuft – also lange bevor die Missstände an der obersten Führungsspitze von Raiffeisen bekannt wurden.
Neben Raiffeisen stuft die Nationalbank auch die Credit Suisse, die UBS, die Zürcher Kantonalbank und die Postfinance als systemrelevante Banken ein. Das sind denn auch die grössten Institute in der Schweiz. Würde eines dieser Institute zusammenbrechen, hätte dies für unser Land fatale Folgen. Es bliebe wohl tatsächlich nichts anders übrig, als dass der Staat und somit wir als Steuerzahler einspringen und ein in Schieflage geratenes Institut wie damals in der Finanzkrise die UBS stützen müssten.
Damit dies allerdings möglichst nicht mehr notwendig wird, haben die Politik und die Finanzaufsicht vorgesorgt und verlangen von den Banken deutlich mehr Eigenkapital und präventive Massnahmen für den Krisenfall. Laut der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma beurteilt sich die Systemrelevanz einer Bank nach deren Grösse, deren Vernetzung mit dem Finanzsystem und der Volkswirtschaft sowie nach der kurzfristigen Substituierbarkeit der von der Bank erbrachten Dienstleistungen. «Zu den systemrelevanten Funktionen dieser Banken zählen insbesondere das inländische Einlagen- und Kreditgeschäft sowie der Zahlungsverkehr.»
Ziel dieser Massnahmen ist es, die negativen Konsequenzen auf die Finanzstabilität oder einen staatlichen Rettungszwang zulasten der Steuerzahler zu vermeiden.
Als systemrelevante Institute müssen die fünf Institute über erhöhte Kapital- und Liquiditätspuffer sowie über eine Stabilisierungs- und Notfallplanung verfügen. Darüber hinaus hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma für die systemrelevanten Banken eine Abwicklungsplanung erstellt, welche es diesen erlauben soll, sich im Krisenfall zu stabilisieren. Würde dies nicht gelingen, würde die Finanzmarktaufsicht eine Sanierung durchführen oder einen geordneten Marktaustritt im Rahmen einer Liquidation sicherstellen. Ziel dieser Massnahmen ist es, die negativen Konsequenzen auf die Finanzstabilität oder einen faktischen staatlichen Rettungszwang zulasten der Steuerzahler zu vermeiden.
Ob dieses Ziel im Krisenfall dann wirklich erreicht würde, bin ich mir nicht ganz sicher. Aus meiner Sicht kann wohl dennoch nicht ganz ausgeschlossen werden, dass bei einem Zusammenbruch einer Grossbank schlussendlich nicht doch wieder der Staat zur Hilfe eilen würde. Immerhin darf man aber feststellen, dass insbesondere die grossen Institute nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise unter strengerer Aufsicht der Behörden sind und wesentlich höhere Eigenmittelvorschriften und Präventionsmassnahmen für den Krisenfall erfüllen müssen, was den Finanzplatz als Ganzes zweifellos sicherer macht.
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