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LiveTicker zum Wetter in Europa
+++ «Reichsbürger in polizeiähnlicher Uniform» behindern Hilfsarbeiten +++ Zahl der Toten in Deutschland steigt auf mehr als 180

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bei einer der grössten Unwetterkatastrophen im Westen Deutschlands starben Mitte Juli über 180 Menschen, über 70 weitere werden noch vermisst.

  • Neben Deutschland waren auch weitere Länder in Europa von Hochwassern betroffen. In Belgien starben mehr als 40 Menschen.

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Zahl der Todesopfer durch Hochwasser in Rheinland-Pfalz auf 128 gestiegen

Mehr als eine Woche nach dem verheerenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Toten dort auf 128 gestiegen. 155 weitere Menschen werden weiterhin vermisst, wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Donnerstag in einer Sondersitzung des Innenausschusses gemeinsam mit dem Klimaauschuss und dem Haushaltsausschuss in Mainz sagte. 764 Menschen wurden demnach verletzt.

Dreyer bezeichnete das Hochwasser als «nie da gewesene Katastrophe». Rheinland-Pfalz sei Hochwasser gewohnt, doch dieses übersteige die bisherigen Erfahrungen. Die Flutwelle sei Betroffenen zufolge stellenweise mehr als acht Meter hoch gewesen. «Viel zu viele Menschen konnten nicht gerettet werden», sagte Dreyer. Der Wiederaufbau werde vielerorts «sehr lange dauern.» Das ganze Ausmass der Katastrophe werde erst in einigen Wochen sichtbar sein. «Mir gehen die Bilder nicht mehr aus dem Kopf», sagte Dreyer.

Lesen Sie zum Thema die erschütternden Erlebnisberichte von Überlebenden:

«Wir dachten, das Auto wird jede Sekunde mitgerissen»

Weinend liegen sich zwei Brüder vor ihrem von der Flut zerstörten Elternhaus in Altenahr in den Armen. (19. Juli 2021)

Überlebende der Flutkatastrophe in Deutschland berichten von den dramatischen Stunden in Todesangst.

Flutkatastrophe: UN-Chef Guterres schickt Brief an Merkel

Angesichts der vielen Opfer der Flutkatastrophe in Westdeutschland hat UN-Generalsekretär António Guterres Regierungschefin Angela Merkel geschrieben. «Der Generalsekretär schickte einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, um sein Beileid für die Opfer dieser Überschwemmungen und sein Mitgefühl für alle Geschädigten auszudrücken», sagte Sprecher Farhan Haq am Mittwoch in New York, nannte aber keine näheren Details. Bei dem Unglück vor einer Woche waren mindestens 170 Menschen gestorben.

Katastrophenschutz-Experte: Zeit der Sorglosigkeit ist vorbei

Der Berliner Experte für Katastrophen-Management, Wolf Dombrowsky, hat angesichts zunehmender Gefahren ein Umdenken in Deutschland gefordert. Was aktuell in der Flutkatastrophe zu sehen sei, «das wird immer öfter kommen», sage Dombrowsky am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Bisher habe es hier den Eindruck einer «Insel der Seligen» und eine «oberflächliche Sorglosigkeit» gegeben – «diese Zeit ist vorbei», warnte der Wissenschaftler.

Er machte auch Fehler in der Bauplanung für Katastrophen verantwortlich. Land sei zunehmend versiegelt worden, so dass eine Ausdehnung von Flüssen bei hohem Wasserstand nicht mehr möglich sei. «Dann trifft es eben die Bebauung», sagte Dombrowsky. «Wir müssen uns radikal umstellen auf einen wirksamen Katastrophenschutz», forderte der Wissenschaftler der Berliner Steinbeis-Hochschule.

Das gesamte Baurecht und die Bauleitplanung müssten «grundlegend verändert werden», verlangte der Experte. Es sei notwendig, wieder Ausdehnungsgebiete für Flussläufe zu schaffen und eine «verletzungssichere Infrastruktur». Dies sei bislang auch nach schweren Hochwassern versäumt worden.

Lesen Sie zum verheerenden Hochwasser:

Warum es Deutschland schlimmer traf als die Schweiz

In Deutschland hat das Tief Bernd die grösseren Verheerungen verursacht als in der Schweiz. Experten erklären, woran das liegt.

Versicherer rechnen mit Hochwasserschäden bis zu fünf Milliarden Euro

Die deutsche Versicherungsbranche rechnet mit versicherten Hochwasserschäden in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro. Das seien erste vorläufige Schätzungen und sie beträfen nur die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Mittwoch mit.

Die Hochwasserkatastrophe gehöre damit «zu den verheerendsten Unwettern der jüngeren Vergangenheit», erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Ein Rentner wird von einem Feuerwehrmann sicher durch die stark beschädigte Innenstadt von Stolberg geführt. (19. Juli 2021)

200 Millionen Euro Hochwasser-Hilfe in Deutschland

Die deutsche Regierung hat eine Woche nach dem Beginn der Hochwasserkatastrophe eine Soforthilfe von 200 Millionen Euro beschlossen. Mittel in derselben Höhe sollen die betroffenen Länder beisteuern, so dass insgesamt bis zu 400 Millionen Euro bereit stehen.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) machte anschliessend deutlich, dass der deutsche Staat bei Bedarf auch mehr Geld zur Verfügung stellen werde. «Wir werden das tun, was erforderlich ist.»

Finanzminister Olaf Scholz will eine Soforthilfe von 200 Millionen Euro bereitstellen. (21. Juli 2021)

«An Geld wird es nicht scheitern», betonte auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). «Dafür zahlen die Leute ja Steuern, dass ihnen in solchen Situationen geholfen wird.»

Ausserdem ist ein milliardenschwerer Aufbaufonds geplant. Der Aufbau werde Jahre in Anspruch nehmen, sagte Scholz. Über die genaue Höhe des Fonds soll erst entschieden werden, wenn das Ausmass der Schäden besser absehbar ist. Scholz wies aber darauf hin, dass beim letzten Hochwasser bis heute für den Wiederaufbau rund sechs Milliarden Euro ausgegeben worden seien. Der Bund werde auch in diesem Fall die Hälfte davon zur Verfügung stellen. Mit dem Wiederaufbau solle jetzt sofort begonnen werden. «Es gibt also nichts, womit man zögern muss. Die Zusage, die wir jetzt geben wollen, ist, dass diese Aufbauhilfe gleich beginnen kann.»

Scholz betonte, dass der Wiederaufbau unbürokratisch geschehen soll. «Wir wollen das ohne neue planrechtliche Regelungen machen. Wenn eine Brücke wieder hergestellt werden muss, wenn ein Haus wieder neu gebaut werden muss, wenn eine Schule wieder neu gebaut werden muss, muss man nicht ein neues Planfeststellungsverfahren auf den Weg bringen.»

Opferzahl in Rheinland-Pfalz steigt auf 121 – 876 Vermisste

Fünf Tage nach dem verheerenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Toten im Landkreis Bad Neuenahr-Ahrweiler auf 121 gestiegen. Weitere 755 Menschen wurden verletzt, wie ein Sprecher der Einsatzleitung am Dienstag sagte. 876 Menschen werden demnach weiterhin vermisst.

Die Polizei in Koblenz dementierte derweil in mehreren Mitteilungen am Dienstag Gerüchte, wonach sich Einsatzkräfte zurückziehen würden. Auch Nachrichten über Plünderungen seien falsch. In den vergangenen Tagen sei es im betroffenen Gebiet nur vereinzelt zu Straftaten gekommen.

Blick auf Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Cassis bekundet Mitgefühl für Opfer der Überschwemmungen in Belgien

Bundesrat Ignazio Cassis hat am Dienstag angesichts des Staatstrauertages in Belgien sein Mitgefühl für die Opfer der Überschwemmungen bekundet. «Meine Gedanken sind bei den Opfern, ihren Familien und allen, die von den schrecklichen Überschwemmungen betroffen sind», teilte der Schweizer Aussenminister im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

«Ich bin beeindruckt von der Solidarität der Bürger, der Rettungskräfte und der Behörden», erklärte der Cassis weiter.

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Im Gedenken an die Opfer der verheerenden Überschwemmungen beging Belgien am Dienstag einen Tag der nationalen Trauer. Von 12.01 Uhr bis 12.02 Uhr wurde eine Schweigeminute abgehalten.

In Brüssel standen Busse, U-Bahnen und Strassenbahnen still. Regierungschef Alexander De Croo erklärte, der Staatstrauertag sei ein Moment, um sich zu sammeln angesichts der zahlreichen Todesopfer. Er biete aber auch die Möglichkeit, die «vielen Solidaritätsbekundungen und das von den Belgiern empfundene Zusammengehörigkeitsgefühl zu würdigen».

Merkel erneut in deutschen Hochwassergebieten

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Dienstag erneut in die Hochwassergebiete im Westen Deutschlands gereist.

Nach ihrem Besuch im von der Flutkatastrophe schwer getroffenen Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz kam sie nun nach Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der zugleich christdemokratischer Kanzlerkandidat ist, machte sie sich am Mittag in Bad Münstereifel ein Bild der Lage.

Kanzlerin Angela Merkel reiste am Dienstag nach Nordrhein-Westfalen. (20. Juli 2021)

In Bad Münstereifel (rund 35 Kilometer südwestlich von Bonn) wollte Merkel am Mittag mit Helferinnen und Helfern sprechen. Nach einem Treffen mit betroffenen Bürgern stand ein Gang durch das Gebiet auf dem Programm. Merkel war am Wochenende bereits in Rheinland-Pfalz und hatte sich dort mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ein Bild von den Schäden gemacht.

Behörden warnen vor Corona-Ausbreitung

Nach den verheerenden Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wächst die Angst vor einer Corona-Ausbreitung in den Katastrophengebieten. «Derzeit kommen viele Menschen auf engstem Raum zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Bewältigung der Katastrophe nicht zu einem Superspreader-Event wird», sagte David Freichel vom Corona-Kommunikationsstab der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Das Landesgesundheitsministerium bereitet deshalb laut Freichel in Absprache mit den Behörden der betroffenen Landkreise eine Sonder-Impfaktion in den Katastrophengebieten vor. Viele Rettungskräfte hätten bereits den vollen Impfschutz.

Auch das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen warnte vor einem steigenden Infektionsrisiko in den Hochwassergebieten. «Eine erhöhte Gefahr der Ausbreitung von SARS-CoV-2 könnte sich vor allem durch die Unterbringung von Personen in Notunterkünften entwickeln», teilte das Ministerium in Düsseldorf laut RND mit. Die Gefahr könne aber mit Tests, Masken und Lüften reduziert werden.

«In den Notunterkünften wurde vielfach bereits medizinische Versorgungsstruktur etabliert», erklärte das Ministerium. Zusätzlich bereiteten den Behörden die zusammengebrochene medizinische Infrastruktur, etwa durch zerstörte Hausarztpraxen, Sorgen.

Fast 2 Milliarden Euro Schaden an Bahn und Strassen

Die durch die Hochwasser-Katastrophe bei der Bahn und an den Strassen angerichteten Schäden liegen nach ersten Schätzungen des deutschen Verkehrsministeriums bei fast 2 Milliarden Euro.

Zerstörte Brücke über die Ahr in Ahrweiler.

Allein im Schienennetz der Deutschen Bahn und an den Bahnhöfen seien demnach Schäden von rund 1,3 Milliarden Euro entstanden, berichtete die «Bild»-Zeitung. Es seien viele Strecken betroffen und teils auf bis zu 25 Kilometer Länge von den Wassermassen unterspült worden.

Auch an Strassen und Autobahnen seien Schäden in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro entstanden, hiess es in dem Bericht weiter unter Berufung auf interne Schätzungen des Ministeriums. In den Hochwasser-Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen müssten Brücken, Gleise, Strassen und Mobilfunkmasten schnellstmöglich wieder instand gesetzt werden.

Dem Bericht zufolge könnten 300 Behelfsbrücken des Bundes in unterschiedlicher Grösse bei Bedarf schnell in den Krisenregionen aufgebaut werden. Auch die Bahn will demnach eigene Behelfsbrücken einsetzen, damit die Züge wieder fahren können.

Eine Brücke der Bahnstrecke bei Walporzheim ist zerstört.

Seehofer nennt Kritik an Katastrophenschutz «billige Wahlkampfrhetorik»

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat nach der Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen den Katastrophenschutz verteidigt. Manches an der derzeit geäusserten Kritik sei einer «ganz billigen Wahlkampfrhetorik» zuzuordnen, sagte Seehofer am Montag bei einem Besuch an der Steinbachtalbrücke in Euskirchen. Dies sei fast schäbig. Seehofer kündigte zugleich an, dass nach der Bewältigung der akuten Krisenlage die Abläufe im Katastrophenschutz aufgearbeitet würden.

Seehofer sagte, die Meldewege rund um die Unwetterkatastrophe hätten nach seiner Information von Seiten des Bundes funktioniert. Auf der Ebene der Bundesländer wolle er sich nicht dazu einmischen.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies darauf, dass bereits im vergangenen Herbst damit begonnen worden sei, den Bevölkerungsschutz neu auszurichten. Dieser Reformprozess laufe.

Kein Wahlkampf erwünscht: Koalitionspolitiker Horst Seehofer (CSU, r.) und der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU, l.) sprechen im Unglücksgebiet zu den Medien.

Wer ist schuld an der deutschen Katastrophe?

Eine britische Expertin spricht bei der Unwetterkatastrophe in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz von einem «monumentalen Systemversagen». Lesen Sie unseren Artikel zu den Vorwürfen von Professorin Hannah Cloke: Wer ist schuld an der deutschen Katastrophe?

Österreich: Drei Männer können sich aus den Fluten retten

Auch in Österreich kam es zu Überschwemmungen. Besonders dramatisch ging es in der Stadt Hallein in der Nähe von Salzburg zu und her. Ein Video zeigt, wie zwei Männer gegen die Fluten kämpfen. Ein anderer eilt zur Hilfe – und alle können sich retten.

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Baerbock fordert mehr Kompetenzen für den Bund

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock spricht sich dafür aus, dem Bund bei Fragen der Vorsorge gegen Extremwetterereignisse mehr Kompetenzen zu geben. Es sei nötig, die Risikovorsorge «massiv» zu verstärken – «hier muss aus meiner Sicht auch der Bund eine viel stärkere, koordinierende Rolle spielen», sagte Baerbock am Montag im ARD-«Morgenmagazin».

Bei überregionalen Ereignissen müsse die Bundesebene mehr tun können, sagte die Grünen-Vorsitzende. Dies habe auch die Corona-Pandemie gezeigt.

Eher zurückhaltende Statements nach der Katastrophe: Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin Bündnis90/Die Grünen.

Insgesamt forderte Baerbock als Lehre aus den jüngsten Überschwemmungen eine «dreifache nationale Kraftanstrengung»: Neben besserer Risikovorsorge müssten mehr «Klimaanpassungsmassnahmen» getroffen werden. Dazu gehöre etwa, Städte umzubauen und Flüssen «mehr Raum» zu geben. Schliesslich müsse beim Klimaschutz mehr getan werden, verlangte die Grünen-Vorsitzende. (Lesen Sie dazu auch: «Laschet, Krisenmanager in eigener Sache»).

Erste Diskussionen über den Schutz bei Katastrophen

Nach den schweren Unwettern in Teilen Deutschlands forderte Wirtschaftsminister Peter Altmaier Aufklärung, ob der Katastrophenschutz ausreichend funktioniert habe. «Es muss, sobald wir die unmittelbare Hilfe geleistet haben, auch geschaut werden: Gibt es Dinge, die nicht gut gelaufen sind, gibt es Dinge, die schief gelaufen sind? Und dann muss korrigiert werden», sagte der CDU-Politiker am Sonntag im «Bild live»-Politiktalk «Die richtigen Fragen». «Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es geht um Verbesserungen für die Zukunft.»

Der Leiter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster, verteidigte den Katastrophenschutz gegen Kritik. «Unsere Warninfrastruktur hat geklappt im Bund», sagte er im ZDF-«heute journal». «Der Deutsche Wetterdienst hat relativ gut gewarnt.» (Lesen Sie auch zum Thema: «Die Kraft des Wassers wird leicht unterschätzt»).

Das Problem sei, dass man oft eine halbe Stunde vorher noch nicht sagen könne, welchen Ort es mit welcher Regenmenge treffen werde. Über Warn-Apps seien 150 Meldungen verschickt worden. Wo die Menschen in den Hochwassergebieten durch Sirenen gewarnt worden seien und wo nicht, könne er im Moment nicht sagen.

Das Unwetter hat eine grosse Region getroffen: In einem Essener Stadtteil in Nordrhein-Westfalen tat sich ein Krater auf.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte in der Sendung, man werde darüber nachzudenken haben, wie man Warnsysteme verbessern könne und wie man jene erreichen könne, die keine App hätten. Auch bei der Koordination der Katastrophenhilfe sei «wahrscheinlich noch einiges zu tun». Der Minister lehnte aber eine Zentralisierung des Katastrophenschutzes in Berlin ab.

Söder fordert mehr Anstrengungen zum Klimaschutz

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat nach der Unwetterkatastrophe in Deutschland erneut mehr Anstrengungen zum Klimaschutz gefordert. Dies sei keine ideologische Frage, sondern eine der Vernunft, sagte Söder am Montag im ARD-»Morgenmagazin". Bei Starkregenereignissen wie denen im Berchtesgadener Land am Wochenende gebe es keine Planbarkeit mehr.

«Wir brauchen einen Klimaruck», sagte der CSU-Politiker. Er plädierte für «Klimaanpassung jetzt», ausserdem Klimaschutz und Vorsorge. Für Mittwoch kündigte er eine Regierungserklärung zu dem Thema an. Die umstrittene Mindestabstands-Regelung für Windräder in seinem Bundesland will er aber nicht kippen. «Bei uns weht weniger Wind, dafür scheint mehr die Sonne», meinte Söder dazu.

Keine ideologische Frage mehr: Bayerns bekanntester CSU-Politiker Markus Söder besucht die zerstörte Rodel- und Bobbahn in Königssee.

Hochwasserlage in Bayern entspannt sich etwas

Die Lage in den Hochwassergebieten im deutschen Bundesland Bayern hat sich etwas entspannt. In Passau lag der Pegelstand der Donau am frühen Montagmorgen bei 8,18 Metern und damit unterhalb der höchsten Hochwasserwarnstufe von 8,50 Metern. Von katastrophalen Zuständen sei man zum Glück noch entfernt, sagte ein Sprecher der Polizei in Passau am Montag.

Auch im besonders stark von Unwettern getroffenen Berchtesgadener Land konnten die Menschen etwas aufatmen. «Die Nacht verlief ruhig», hiess es bei der Feuerwehr. Die Helfer und Helferinnen seien jetzt mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Anlass zur Hoffnung geben auch die Wetteraussichten. Bis auf einzelne kurze Schauer soll es in den kommenden Tagen trocken bleiben. Unwetter seien derzeit nicht in Sicht, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD).

Komplizierte Lage: In Passau fliessen der Inn und die Donau zusammen – das kann sich bei Unwettern auswirken.

Völlige Entwarnung gibt es gerade in Städten wie Passau, wo Inn und Donau zusammenfliessen, aber noch nicht. Uferpromenaden und Parkplätze waren bereits überflutet worden, Bewohner schützen ihre Häuser mit Sandsäcken und Barrieren.

Polizei erreicht mehr als 700 Vermisste nach Unwettern

Bei der Suche nach Opfern der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen hat die Polizei mehr als 700 Vermisste telefonisch erreicht. Damit sei eine Vielzahl der Vermisstenmeldungen, die bei der Polizei Köln eingegangen waren, aufgeklärt worden, teilte die Polizei am Sonntag mit. In Rheinbach bargen die Einsatzkräfte am Mittag eine weitere Leiche, damit steigt die Zahl der Todesopfer im betroffenen Rhein-Sieg-Kreis auf neun.

Rund 250 Einsatzkräfte der Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr und des Technischen Hilfswerks waren am Sonntag im Rhein-Sieg-Kreis und im Kreis Euskirchen im Einsatz, um nach weiteren Vermissten zu suchen. Derzeit werden laut Polizei in der Region noch etwa 150 Menschen vermisst.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Nachmittag verstärkte Anstrengungen gegen die Erderwärmung angekündigt. «Wir müssen schneller werden im Kampf gegen den Klimawandel», sagte Merkel bei einem Besuch in Adenau im schwer getroffenen Ahrtal in Rheinland-Pfalz. Sie kündigte Hilfen des Bundes für die Betroffenen an.

Neben Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ist auch Bayern von der Katastrophe betroffen. Unwetter und Überschwemmungen gab es auch in der Sächsischen Schweiz.

Bürgermeister unter Tränen: «Diese Narben sind nicht zu bewältigen»

Bei einer Medienkonferenz mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel kämpfte der Bürgermeister von Schuld sichtlich bewegt mit den Tränen. Helmut Lussi zeigte sich zunächst erleichtert darüber, dass es in seinem Ort keine Todesopfer zu beklagen gab. Er bedankte sich bei den Einsatzkräften, welche Menschen buchstäblich in letzter Sekunde retteten. Trotzdem habe die Katastrophe seinen Ort in unvorstellbarer Art und Weise verwüstet, die Schäden seien immens, und viele hätten all ihr Hab und Gut, ihre gesamte Existenz verloren.

Die Flut und die Zerstörung werde für die Menschen in Schuld Narben hinterlassen. «Narben, die man nie vergisst. Die nicht zu bewältigen sind. Unser Leben hat sich von einem auf den anderen Tag geändert», sagte der Bürgermeister und kämpfte mit bebender Stimme gegen die Tränen. Die Personen neben ihm spendeten ihm umgehend Trost.

Merkel nennt Ausmass der Hochwasserkatastrophe «surreal, gespenstisch»

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Besuch in den vom Hochwasser schwer getroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz schnelle Hilfe angekündigt. «Wir stehen an Ihrer Seite, Bund und Land», sagte sie am Sonntag in Adenau im Kreis Ahrweiler. Bund und Land würden Hand in Hand arbeiten, «um die Welt wieder Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschönen Gegend».

Sie sei gekommen, um sich ein reales Bild von den surrealen, «gespenstischen Bildern» vor Ort zu verschaffen, sagte Merkel. «Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichtet ist.»

Am kommenden Mittwoch werde die Bundesregierung ein Programm verabschieden für schnelle Hilfen, mittelfristige Aufgaben und zur Wiederherstellung der Infrastruktur, versicherte Merkel. Es gehe darum, schnell zu handeln, aber mit langem Atem.

Begleitet wurde die Kanzlerin unter anderem von der Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Angela Merkel (zweite von links) und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (zweite von rechts) in Schuld. (18. Juli 2021)

//red