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Nach Fake-Video im Wahlkampf
Sibel Arslan will Andreas Glarner vor Gericht ziehen

Andreas Glarner, Nationalrat SVP-AG, rechts, diskutiert mit Sibel Arslan, Nationalraetin GP-BS, links, waehrend der Aktionswoche Rise up for Change auf dem Bundesplatz, am Dienstag, 22. September 2020, in Bern. Die Klimabewegung kuendigt weitere Aktionen gegen die institutionelle Politik, Wirtschaftselite und den Finanzplatz waehrend der Woche an. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
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Das Wahlkampfvideo liess die grüne Nationalrätin Sibel Arslan im vergangenen Herbst wie eine virtuelle Puppe wirken. In dem mit künstlicher Intelligenz hergestellten Filmchen wurden der Basler Politikerin Dinge in den Mund gelegt, die sie in der Realität niemals sagen würde: Unter anderem empfahl sie den Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner zur Wiederwahl.

Als sich das Video in den sozialen Medien verbreitete, reagierte Arslan rasch und liess es per superprovisorischer Verfügung vom Netz nehmen. Glarner musste später auf Geheiss des Basler Zivilgerichts knapp 4000 Franken bezahlen. Wie sich nun herausstellt, hatte Glarner dieses Video bei der SVP-nahen Werbeagentur Goal in Auftrag gegeben. Das berichtete am Mittwoch die «Aargauer Zeitung». Glarner bestätigte dies gegenüber dieser Redaktion.

Strafanzeige wegen Identitätsmissbrauchs

Und Sibel Arslan hat zudem eine Strafanzeige wegen Identitätsmissbrauchs eingereicht. Ihr Anwalt Manuel Bertschi bestätigt auf Anfrage den entsprechenden Bericht. Die Strafanzeige richtet sich gegen Glarner und gegen unbekannt, weil der SVP-Nationalrat das Video nicht selber hergestellt hatte. Die Agentur Goal äusserte sich auf Anfrage nicht zum konkreten Fall.

Die Strafanzeige ist nicht nur aus politischer Sicht bemerkenswert, sondern wird auch von Juristen mit Spannung verfolgt: Der Straftatbestand Identitätsmissbrauch gilt erst seit einigen Monaten und wurde noch kaum getestet. Es sei interessant, zu erfahren, wie die Behörden den Tatbestand interpretierten und wie eng sie diesen auslegten, sagen mehrere befragte Medienanwälte.

Wörtlich lautet der neue Paragraf im Strafgesetzbuch so: «Wer die Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung verwendet, um dieser zu schaden oder um sich oder einem Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.»

Arslan erhielt «erboste Rückmeldungen»

Glarner sagte am Mittwoch, er könne zu Arslans Strafanzeige keine Stellung nehmen, weil er deren Inhalt gar nicht kenne. Im Januar sagte er dieser Redaktion, er habe «ein gewisses Verständnis dafür, dass Frau Arslan sich in ihrer Persönlichkeit verletzt fühlte». Glarner macht indes geltend, der Inhalt sei derart absurd gewesen, «dass auch der grösste SVP-Fan merkte, dass das Video nicht echt ist».

Dieser Einschätzung widersprach damals Arslans Anwalt Bertschi: «Frau Arslan erhielt sogar aus ihrem persönlichen Umfeld irritierte bis erboste Rückmeldungen von Leuten, die den Fake nicht erkannt hatten.» Für Bertschi zeigt dieser Fall, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der politischen Kommunikation die Glaubwürdigkeit der betroffenen Personen und Institutionen schwächen könne.

Alexander Segert, der Geschäftsführer von Goal, sagt auf Anfrage, es mache Sinn, über die Anwendungen von künstlicher Intelligenz in Wahlkämpfen nachzudenken. Da diese neue Realitäten erschaffen könne, die man kaum mehr von der «richtigen Realität» unterscheiden könne, «finde ich es sinnvoll, KI-Anwendungen zu kennzeichnen».