Zukunft der UBSWas taugen die Vorschläge zur Zähmung der neuen Megabank?
Mit der Übernahme der CS durch die UBS entsteht in der Schweiz eine neue Grossbank. Wie sie reguliert werden soll, wird hitzig debattiert. Wir haben die Vorschläge einem Realitätscheck unterzogen.
Seit dem Kollaps der Credit Suisse wird die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes heftig debattiert. An der ausserordentlichen Session Anfang dieser Woche haben Politikerinnen und Politiker zahlreiche Vorschläge zur Regulierung der zukünftigen Megabank eingereicht. Wir zeigen, was davon zu halten ist.
Mehr Eigenkapital für systemrelevante Banken
Es klingt einfach: Banken unterlegen ihre Geschäfte mit mehr Eigenkapital. So können sie allfällige Verluste besser abfedern, dadurch geraten sie weniger rasch in Schieflage und müssen vom Staat und den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht gerettet werden.
Das Thema «Kapitalausstattung systemrelevanter Banken» ist nicht neu: Bereits nach der Finanzkrise und der Rettung der UBS durch den Staat im Jahr 2008 forderten Politikerinnen und Politiker, dass die Banken in Zukunft mehr Eigenmittel halten müssen. Im Zuge der «Too big to fail»-Gesetzgebung einigte man sich auf etwas strengere Kapitalvorschriften.
Seit 2013 müssen Banken als Teil der sogenannten Basel-III-Kapitalvorschriften eine minimale Eigenkapitalquote von 8 Prozent halten. Diese ist risikogewichtet: Je höhere Risiken eine Bank eingeht, desto mehr Eigenkapital braucht sie.
Für Kritikerinnen und Kritiker ist dies viel zu wenig. Mitte-Präsident Gerhard Pfister forderte nach der Rettung der Credit Suisse, dass Banken künftig eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent aufweisen müssen. Nicht ganz so weit geht eine Motion, die die SP 2021 eingereicht hat. Sie will, dass systemrelevante Banken, die global tätig sind – in der Schweiz die UBS und bis jetzt die CS –, über eine Eigenkapitalquote von mindestens 15 Prozent verfügen. Unabhängig davon, was für Risiken eine Bank eingeht.
Woher das zusätzliche Kapital kommen soll, ist unklar. Der Ökonom Klaus Wellershoff geht in der «Handelszeitung» bei einer angenommenen Eigenkapitalquote von 20 Prozent für systemrelevante Banken davon aus, dass bei der Zürcher Kantonalbank der Kanton Zürich als Eigentümer 25 Milliarden einzahlen müsste. Bei der Postfinance müsste der Bund gut 15 Milliarden einschiessen, und bei Raiffeisen fehlen rund 40 Milliarden, die die Genossenschafterinnen und Genossenschafter berappen müssten.
Härtere Kapitalvorschriften sind keine Lösung für die Risiken der neuen Megabank.
Bedeutet mehr Eigenkapital keine Verteuerung der Kredite und einen möglichen Engpass bei der Vergabe? Sergio Ermotti, der neue Chef der UBS, hat sich in der Vergangenheit unter anderem mit diesem Argument gegen härtere Regeln beim Eigenkapital gewehrt. Banken müssten damit mehr für ihre Refinanzierung zahlen. Dies führe dazu, dass Kredite für Kundinnen und Kunden teurer würden.
Dass etwa Hypothekarzinsen bei höherem Eigenkapital zwingend steigen, bestreitet Urs Birchler jedoch vehement. «Wie viel eine Bank für ihre Finanzierung zahlen muss, hängt nicht davon ab, wie viel Eigenmittel und wie viel Fremdmittel sie hat», sagt der Ökonom, der früher Mitglied im Direktorium der Nationalbank war. Das sei von den Risiken abhängig, die sie auf ihrer Bilanz habe, und diese änderten sich durch mehr Eigenkapital nicht. Gelte eine Bank als systemrelevant, könne sie sich zudem günstiger refinanzieren, da dieser Umstand wie eine implizite Staatsgarantie wirke.
Ob der Kollaps der Credit Suisse durch mehr Eigenkapital hätte abgewendet werden können, ist fraglich. Deren Kundinnen und Kunden haben das Vertrauen in die Bank verloren und massiv Gelder abgezogen. Allein durch härtere Kapitalvorschriften sinken die Risiken der neuen Megabank nicht.
Könnte ein Trennbankensystem die Probleme lösen?
Bei diesem Vorschlag geht es grundsätzlich darum, dass die Investmentbank von der Vermögensverwaltung und dem Geschäft mit Privatkundinnen und -kunden bei einer Bank abgetrennt werden soll. Dahinter steckt die Idee, dass Risiken in einem Trennbankensystem auf bestimmte Teile des Finanzsystems begrenzt werden. Gelöst wird das Problem damit aber nicht. «Das ist Regulieren mit einem Etikett», sagt Jürg Müller, Ökonom bei der Denkfabrik Avenir Suisse, der sich im Buch «Das Ende der Banken» mit der Zukunft des Finanzsystems beschäftigt.
Risiken lauern nicht nur in Investmentbanken. Die Silicon Valley Bank in Kalifornien musste im März Konkurs anmelden, weil sie die Risiken durch steigende Zinsen nicht im Griff hatte. Und auch bei der Credit Suisse erwies sich nicht nur diese Geschäftseinheit als anfällig für Skandale. Greensill ereignete sich im Asset Management, die Affäre um den georgischen Ex-Premier Bidsina Iwanischwili in der Vermögensverwaltung.
Was, wenn es gar keine Schweizer «Too big to fail»-Banken mehr gäbe?
Einer der radikalsten Vorschläge zur Bankenregulierung kommt von der SVP. Damit die Schweiz keine systemrelevanten Banken mehr retten muss, will die Partei dafür sorgen, dass es erst gar keine Banken mehr gibt, die «too big to fail» sind. Parteichef Marco Chiesa hat an der ausserordentlichen Session einen Vorstoss für eine Gesetzesrevision eingereicht.
Wie das Ziel genau erreicht werden soll, ist unklar. Einzig, dass «Too big to fail»-Banken dazu verpflichtet werden sollen, gewisse Geschäftsteile zu veräussern oder stillzulegen. Und für den Fall, dass die SVP im Parlament damit scheitert, hat Alt-Bundesrat Christoph Blocher eine entsprechende Volksinitiative angekündigt. (Lesen Sie hier mehr zu seinen Plänen.)
Der Vorschlag der SVP würde de facto das Ende der Schweizer Grossbanken bedeuten. Doch auch kleine Finanzinstitute könnten grosse Risiken schaffen, gibt Müller zu bedenken. Zum Beispiel wenn es zu einer Immobilienkrise kommt. «Auch hier gibt es wieder Regulierungsprobleme.»
Und wenn die CS Schweiz doch noch selbstständig wird?
Die Herauslösung des Schweiz-Geschäfts der CS wird aktuell ebenfalls heiss diskutiert. Neben einem selbstständigen Weiterbetrieb könnte die UBS die Geschäftseinheit etwa an die Börse bringen. Auch diese Idee kursierte schon einmal: Im Jahr 2017 wollte der ehemalige CS-Chef Tidjane Thiam einen Börsengang mit einem Teil der CS Schweiz.
Ähnliche Forderungen gibt es in der Politik. Kurz nach der Übernahme durch die UBS hat Thierry Burkart, der Präsident der FDP, die Abspaltung der CS Schweiz gefordert. In der Zwischenzeit fordert die Partei die Abspaltung erst nach dem Vollzug der Rettung, in einer zweiten Phase.
Konkreter werden da die Grünen. Sie haben in der ausserordentlichen Session eine Motion eingereicht, welche die Abtrennung der CS Schweiz und deren Weiterentwicklung zu einer Schweizer Klimabank fordert.
Eine selbstständige CS Schweiz hätte den Vorteil, dass die UBS wettbewerbsrechtliche Bedenken ob der neuen Megabank rasch ausräumen könnte. Schliesslich liegt der Ball in Bezug darauf bei der UBS. Die Finanzmarktaufsicht hat die Übernahme der CS bereits bewilligt, ohne der UBS Bedingungen für den Kauf aufzuerlegen. Einzig eine Stellungnahme der Wettbewerbskommission holt sie ein. «Aus Sicht des Wettbewerbs wäre es gut, wenn die UBS das Schweiz-Geschäft der Credit Suisse doch noch abtrennt», sagt Müller.
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