Ticker zu Rohners letzter CS-GVDas Sorry kam zum Schluss: «Dafür entschuldige ich mich»
Präsident Urs Rohner geht bei der Credit Suisse von Bord – mit einem sentimentalen Schlusswort. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze
Nach 10 Jahren gab Urs Rohner heute das Präsidium bei der zweitgrössten Bank der Schweiz ab.
«Die Credit Suisse war immer eine Herzensangelegenheit», sagte er im Schlusswort. Man mag es ihm menschlich glauben, zu seiner Bilanz passt es nicht wirklich.
Rohners Nachfolger António Horta-Osório machte gleich klar, was er hier antrifft: «Ich habe schon viele Krisen gesehen, aber das ist kein Vergleich, zu dem was die CS zuletzt erlebt hat.»
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Bankchef Gottstein spricht
Thomas Gottstein sagt, Archegos und Greensill haben für Verunsicherung gesorgt und den Aktienkurs geschwächt. Die Vorgänge seien inakzeptabel. «Wir haben entschiedene Massnahmen ergriffen», so Gottstein. Boni seien gekürzt worden, zudem werde die Risikokontrolle verstärkt. Mit der Kapitalerhöhung sei die Bilanz gestärkt worden. Zudem laufen interne Untersuchungen, auch will die Bank mit der Aufsicht Finma kooperieren. «Solche Ereignisse sollen nie wieder vorkommen», so Gottstein.
Rohner verabschiedet Verwaltungsräte und dankt Mitarbeitern
Die Verwaltungsräte Joaquin Ribeiro und John Tiner verlassen das Gremium. Kurzfristig hat auch Andreas Gottschling am Morgen vor der GV seinen Abschied verkündet, wie diese Zeitung berichtete.
Rohner bedankt sich bei den 49'000 CS-Mitarbeitern. Sie haben in der Krise eine tolle Leistung erbracht, so Rohner.
Die Zahlen der Bank in der Corona-Krise stabil
Das Jahr 2020 stand unter dem Einfluss der Pandemie. Das Ergebnis der Bank sei unter Berücksichtigung der Corona-Krise solide, so Rohner. Zu den Finanzskandalen Greensill und Archegos werde später Bankchef Thomas Gottstein sprechen.
Bankchef Gottstein und der designierte Rohner-Nachfolger sind da
Neben dem abtretenden CS-Präsident Urs Rohner sind auch Bankchef Thomas Gottstein und der designierte Präsident António Horta-Osório anwesend.
Präsident Urs Rohner begrüsst die Aktionäre
Rohner eröffnet die GV. Sie finde leider ohne anwesende Aktionäre statt, so der Präsident.
Rücktritt nur Stunden vor der Generalversammlung
CS-Verwaltungsrat Andreas Gottschling hat seine Kandidatur für die Wiederwahl kurz vor der Generalversammlung zurückgezogen. Gottschling war als Vorsitzender des Risikoausschusses im CS-Verwaltungsrat nach den Debakeln um zwei Hedgefonds in die Kritik geraten.
Mit dem Rückzug von Gottschling erübrige sich das Traktandum an der Generalversammlung, teilte die Credit Suisse am Freitagmorgen nur Stunden vor der Veranstaltung mit. In den Medien war bereits am Donnerstagnachmittag über einen kurzfristigen Rückzug seiner Kandidatur spekuliert worden.
In den vergangenen Tagen hatten sich diverse Aktionäre und Aktionärsberater gegen eine Wiederwahl von Gottschling ausgesprochen. So hatten etwa der US-Stimmrechtsberater Glass Lewis, der Stimmrechtsberater Ethos und die Aktionärsvereinigung Actares dazu aufgerufen, Gottschling die Wiederwahl zu verweigern
Wegen des Archegos-Zusammenbruchs hat die CS einen riesigen Verlust erlitten. Die Belastungen im ersten und zweiten Quartal wurden auf insgesamt 5 Milliarden Franken beziffert. Neben Gottschling wollen einige Aktionäre am Freitag zudem auch weitere Verwaltungsräte nicht mehr bestätigen, die im Risikoausschuss Einsitz hatten, darunter Vizepräsident Severin Schwan.
Ausgangslage
Seinen Abschied hat sich Urs Rohner sicher anders vorgestellt. Am Freitag wird der Präsident der Credit Suisse seine letzte Generalversammlung leiten. Der Doppelskandal um die zusammengebrochenen Greensill-Fonds und das implodierte Family Office Archegos hält die zweitgrösste Schweizer Bank seit Wochen in Atem.
Bereits vor der GV formier sich der Widerstand der Aktionäre gegen den CS-Verwaltungsrat. Mehrere Grossaktionäre hatten in den letzten Tagen bekannt gegeben, dass sie an der GV gegen Andreas Gottschling stimmen werden. Nun ist ihnen Gottschling mit seinem heutigen Rückzug zuvorgekommen. Er war im Verwaltungsrat der CS für das Risikokomitee verantwortlich.
David Herro vom US-Vermögensverwalter Harris Associates sagte gegenüber der «Financial Times»: «Es ist die Aufgabe des Verwaltungsrats, die Aktionäre zu vertreten und das Management zu überwachen… Herr Gottschling sollte nicht nur abgewählt werden, sondern es wundert mich eigentlich angesichts der aktuellen Ereignisse, dass er nicht schon zurückgetreten ist.»
Noch einen Schritt weiter geht der norwegische Staatsfonds. Der CS-Aktionär, der 3,43 Prozent der Anteile hält, schrieb auf seiner Internetseite: «Aktionäre sollten das Recht haben, Änderungen im Verwaltungsrat zu verlangen, wenn dieser nicht in ihrem besten Interesse handelt.» Bei der Wahl würde der Fonds unter anderem «unbefriedigende Ergebnisse» sowie «Missmanagement beim Eingehen von Risiken» berücksichtigen.
Der Staatsfonds lehnte aus diesem Grund nicht nur die Wiederwahl von Gottschling ab. Auch die CS-Verwaltungsräte Michael Klein, Shan Li, Seraina Macia, Richard Meddings und Vizepräsident Severin Schwan sollen deshalb gehen.
Interne Untersuchungen laufen
Die Bank hat unterdessen Aufklärung zu den zwei Finanzskandalen versprochen. Der Verlust für die Archegos-Pleite wird bei der CS auf rund 5 Milliarden Franken beziffert. Wie teuer Greensill wird, lässt sich noch nicht genau beziffern. Rund 2,3 Milliarden Franken an Krediten an drei Schuldner sind ausfallgefährdet. Letzte Woche hat die Bank zwei Wandelanleihen platziert und so eine Kapitalerhöhung durchgeführt. So wurde die Kapitaldecke um 1,8 Milliarden Franken gestärkt und die Eigenkapitalquote auf rund 13 Prozent angehoben. Das ist im Branchenvergleich ein anständiger, wenn auch kein überragender Wert.
Gleich zwei Ausschüsse des Verwaltungsrats untersuchen derzeit, was genau bei Archegos und Greensill schiefgelaufen ist. Die Ausschüsse werden dabei von externen Ermittlern unterstützt.
Im Fall der Hedgefondspleite gehen die Ermittler der Frage nach, warum die riesige Risikoposition nicht an die zuständigen Gremien gemeldet worden ist. Laut mit den Vorgängen vertrauten Personen ist bisher zum Beispiel nicht bekannt, dass der Risikoausschuss des Verwaltungsrats über die riesigen Archegos-Risiken informiert wurde.
Die besondere Rolle von Severin Schwan
Bei der Aufarbeitung der Skandale fällt auf, dass Severin Schwan, CS-Vizeverwaltungsratspräsident, diesmal keine wichtige Rolle spielt. Der Roche-Chef ist in keinem der beiden Sonderausschüsse des Verwaltungsrats, die sich mit den Debakeln beschäftigen, mit von der Partie. Das war beim Spygate noch anders, da erklärte Schwan sogar im Interview mit dieser Zeitung, warum Bankchef Tidjane Thiam damals gehen musste.
Scheut Schwan ein Engagement, weil er um seine Reputation fürchtet? Bankkenner verneinen. Beim Spygate wurde Bankpräsident Urs Rohner von CS-Aktionär Harris Associate direkt angegriffen. Daher fiel Schwan per Statuten als bankunabhängigem Verwaltungsrat die Rolle zu, einzugreifen. Diesmal zielen die Angriffe aber nicht auf Rohners Abschied – denn dieser erfolgt am Freitag ohnehin.
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