Ticker zur SNB-Medienkonferenz«CS-Konkurs zu riskieren, wäre verantwortungslos gewesen» | Leitzins auf 1,5 Prozent erhöht
Nationalbankchef Thomas Jordan informiert nach dem Zinsentscheid zur Fusion zwischen CS und UBS und den SNB-Finanzhilfen. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze
Trotz der Spannungen im Finanzsystem hat die SNB erneut an der Zinsschraube gedreht. Die SNB erhöht den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf 1,50 Prozent.
Im letzten Juni war er mit -0,75 Punkten noch klar im Minus, seit September ist er wieder im positiven Bereich.
SNB-Chef Thomas Jordan verteidigt die Übernahme der kriselnden Credit Suisse durch die UBS. Einen Konkurs zu riskieren, wäre verantwortungslos gewesen.
Die Rolle der SNB bei der CS-Rettung
Am Mittwochabend vor einer Woche hatte die Nationalbank angekündigt, der angeschlagenen Grossbank Liquidität zur Verfügung zu stellen. Die CS gab in der Folge noch in der Nacht die Aufnahme eines SNB-Kredits über 50 Milliarden Franken bekannt.
Die Liquiditätsspritze half nicht. Am Sonntag wurde bekannt, dass die UBS die kriselnde Credit Suisse übernimmt und dass die Nationalbank erneut Geld einschiesst. UBS und Credit Suisse können bei der Nationalbank eine Finanzspritze von je 50 Milliarden Franken beziehen. Die CS kann zusätzlich noch weitere 100 Milliarden Franken an Liquidität von der Nationalbank beziehen. Der Bund übernimmt dafür die Garantie im Falle eines Ausfalls. Dazu führt der Bundesrat den sogenannten «Public Liquidity Backstop» ein.
«Es mussten Massnahmen ergriffen werden, um den ungeordneten Ausfall einer systemrelevanten Bank zu verhindern», sagte Nationalbank-Präsident Thomas Jordan am Sonntag. Die SNB komme ihrer Aufgabe zur Wahrung der Finanzstabilität damit nach.
SNB-Leitzinsen dürften trotz CS-Krise weiter steigen
Eigentlich war bis vor kurzem sonnenklar, dass weitere Zinserhöhungen anstehen: Die Inflation in der Schweiz ist zwar tiefer als in Europa oder den USA, aber doch zu hoch und muss von der Nationalbank entsprechend mit weiteren Zinsschritten bekämpft werden.
So hat die Teuerung in den letzten beiden Monaten wieder markant angezogen und lag zuletzt mit 3,4 Prozent weiter klar über dem SNB-Zielband von 0 bis 2 Prozent. Vor allem die Strompreise und höhere Preise für Flug- und Pauschalreisen waren für den jüngsten Anstieg verantwortlich.
Die Inflation sei zu Jahresbeginn stärker als von der SNB erwartet angestiegen, meint etwa Alexander Koch von Raiffeisen. Präsident Thomas Jordan habe deshalb im Vorfeld der März-Sitzung den Bedarf, mehr zu tun, untermauert. Eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte sei daher wahrscheinlich.
Und auch die Ökonomen der UBS erwarten einen Zinsschritt um 50 Basispunkte. Dafür sprächen die verbesserten Konjunkturaussichten, der höhere Inflationsdruck – insbesondere bei der Kerninflation – und die Zinsschritte der EZB in der vergangenen Woche und bereits im Februar, so der zuständige Experte Alessandro Bee. Andere Auguren gehen sogar von einem Zinsschritt von 75 Basispunkten aus.
Sorgen vor Finanzkrise
Seit kurzem verbreitet nicht mehr nur die Inflation Angst und Schrecken. Der Kollaps der drei mittelgrossen US-Finanzhäuser Silicon Valley Bank, Signature Bank Silvergate Capital hat letzte Woche Schockwellen im internationalen Banken- und Finanzsystem ausgelöst, in deren Strudel auch die bereits seit längerem kriselnde Grossbank Credit Suisse geriet – was in die Übernahme durch die UBS mündete.
Und diese neue Bankenkrise, die manche Marktteilnehmern bereits an die Finanzkrise von 2008/09 erinnert, stürzt nun viele Notenbanken in ein Dilemma. Zur weiteren Inflationsbekämpfung müssten sie eigentlich die Zinsen erhöhen. Um das System zu stabilisieren, wäre aber im Gegenteil eine Zinssenkung angebracht. Ein Hauptgrund für den Stress im System sind nämlich die zuletzt stark gestiegenen Zinsen.
Trennung der Themen
Karsten Junius von Safra Sarasin geht davon aus, dass die SNB das Dilemma mit einer so weit wie möglichen Trennung der beiden Themen auflösen wird. Dies wieder würde für eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte und die Bereitschaft sprechen, bei Bedarf zusätzliche Liquiditätslinien zur Verfügung zu stellen – ähnlich wie es die EZB auf ihrer Sitzung am Donnerstag getan habe.
Diese hat sich letzte Woche nicht beirren lassen und die Zinsen um 50 Basispunkte erhöht, die US-Notenbank hat ihren nächsten Zinsentscheid am Mittwochabend gefällt. Sie hob den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte an.
Gut möglich ist aber laut Experten, dass die SNB wegen des Dilemmas ihre Tonalität ändert. Darauf weist Daniel Lüchinger von der Graubündner Kantonalbank (GKB) hin. Die letzte Woche habe vor Augen geführt, dass die Leitzinserhöhungen der Notenbanken nicht spurlos an der Weltwirtschaft vorbeigehen werden. Nach und nach würfen nun die Auswirkungen sichtbar. Es spreche daher einiges dafür, dass die Notenbanken aufgrund der jüngsten Ereignisse vorsichtiger werden, meint er.
SNB hat 2022 netto Devisen im Umfang von 22,3 Mrd. Fr. verkauft
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist im vergangenen Jahr weiter an den Devisenmärkten aktiv gewesen. Sie hat 2022 aber im Vergleich zu früheren Jahren netto Devisen verkauft und nicht mehr gekauft.
Netto hat die SNB zwischen Januar und Dezember 2022 Fremdwährungen im Gegenwert von 22,3 Milliarden Franken veräussert, wie dem am Dienstag veröffentlichten Geschäftsbericht zu entnehmen ist.
2021 hatte die SNB noch Devisen im Wert von 21,1 Milliarden gekauft, 2020 waren es sogar knapp 110 Millionen Franken gewesen. Sie hatte sich damit gegen eine zu starke Frankenaufwertung gestemmt.
Deutliche Verkäufe im vierten Quartal
Die Verkäufe fanden vor allem im vierten Quartal 2022 statt: Es waren insgesamt gut 27 Milliarden Franken. Denn die SNB hatte für die ersten neun Monate netto noch Käufe von rund 5 Milliarden vermeldet. Dies hat vor allem mit der Inflationsbekämpfung zu tun. Wenn die SNB Devisen verkauft, stärkt sie damit den Franken, was wiederum die importierten Güter in den Tendenz verbilligt.
Bekanntlich hat die SNB im letzten Jahr wegen der deutlich angestiegenen Inflation auch bereits drei Mal die Leitzinsen erhöht: im Juni um 50 Basispunkte, im September um 75 Basispunkte und im letzten Dezember wieder um 50 Basispunkte. Mittlerweile liegt der Leitzins damit bei +1,00 Prozent nach -0,75 Prozent noch im letzten Juni.
Der nächste Zinsentscheid steht bereits kommenden Donnerstag an: Ökonomen gehen zumeist davon aus, dass der Leitzins um weitere 50 Basispunkte angehoben wird. Die Inflation ist nämlich in den ersten beiden Monaten 2023 wieder deutlich angestiegen und lag zuletzt mit 3,4 Prozent weiterhin klar über dem von der Nationalbank angestrebten Zielband von 0 bis 2 Prozent.
red
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