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Start der Rechtsregierung in Rom
Warum Meloni die Raver bekämpft

Bevor sie gingen, putzten sie die Scheune: Teilnehmer der Rave-Party am Wochenende in Modena, nachdem die Polizei die Veranstaltung friedlich aufgelöst hatte. 
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Die Italiener erfahren gerade, dass ihr grösstes Problem nicht die höheren Stromrechnungen sind, nicht die Folgen von Krieg und Pandemie, nicht die vielen Sorgen des Alltags. Nein, schliesst man nach den ersten Massnahmen der neuen, sehr rechten Regierung des Landes, sind die Probleme ganz andere und erstaunliche, eines besonders: Rave-Partys – vom englischen Verb «to rave», also rasen, toben, schwärmen. So nennt man vor allem heimlich organisierte Musik- und Tanzveranstaltungen in Wäldern und leeren Lagerhallen mit vielen jungen, selten nüchternen, tagelang durchfeiernden Menschen. Meist läuft da Techno, aufgelegt von DJs.

Am vergangenen Wochenende, zu Halloween, trafen sich ein paar Tausend zu einer solchen Rave-Party bei der Autobahnausfahrt Modena Süd, in einem verlassenen Unterstand. Sie kamen aus halb Europa. Der neue Innenminister in Rom, Matteo Piantedosi, trug den lokalen Behörden auf, den Event schnell zu beenden. Und wie das ausging, davon muss gleich noch die Rede sein.

Der Regierung von Giorgia Meloni stand der Sinn aber nach mehr. In ihrem ersten Ministerrat legte sie ein Dekret auf, auf dessen Basis Organisatoren und Teilnehmer einer Rave-Party in Zukunft hart bestraft werden können – mit bis zu sechs Jahren Haft und 10’000 Euro Busse.

Der Aufmarsch der Faschisten? Eine Clownerie!

Nun kann man natürlich sagen, die extreme Rechte gebe da zum Auftakt einfach die extreme Rechte und danke ihrer Wählerschaft mit ein paar Botschaften, die diese auf Anhieb versteht: Gesetz und Ordnung, null Toleranz, radikale Strafen. Am selben Wochenende defilierten übrigens in Predappio, dem Geburtsort von Benito Mussolini nicht weit von Modena, einige tausend Nostalgiker des Faschismus mit gestrecktem rechtem Arm. Sie begingen den 100. Jahrestag von Mussolinis «Marsch auf Rom» und sangen dazu faschistische Lieder. Völlig unbehelligt. Eine «Clownerie», nennt es der Innenminister, das habe es immer schon gegeben. Zwei Ellen?

Misst er mit zwei Ellen? Matteo Piantedosi, Italiens neuer Innenminister. Der Parteilose steht der Lega nahe.

Die neue Norm gegen Rave-Partys ohne Bewilligung ist dermassen vage gehalten, dass die Rechte sie leicht gegen andere unliebsame Kundgebungen anwenden könnte: etwa gegen antifaschistische Studentenproteste, gegen die Besetzungen von Gymnasien und Fakultäten, wie sie gerade in Rom im Gang sind.

Die Regierung beschwichtigt, die Meinungsfreiheit sei nicht tangiert, heisst es. Doch viele Juristen kritisieren das Gesetzesdekret, manche halten es für verfassungswidrig. Die Linke hat in dieser Debatte ihre Stimme wiedergefunden, die sie nach der Wahlniederlage verloren hatte. Für «gefährlich» und «freiheitsfeindlich» halten etwa die Sozialdemokraten das Dekret. Für die Cinque Stelle ist Italien schon nahe am «Polizeistaat».

Am Mischpult der Macht

Dabei würde es gar kein neue Regelung brauchen in der Materie. Im italienischen Strafgesetzbuch gibt es schon einen Paragrafen, der solche Veranstaltungen verbietet. Darauf haben sich die Behörden nun auch berufen, als sie die Rave-Party bei Modena auflösten, im Frieden. Die Raver putzten die baufällige Halle, bevor sie gingen. Nun ermittelt die örtliche Staatsanwaltschaft gegen die Organisatoren, alles wie gehabt. Aber klar, die Rechte mag es gern laut, und sie sitzt jetzt am Mischpult der Macht.