Geldblog: Fakten zur Stop-Loss-StrategieWarum ein klares Anlageziel so wichtig ist
Als Privatinvestor neigt man dazu, schlechte Titel zu lange im Depot zu behalten und starke Aktien zu früh zu verkaufen. Je klarer das Ziel, desto besser kann man die Strategie festlegen.
![Gutes Timing ist auch Glücksache: Mit einer Stop-Loss-Strategie kann man Verluste begrenzen, muss dann aber wieder neu einsteigen.](https://cdn.unitycms.io/images/E5j0YBFg4pE9dZue9AppBJ.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=5DGFbZUrRLo)
Einen grossen Teil unserer Ersparnisse haben wir im Aktienmarkt angelegt. Unsere Schwierigkeit ist die Frage, wann man verkaufen und sich von Titeln trennen sollte. Zum Beispiel haben wir CS-Aktien im Depot, Einstandspreis über 20 Franken. Schon bei 10 Franken dachte ich, nein, für diesen Preis gebe ich sie sicher nicht. Jetzt sind sie bei rund 4 Franken und ich finde, die kann ich auch geistig abschreiben, und vielleicht erholen sie sich zu meinen Lebzeiten noch einmal, aber sicher gebe ich sie nicht gratis. Daneben haben wir Titel, die gut laufen. Soll man hier verkaufen und einen schönen Gewinn realisieren und ins Trockene bringen oder laufen lassen und auf noch mehr Gewinn hoffen? Leserfrage von J.S.
Sie sprechen mit Ihrer Frage ein Dilemma an, das viele Privatinvestoren umtreibt – gerade jetzt, wo manche trotz starkem Börsenverlauf seit Jahresbeginn auf beträchtlichen Buchverlusten sitzen. Viele bereuen es, dass sie ihre Titel nicht viel früher abgestossen hatten, als diese weit weniger im Minus waren als später. Das Problem dabei ist, dass man nie sicher weiss, wann das richtige Timing sowohl zum Kaufen als auch zum Verkaufen ist.
Persönlich bin ich skeptisch bezüglich Strategien, die sich auf das Markttiming ausrichten. Das perfekte Timing für Käufe und Verkäufe findet man in der Praxis meist nicht – und wenn, dann meistens auch nur mit viel Glück. Immerhin gibt es fundamentale Ereignisse, welche die Märkte stark beeinflussen. Ein Beispiel war der Beginn des Krieges in der Ukraine: Für einige war dies, ein Signal, um Aktien zu verkaufen, für andere hingegen, um neu zu kaufen. Mit einem Verkauf wäre man im Nachhinein gut gefahren, wenngleich die Kurse der meisten Aktien bereits damals nicht mehr auf Höchstniveau waren. Wer beim damaligen Einbruch eingestiegen ist, war zu früh dran und hätte besser noch gewartet. Klar, im Nachhinein sind wir alle klug.
Das Problem bei einer konsequenten Stop-Loss-Strategie sehe ich in der Wiederanlage.
Ich würde weniger auf spezifische Ereignisse, sondern auf konsequente Strategien setzen. Eine solche besteht etwa darin, dass man Titel, die 10 Prozent fallen, automatisch verkauft, was mit einem Stopp-Loss-Auftrag einfach machbar ist. Damit hätte man die Tiefstkurse bei vielen Aktien vermieden, gleichzeitig hätte man auch die Erholung verpasst. Das Problem bei einer konsequenten Stop-Loss-Strategie sehe ich in der Wiederanlage. Man hat zwar noch höhere Buchverluste vermieden, doch was macht man dann? Das Geld auf dem Konto zu lassen und einen guten Zeitpunkt für eine Wiederanlage abzuwarten, finde ich bei einer hohen Inflation keine überzeugende Alternative, zumal man dann wahrscheinlich trotzdem wieder zu einem mehr oder weniger schlechten Zeitpunkt neu einsteigt.
Generell neigt man als Privatinvestor oft dazu, schlechte Titel zu lange Depot zu behalten. Man will die Buchverluste nicht realisieren und hofft auf eine Erholung, was zur Folge hat, dass miserable Titel lange – nicht selten zu lange – im Depot bleiben. Ein klassisches Beispiel dafür sind die CS-Aktien, die Sie für 20 Franken gekauft hatten. Mit einer Stop-Loss-Strategie wären Sie in diesem Fall deutlich besser gefahren. Gleichzeitig läuft man Gefahr, steigende Aktien zu früh zu verkaufen. Nur weil eine Aktie 20 Prozent gestiegen ist, bedeutet dies nicht, dass sie nicht noch mehr steigen kann. Allerdings gilt auch das Umgekehrte. Mit solchen Gefühlskaufen oder -verkäufen mag man manchmal richtig liegen, oft aber auch falsch. Manchmal kann man sich schlicht nicht vorstellen, dass es noch viel schlimmer kommen kann – die Praxis lehrt uns aber das Gegenteil wie wiederum das Musterbeispiel CS belegt.
Wenn Sie in erster Linie an regelmässigen Erträgen in Form von Dividenden interessiert sind, würde ich eher eine Kaufen-und-Halten-Strategie fahren.
Wichtiger als die Frage von Verkaufs- oder Kaufstrategien und der Suche nach dem perfekten Timinig finde ich die Frage, welche Ziele man mit seinen Anlagen verfolgt. Wenn Sie an regelmässigen, steuerfreien Kursgewinnen auf Ihren Aktien interessiert sind, dann sollten Sie eine konsequente Stop-Loss-Strategie anwenden und auch Gewinne konsequent ins Trockene bringen, wenn diese eine bestimmte Limite überschreiten. Wenn Sie indes in erster Linie an regelmässigen Erträgen in Form von Dividenden interessiert sind, würde ich eher eine Kaufen-und-Halten-Strategie fahren und von hektischem Trading Abstand nehmen und die Titel stattdessen langfristig im Depot lassen.
Problematisch ist diese Strategie lediglich bei eigentlichen Looser-Aktien. Auch hier können Sie wiederum die CS als Beispiel heranziehen. Hier hat sich eine Kaufen-und-Halten-Strategie definitiv nicht ausbezahlt, zumal man nicht einmal von einer attraktiven Dividende profitiert hat. Bei den meisten Qualitätsaktien aus dem SMI und aus dem SPI fährt man damit allerdings nicht schlecht. Hier würde ich aber vor einem Kauf streng auf Fundamentaldaten schauen. Wie überzeugend ist langfristig das Geschäftsmodell? Wie steht es um die Gewinnqualität und die Bewertung? Wie präsentiert sich die Eigenkapitalsituation etc. Auch eine solche Strategie gibt Ihnen keine Garantie, dass Sie nicht auch ein paar Looser-Aktien im Depot haben. Diese sollte man aber nur behalten, wenn man ehrlich überzeugt ist, dass das Unternehmen eine Erholung schafft und man das investierte Geld auch abschreiben könnte. Ansonsten sollte man lieber reinen Tisch machen.
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