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Streit um Mitbestimmung 
Warum ein einzelner Genossenschafter gegen Coop vor Gericht zieht

Chris gegen Coop: Genossenschafter Chris Zumbrunn hat dem Milliardenkonzern den Kampf angesagt. 
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Am Mittwoch kommt es in Basel zu einem ungleichen Duell: Ein einzelner Genossenschafter zerrt den Detailhandelsriesen Coop vor Gericht. In dem Rechtsstreit geht es um die Machtverhältnisse zwischen kleinen Genossenschafterinnen und Genossenschaftern einerseits und der Konzernverwaltung andererseits. 

Wie wichtig die Mitbestimmung im Genossenschaftsmodell ist, zeigte sich jüngst bei der Alkoholabstimmung der Migros, die das Alkoholverbot klar bestätigte. Beide Detailhandelsfirmen sind Genossenschaften.

Angestossen hat den Prozess Chris Zumbrunn mit einer Klage gegen Coop. Der 54-Jährige wollte im Herbst 2020 für die Wahl in den Coop-Regionalrat kandidieren. Doch er scheiterte. Grund sei der Wahlmodus der Genossenschaft gewesen, den der Verwaltungsrat im letzten Moment verschärft habe, so der Vorwurf von Zumbrunn.

Hohe Hürden

Um zu den 2,5 Millionen Mitgliedern zu gehören, muss man lediglich die «Coopzeitung» abonnieren. Um einen Sitz im Regionalrat zu bekommen, ist die Hürde jedoch viel höher, wie die Organisation Detailwandel, zu der Zumbrunn sowie um die 1000 weitere Genossenschafterinnen gehören, am eigenen Leib erfuhr.

So hatte die Organisation einige Verbesserungsvorschläge für das Geschäftsgebaren von Coop vorgesehen. Darunter bessere Arbeitsbedingungen, faire Preise für Konsumierende und Produzierende sowie eine konsequente Klimastrategie des Milliardenkonzerns. Mit den Wahlen in die Regionalräte im Herbst 2020 wollte sie ihre Ideen in die Tat umsetzen. Als Coop Wind vom Vorhaben bekam, habe der Konzern seine Wahlhürden kurzerhand erhöht, so Zumbrunn.

Gemäss dem aktuellen Reglement für die Regionalratswahlen kann ein Genossenschafter einen Wahlvorschlag einreichen, wenn dieser innerhalb von fünfzehn Tagen die Unterschriften von sechs Prozent der Mitglieder auftreibt. Für die ganze Schweiz würde dies 150’000 Unterschriften bedeuten. Im Vergleich zu einem Referendum sei diese Sammlung über dreissigmal schwieriger, sagt Zumbrunn.

Vor der Verschärfung des Wahlreglements mussten gemäss den Coop-Statuten lediglich zwei Prozent der Mitgliederstimmen gesammelt werden. Dafür hatte man dreissig Tage Zeit, also doppelt so lang wie jetzt.

«Aufgrund der hohen Hürden ist es im Coop-Regionalrat faktisch noch nie zu wirklichen Wahlen gekommen», so Zumbrunn gegenüber CH Media. Zudem komme es ohne gültigen Wahlvorschlag zu einer «Scheinwahl». Das heisst, die amtierenden Regionalräte wählen aufgrund der verhinderten Konkurrenz jeweils sich selbst ins Amt. 

Alt-Bundesrätin Leuthard mitverantwortlich

Verantwortlich für die Erhöhung der Wahlhürden waren mitunter die Verwaltungsratsmitglieder Hansueli Loosli und Alt-Bundesrätin Doris Leuthard. Nachdem die Verschärfung in einem offenen Brief von über 15’000 Mitgliedern kritisiert worden war, wurde auch das Parlament hellhörig und hat eine Revision des Genossenschaftsrechts auf den Plan gerufen. Vom Bundesrat muss ein Bericht vorgelegt werden. 

Gemäss Kläger Zumbrunn widersprechen die Wahlregeln im alten sowie im neuen Reglement dem Genossenschaftsrecht. «Die Hürden sollten nur so hoch sein, dass einer Überflutung mit missbräuchlichen Kandidaturen vorgebeugt wird. Die demokratischen Partizipationsrechte der Genossenschafter dürfen aber nicht verhindert werden.» 

Am ersten Verhandlungstag in Basel-Stadt geht es am Mittwoch um die Wahlreglementsänderung. Wie gut die Chancen von Zumbrunn gegen den Milliardenkonzern stehen, wird sich zeigen. Laut seiner Anwältin ist noch nicht abzuschätzen, ob es bereits am ersten Verhandlungstag zu einem Urteil kommt.