Strafanzeige des BundesVerärgerte Kunden waren Auslöser der Razzia bei der Credit Suisse
Anlegern drohen bei den Lieferkettenfonds der Grossbank hohe Verluste. Nun schaltete sich das Staatssekretariat für Wirtschaft in den Fall ein.
Der Fall Greensill zieht für die Credit Suisse weitere Kreise: Am Wochenende machte die «NZZ am Sonntag» bekannt, dass die Polizei vergangene Woche eine Razzia bei der Grossbank durchgeführt und dabei Dokumente beschlagnahmt hatte.
Interessant ist, wer diese Polizeiaktion ausgelöst hat: Es war das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Es hatte im April 2021 eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Zürich eingereicht wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Warum der Bund klagen kann
Das wirft die Frage auf: Warum schaltet sich ausgerechnet das Seco in diesen Bankskandal ein? Die Klagemöglichkeit ist im Gesetz begründet. Laut Artikel 10 kann der Bund die Justiz einschalten, wenn bei Verstössen «das Ansehen der Schweiz im Ausland bedroht» ist oder «die Interessen mehrerer Personen» bedroht oder verletzt sind».
Im Fall Greensill richtet sich der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs offenbar darauf, dass sich Anleger beim Vertrieb der Greensill-Fonds getäuscht sehen, weil unrichtige oder irreführende Angaben gemacht worden sind.
Denn die Lieferkettenfonds wurden Anlegern als sicheres Investment angepriesen. Doch tatsächlich steckten in den Fonds Kredite von zweifelhaften Schuldnern wie dem Gupta-Stahlkonzern sowie sogenannte Future Receivables, also Forderungen, die noch gar nicht angefallen sind.
«Kritische Anzahl» an Beschwerden
Laut Kennern der Materie muss dem Seco eine «kritische Anzahl an Beschwerden» vorliegen, bevor das Staatssekretariat eine Anzeige einreicht. Zu solchen Details schweigt das Seco und bestätigt lediglich, einen Strafantrag in der Sache gestellt zu haben.
Die fraglichen Fonds wurden nur an Profianleger verkauft. Mehrere Anwaltskanzleien sind damit betraut, die Interessen von Fondsanlegern zu wahren. Der Schluss liegt nahe, dass Anwälte von Fondskunden das Seco einschalteten, damit das Amt wegen unlauteren Wettbewerbs aktiv wird. Denn laut Anwälten ist es leichter, einen Verstoss gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu beweisen als zum Beispiel einen Betrug.
Keine Strafuntersuchung gegen die Bank – «bislang»
Laut der Staatsanwaltschaft Zürich richtet sich das laufende Verfahren «gegen einen Exponenten von Greensill Capital sowie gegen unbekannt». Weiter heisst es: «Gegen bestimmte ehemalige und aktuelle Mitarbeitende des Credit-Suisse-Konzerns ist bislang keine Strafuntersuchung eröffnet worden.»
Das heisst aber nicht, dass die Grossbank hier vom Haken wäre, auch wenn sie betont, dass das Verfahren «sich nicht gegen die Credit Suisse richtet». Letztlich war es sie, welche die Skandalfonds an ihre Kunden verkauft hat. Und da sich die Ermittlungen auch gegen «unbekannt» richten, schliesst das die Möglichkeit ein, dass nach der Razzia doch noch Bankmitarbeitende ins Visier geraten.
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