Bessere Bankenregulierung Expertengruppe des Bundesrats kritisiert die Nationalbank
Wie können wir die nächste Grossbank retten, die in Schieflage gerät? Ein Gremium hat sich nach dem CS-Untergang mit der Frage befasst. Es macht brisante Vorschläge, zum Beispiel was die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden anbelangt.
Nach der Krise ist vor der Krise. Eine Expertengruppe des Bundes präsentierte heute Empfehlungen, wie systemrelevante Banken in der nächsten Krise gerettet werden sollen. Nur einen Tag nachdem die UBS ihren Rekordgewinn für das zweite Quartal und das Ende der CS Schweiz verkündet hatte.
«Uns geht es um die Frage, wie wir künftig mit systemrelevanten Banken umgehen sollen. Allen voran mit der UBS», sagt Yvan Lengwiler, Professor an der Universität Basel, der den Vorsitz in dem Gremium hat. Nach dem Untergang der Credit Suisse wurde die Gruppe vom Finanzministerium eingesetzt, um die künftigen Rahmenbedingungen für den Umgang mit systemrelevanten Banken zu untersuchen.
Auf knapp 90 Seiten skizziert die Expertengruppe «Bankenstabilität» nun Vorschläge, wie diese im Krisenfall gerettet oder abgewickelt werden können.
«Beunruhigend wenig institutionalisiert»
Verbesserungsbedarf sieht die Expertengruppe unter anderem bei der Zusammenarbeit der beteiligten Behörden. Diese sei «beunruhigend wenig institutionalisiert», heisst es in dem Bericht der Expertengruppe.
Konkret betrifft dies das Krisenmanagement der Finanzmarktaufsicht (Finma), der Nationalbank (SNB) sowie des Finanzministeriums (EFD). Dieses wird weitgehend durch wechselseitige Absichtserklärungen geregelt. Darin wird unter anderem die Arbeit des Ausschusses Finanzkrisen, bestehend aus den Spitzen der drei Behörden, geregelt. Dieser ist für die Koordination des Krisenmanagements verantwortlich, wenn eine Grossbank in Schieflage gerät.
Diese Art der Zusammenarbeit birgt für die Expertinnen und Experten gewisse Risiken. Die Absichtserklärungen definieren nämlich das Krisenmanagement lediglich als «gemeinsames Interessengebiet» der Behörden. Sie würden sie damit aber nicht zur Koordination ihrer Entscheide verpflichten, welche sie autonom aufgrund ihres jeweiligen Tätigkeitsbereichs fällten. «Sie berühren somit gerade nicht die Entscheidungskompetenzen der Behörden, und sie schaffen keine gemeinsame Verantwortlichkeit.» Bei der CS hat sich das schlussendlich als fatal erwiesen.
Einige Vorschläge des Gremiums würden weitreichende Eingriffe in die Kompetenzen der Nationalbank mit sich bringen.
Dabei wäre hier eine klare Regelung wichtig. Insbesondere zwischen der Finma und der Nationalbank gibt es Überschneidungen bei ihren Tätigkeitsbereichen. So liegt die Aufsicht über die einzelnen Banken eigentlich bei der Finma. Doch die Nationalbank nimmt auf dem Schweizer Finanzplatz eine spezielle Rolle ein. Dazu gehört, dass sie zur Stabilität des Finanzsystems beiträgt. Dazu stellt sie kriselnden Banken im Notfall Liquidität zur Verfügung, als sogenannte Kreditgeberin in letzter Instanz. Im Fall der Credit Suisse waren es zu Spitzenzeiten im März und im April bis zu 168 Milliarden Franken.
Einige der Vorschläge, welche die Expertinnen und Experten in ihrem Bericht dazu machen, würden weitreichende Eingriffe in die Kompetenzen der Nationalbank mit sich bringen. So könnte etwa die Finma die Kompetenz erhalten, der SNB Anweisungen zu geben, dass sie im Sanierungsfall einer Bank ausserordentliche Finanzhilfe gewährt. Heute erteilt ihr die Finanzmarktaufsicht eine Bestätigung, dass die Bank solvent ist. Anschliessend ist es die Nationalbank, welche die Finanzhilfe gewährt.
Die Nationalbank sieht keine institutionellen Probleme
Die Nationalbank wehrt sich gegen die Kritik. Sie sieht keine institutionellen Probleme. In der CS-Krise habe eine Abstimmung stattgefunden. Geht es um die Frage der Verantwortung, zieht sie den Status quo vor: Die Kompetenzen sind unter diesem klar geregelt. Eine gemeinsame Verantwortung könne dagegen dazu führen, dass sich niemand wirklich zuständig fühle.
Nicht zum ersten Mal stehen die Nationalbank und ihr Präsident Thomas Jordan für ihr Agieren beim Untergang der Credit Suisse in der Kritik. Personen, die der Finanzmarktaufsicht nahestehen, werfen der SNB vor, zu lange zugesehen zu haben. Sie hätte bereits im Oktober aktiv werden sollen, als die Liquiditätsprobleme der kriselnden Grossbank zum ersten Mal deutlich sichtbar wurden. Selbst im Umfeld des Bundesrats gibt es namhafte Stimmen, die Jordan vorwerfen, in der CS-Krise zu defensiv agiert und das Nationalbankgesetz zu restriktiv ausgelegt zu haben.
Welche Chancen die Vorschläge der Expertinnen und Experten haben, ist noch unklar. Sie fliessen ein in den Bericht des Bundesrats zum «Too big to fail»-Regime. Dieser wird im Frühjahr 2024 veröffentlicht.
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