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Vorgehen gegen Extremtemperaturen
Von Katar bis Kalifornien: Wie heisse Metropolen mit Hitze umgehen

Ein Mann badet an einem öffentlichen Wasserhahn in der Nähe des Ganges während eines heissen Sommertages.  (Archiv)
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In der Schweiz wird oft gejammert, wenn es mal so richtig heiss wird. Kein Wunder: Eine solche Hitze ist die Ausnahme. In anderen Ländern und Städten haben die Menschen mehr Routine damit. Wie gehen Hitzeerfahrenere in heissen Metropolen mit Extremtemperaturen um?

Bangkok

In Thailands Hauptstadt sind die Menschen an Hitze gewöhnt, eine «kühle Jahreszeit» gibt es nicht. Viele Thais ziehen sich deshalb aber nicht aus, sondern vermummen sich – und tragen lange Ärmel, Hüte und Schirme. Das schützt vor Hitze und Sonne, aber auch vor unerwünschter Bräune: Möglichst weisse Haut gilt in Thailand als Schönheitsideal. Wer in Bangkok lebt, wird wegen der Extrem-Hitze auch schnell zum Frühaufsteher. Schon kurz nach Sonnenaufgang sind die Märkte voll, und in den Parks wird Zumba oder Yoga gemacht. Aber nichts ist besser zur Erfrischung geeignet als die kühlen Shopping Malls. Für viele fungieren «Siam Paragon», «Terminal 21» oder «EmQuartier» am Wochenende als zweites Zuhause, denn sie bieten alles von Mode über Massagen und Fitness bis zu Gourmettempeln und Kinos.

Singapur

Die Temperaturen in dem ultramodernen, aber auch ultraheissen Stadtstaat steigen doppelt so schnell wie im Rest der Welt. Das von der Regierung geförderte Projekt «Cooling Singapore» entwickelt Strategien, um die Temperaturen zu senken und den Menschen Abkühlung zu verschaffen – ohne die Umwelt allzu sehr zu belasten. Ein Vorzeigeprojekt ist der preisgekrönte Park Gardens by the Bay. In gigantischen Gewächshäusern, die zum Flanieren und Verweilen einladen, liegen die Werte bei angenehmen 24 Grad. Verantwortlich ist das wohl grösste unterirdische Fernkühlungssystem der Welt, das auch zwei Dutzend Wohntürme und andere Gebäude in der Nähe versorgt. Die Anlage nutzt gekühltes Wasser – eine Stromeinsparung von 40 Prozent gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen. Zudem setzt das auch als «Gartenstadt» bekannte Singapur auf Vegetation zur Kühlung: Unzählige Bäume und Pflanzen spenden Schatten und sorgen für bessere Luft.

Rund zwei Millionen Bäume hat die Stadt gepflanzt: Foto des Parks Gardens by the Bay in Singapore mit dem Marina Bay Sands Hotel im Hintergrund. 

Neu Delhi

In Indien sieht man bei Hitze oft Kinder, die in Teichen oder Brunnen in Parks spielen. Türen und Fenster von Häusern werden dann oft mit Matten aus Gras oder Stroh abgedeckt und mehrmals am Tag nass gemacht. Dadurch kommt auch ein etwas kühlerer Wind herein. Viele Leute nutzen zudem simple Verdampfungskühler (desert cooler) in ihren Häusern. In diesen Maschinen gibt es Wasser, und wenn man sie an den Strom anschliesst, saugen sie warme Luft der Umgebung ein und kühlen sie mit dem Wasser. Das Prinzip: Wo Wasser verdunstet, wird Wärme entzogen. Grundsätzlich ziehen Menschen in Südasien bei Hitze lange und dünne Kleider an, die Arme und Beine bedecken. Teils tragen die Menschen auch Schirme. Während der heissesten Zeit am Tag bleiben viele, die es sich leisten können, auch einfach zuhause. Zudem trinken die Menschen viel – überall wird bei Hitze Wasser angeboten, oder man trinkt Shikanji, einen Zitronensaft mit Zucker, Salz und Wasser, was gegen Dehydrierung hilft.

Doha

Für Bewohner der Golfstaaten und der arabischen Welt ist Hitze Alltag. Die Menschen in der Region sind durchaus 40 Grad gewöhnt. In Katar, dem Gastgeberland der Fussball-WM 2022, ist der hippe Stadtteil Muschairib der Hauptstadt Doha ein gutes Beispiel dafür, wie intelligente Stadtplanung helfen kann, mit der Sommerhitze klarzukommen. Die modernen Bauten im traditionellen Stil sind etwa so angelegt, dass Fussgänger in dem Viertel durchgehend im Schatten laufen können. Dazu haben die Architekten die Gegend so konzipiert, dass Luftströme zwischen den Häusern für eine Brise sorgen.

Die Region ist bekannt für ihre Gastfreundschaft, dies spiegelt sich auch in der Stadtarchitektur wider. So haben in der Vergangenheit Hausbesitzer oft eine Etage höher gebaut, um ihren Nachbarn Schatten zu spenden, erzählen Einheimische in Katar. Heute verbringen Bewohner der Region die heisseste Tageszeit meist zuhause mit Klimaanlagen. Erst wenn es kühler wird und Temperaturen auf gut 30 Grad fallen, strömen die Menschen in den Abendstunden ins Freie. Beliebt in vielen Ländern der arabischen Welt sind mobile Klimaanlagen im Freien, die neben den Tischen von Restaurants und Cafes aufgestellt werden und kühle Luft spenden – quasi das Gegenstück zu Heizpilzen.

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Tel Aviv

In der israelischen Küstenstadt Tel Aviv sind Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad im Sommer keine Seltenheit. Das Gute an der Stadt am Mittelmeer: Wasser gibt es reichlich. In der ganzen Stadt verteilt gibt es zudem in regelmässigen Abständen Trinkwasserspender – nicht nur an der kilometerlangen Strandpromenade, auch an vielen anderen Orten: Wasserflasche auffüllen und fertig. Das schützt nicht nur vor einem Sonnenstich, sondern spart in einer der teuersten Städte der Welt auch Geld. Generell verlagert sich das Leben im Freien allgemein eher in den Abend. Nach dem Sonnenuntergang füllen sich die Bars und Restaurants, und die Tel Aviver verlassen ihre stark heruntergekühlten Wohnungen und Büros. Um tagsüber nicht allzu verschwitzt bei der Arbeit anzukommen, fahren viele mit E-Bikes.

Athen

In der Hauptstadt Griechenlands stimmt man über die Hitze mit den Füssen ab. Spätestens Anfang August pilgert der Grossteil der rund drei Millionen Einwohner ans Meer, in Dörfer und auf Inseln, bevorzugt dorthin, wo man Verwandte hat. Resultat: Die sonst so laute Metropole fällt in eine Art Sommerschlaf. Es gibt kaum Autoverkehr, selbst die kleinen Kioske, die sonst oft rund um die Uhr offen sind, bleiben zu.

Eine Ausnahme bildet das Stadtzentrum samt der Altstadt rund um die Akropolis. Dort tummeln sich dann allerdings kaum Griechen, sondern Touristen. Athener gehen bei grosser Hitze, wenn überhaupt, nur morgens oder nach Sonnenuntergang aus dem Haus. Deshalb wird in Griechenland im Sommer auch erst spät abends gegessen, und Kinder toben bis nach Mitternacht auf Spielplätzen.

Rom

Wer hier zum Beispiel eine Abkühlung braucht, kann sich einen der vielen grauen Brunnen suchen, aus denen Trinkwasser fliesst – auch nasone genannt wegen der nasenähnlichen Form des Wasserhahns. In italienischen Städten füllen die Leute dort ihre Flaschen auf, kühlen sich das Gesicht oder lassen ihre Hunde trinken. Mailand versuchte, mit einem vertikalen Begrünungsprojekt an zwei Hochhäusern ein Beispiel für mehr Pflanzen und besseres Mikroklima in der Stadt zu schaffen. Viele Wohnungen und Häuser in Italien haben einen Stein- oder Fliesenboden, der für Kühle sorgen soll. Beliebt sind auch Früchte, vor allem die Wassermelone, die als erfrischender Snack in heissen Stunden dient. Kühle Treffpunkte vor allem in den Wohnvierteln sind zum Beispiel auch Kirchen. Wer es sich in Italien leisten kann, entflieht der Sommerhitze in der Stadt und fährt in die Zweitwohnung in den Bergen oder am Meer, wo das Klima etwas frischer ist. Auch viele Päpste reisten Jahr für Jahr vom Vatikan ins unweit von Rom gelegene Castel Gandolfo – die päpstliche Sommerresidenz. Papst Franziskus hat darauf allerdings bislang verzichtet.

Auch bei Touristen beliebt: Menschen füllen ihre Trinkflaschen an einem sogenannten nasone in Rom. 

Madrid

In der spanischen Hauptstadt sind im Sommer um die 40 Grad recht normal. Die Madrileños sind an die Hitze gewöhnt und wissen, wie man damit auskommt – und sie sogar geniesst. Klimaanlagen gibt es, anders als etwa in Deutschland, nahezu überall: im Einkaufszentrum genauso wie im Laden, Restaurant oder Café, in der U-Bahn, im Bus, in den Büros und erst recht daheim. Die meisten Spanier tragen nicht nur in Madrid im Sommer helle, leichte Kleidung. Auch die Essgewohnheiten werden dem Klima angepasst: Im Sommer erfrischt man sich gern mit kalten Suppen wie Gazpacho oder Salmorejo. Die langen Abende kann man dank allgegenwärtiger Wassernebel-Kühlsysteme auch in den Aussenbereichen von Bars und Restaurants bei einem Rioja oder einer Cerveza verbringen. Wenn die Sonne besonders heiss vom Himmel knallt – so zwischen 14 und 18 Uhr -, dann zieht man sich zurück. Die Siesta, der «Mittagsschlaf», gehört zu Spanien wie die Paella. Büros machen dann längere Pausen, in den meisten Läden werden «Geschlossen»-Schilder nach draussen gehängt. Während der Siesta halten allerdings die wenigsten Spanier heutzutage noch wie früher ein Nickerchen. Man geht ins Fitnessstudio oder ins Schwimmbad oder isst mit Familie oder Kollegen länger zu Mittag.

Rio de Janeiro

Wenn im brasilianischen Sommer die Temperaturen auf gefühlte 50 Grad steigen, bekommt man das Gefühl zu schmelzen. Klimaanlagen sind denn auch die wichtigsten Einrichtungsgegenstände, um in der Metropole einen kühlen Kopf zu bewahren. Die Tage werden länger, sportliche Aktivitäten verlagern sich in den frühen Morgen oder die Nacht. Auch um Mitternacht spielen «Cariocas», wie die Einwohner Rios heissen, etwa am Strand von Copacabana noch Volleyball oder Futevolei.

Januar ist in Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern wie August in Deutschland. Viele füllen die berühmten Strände von Rio und nehmen zur Abkühlung ein Meerbad. Andere ziehen es in den tropisch-heissen Sommermonaten vor, zu verreisen oder sich wie einst Stefan Zweig nach Petrópolis in die Bergregion von Rio zurückzuziehen, wo das Klima aufgrund der Höhenlage kühler ist.

New York

Wenn es im Grossstadtdschungel von NYC so richtig heiss wird – und das wird es in jedem Sommer -, dann kennen die Bewohner ein bewährtes Mittel: Hydranten. Die Feuerwehr öffnet – nach offiziellem Antrag – einen Hydranten pro Strassenblock, der daraufhin Wasser ausspuckt. Zwar mit weniger Druck als für Löscharbeiten, aber ausreichend, um herumspringenden Kindern, Erwachsenen und durstigen Vögeln und Haustieren stundenlang Freude und Abkühlung zu bereiten.

Sorgen für Freude und Abkühlung: Ein geöffneter Wasserhydrant in New York. (Archiv)

Los Angeles

Im Westen von Los Angeles bringt die Meeresbrise vom Pazifik Abkühlung, doch in vielen Teilen der kalifornischen Millionenstadt steigt die Hitze oft auf über 35 Grad Celsius (95 Grad Fahrenheit). Das «Cool Streets L.A.»-Programm soll Extremtemperaturen wenigstens um einige Grade drücken. Der Trick: Schwarzer Asphalt wird mit heller Farbe übermalt. Hunderte Strassenblocks in den heissesten Bezirken tüncht die Stadt durch das seit 2019 laufende Projekt mit einem weissen Belag, der Sonnenlicht stärker reflektiert und weniger Wärme aufnimmt.

Palm Springs

In Sachen Hitze stellt die Wüstenstadt mit Palmen und Mid-Century-Architektur alle anderen Orte Südkaliforniens in den Schatten. Hitzegestresste ohne eigene Klimaanlage können bis Ende September in «Cooling Centers» Zuflucht suchen. Sobald es mehr als 38 Grad Celsius sind, lädt die Stadt in drei klimatisierte Kühlzentren ein. Eines davon ist die örtliche Bücherei.

SDA/step