Regen und Hitze auf dem HandyFünf Wetter-Apps im Test
Sie heissen Pflotsh, WeatherPro oder ganz einfach SRF Meteo: Wir bewerten den Auftritt, die Datenlage und sagen, was das Besondere an den Apps ist.
Früher hat man kurz aus dem Fenster geschaut, heute blickt man auf das Handy. Der mobile Wetterdienst gehört zum Alltag. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass es einen Korb voll Wetter-Apps auf dem Markt gibt. Die Qualität der Wettervorhersagen der einzelnen Anbieter ist heute nicht mehr so unterschiedlich, weil sie grundsätzlich alle auf die Daten gängiger Wettermodelle zurückgreifen. Wenn also das derzeit beste Wettermodell für Europa, das ECMWF-Modell, die Temperatur zu hoch oder zu niedrig einschätzt, dann überträgt sich das auch auf die Vorhersagen der Apps.
Ein Qualitätskriterium ist deshalb unter anderem, ob die User ein Instrument erhalten, um die Güte der Mobile-Vorhersagen selber einschätzen zu können. Das betrifft auch die vermeintliche Genauigkeit etwa der örtlichen Temperatur- und Niederschlagswerte, die letztlich auf Modellen basieren. Zum Standard aller Apps gehören die Radardaten, die Niederschlagsgebiete aktuell und als Prognosen abbilden. Für die Schweiz stammen alle Daten von den fünf Wetterradaren von Meteo Schweiz. Eine Ausnahme bilden die Grenzgebiete, da greifen Wetterdienste teilweise auch auf die Radarsysteme der Nachbarländer zurück. Wir haben fünf empfehlenswerte Wetterdienste geprüft und stellten fest, wie gross die Vielfalt der Anwendungen ist – für jedes Publikum hat es etwas. Eines sei aber jetzt schon gesagt: Wetter-Apps kommen nicht nur bei Hitzewellen an die Grenzen, auch bei der zeitlichen und örtlichen Genauigkeit von Gewittervorhersagen sind Limiten gesetzt – vor allem in der topografisch stark gegliederten Schweiz.
Meteo Schweiz – der Klassiker
Auftritt: Schnörkellos, deshalb sehr übersichtlich. Die Startseite präsentiert sich wie ein Inhaltsverzeichnis, dessen einzelne Angebote mit einem Klick aufgerufen werden können: Wetter vor Ort, Wochenprognose, Animationen, Gefahren- und Warnkarten (Unwetter, Hochwasser, Waldbrand etc). Zudem lassen sich auf der Startseite das aktuelle Wetter und die Wochenprognose mit entsprechenden Warnmitteilungen einzelner Ort speichern. Empfehlenswert sind die Blog-Beiträge für jene, die mehr zu Wetter und Klima wissen wollen.
Daten: Die App macht Prognosen sieben Tage in die Zukunft. Das ist ehrlich, weil Wetterprognosen über eine längere Zeitspanne mit den heutigen Modellen mit grossen Unsicherheiten behaftet sind. Meteo Schweiz deckte diese Zeitspanne bisher mit dem eigenen lokalen Wettermodell Cosmo-2 ab, das eine räumliche Auflösung von 2,2 Kilometer hat. Neu kommt die optimierte Fassung Icon zum Zuge. Ob die Wetterprognosen dabei spürbar besser werden, muss sich allerdings erst weisen. Die lokalen Prognosen werden mithilfe der Basisdaten des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) berechnet.
Das Besondere: Meteo Schweiz stellt bei den Temperatur- und Niederschlagsprognosen stets einen Fehlerbereich dar, um den Usern die Unsicherheiten der Voraussage aufzuzeigen. Zudem erfährt man, wie weit die nächste Messstation von Meteo Schweiz vom eigenen Standort entfernt ist, was für die Einschätzung der Prognose ebenfalls hilfreich ist. Zudem: Daten der einzelnen Meteo-Schweiz-Messstationen etwa zur Temperatur, Niederschlag oder Sonnenscheindauer lassen sich weit zurück grafisch darstellen. Für alle, die auch etwas über den Klimawandel erfahren möchten.
Die App ist gratis – deckt aber nur die Schweiz ab. Für das Ausland muss man sich Alternativen suchen.
Pflotsh ECMWF – die Umfassende
Auftritt: Pflotsh – der Name kommt vom Mundartbegriff Pflotsch (Schneematsch) – verfolgt ein anderes Konzept als üblich. Wetterdaten werden auf der Startseite kartografisch dargestellt. Weltweit. Für jemand, der vor allem an Grafiken und Kurven gewöhnt ist, ist das eine Umstellung. Den Karten-Ausschnitt kann sich jeder selber wählen. Mit Tippen auf die Karte erhält man die entsprechenden regionalen Wetterinformationen. Die App bietet eine grosse Fülle an Informationen. Neben den gewohnten Temperatur-, Niederschlags- und Sonnenscheindaten lassen sich Wolken in verschiedenen Höhen abbilden, verschiedene Daten sind kombinierbar, und unterschiedliche Niederschlagssummen lassen sich präsentieren. Zudem kann man diverse Wetterbeobachtungen auf die Startseite setzen, um etwa zu erfahren, wo Gewitter auftreten. Die User können Wetterprognosen aber auch – wie üblich – für ausgewählte Orte grafisch und tabellarisch abfragen.
Daten: Die App wird von Kachelmannwetter betrieben. Die Daten werden nach eigenen Angaben unter anderem mit dem Modell ECMWF/Global Euro HD des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage berechnet. Dies erfolgt zwei- bis viermal täglich. Pflotsh bietet Wetterprognosen für zehn Tage an.
Das Besondere: Die App stellt nicht nur die Ergebnisse von einem einzelnen Wettermodell dar. Es bildet die Resultate von drei verschiedenen Modellen ab. Die User können damit vergleichen und überprüfen, wie sicher die Prognosen sind. Das lässt sich jeweils für sieben Tage machen.
Bemerkenswert für Hobbymeteorologen ist zudem: Es lassen sich unter anderem Druckkarten für fünf verschiedene Höhenniveaus erstellen und über mehrere Tage animieren. Damit kann man die Luftströmungen mit ihren Tief- und Hochdruckzonen in grosser Höhe verfolgen, die letztlich für das Wetter auf der Erdoberfläche verantwortlich sind.
Die App Pflotsh ECMWF kann man probehalber testen, sie kostet sonst mit Zugriff auf alle umfangreichen Funktionen 48 Franken im Jahr. Als Alternative gibt es auch Pflotsh Super HD für Prognosen für Mitteleuropa. Dabei verwendet Kachelmannwetter nach eigenen Angaben ein lokales Wettermodell mit einer räumlichen Auflösung von 1 x 1 Kilometer. Damit kann er den Einfluss der Schweizer Topografie auf das Wetter besser modellieren. Zudem gibt es Pflotsh Storm oder Pflotsh Tropical.
SRF Meteo – die Schöne
Auftritt: Die in einem Dunkelblau gehaltene Startseite der Wetter-App des Schweizer Radios und Fernsehens besticht durch die gediegenen, grafischen Darstellungen. Die gesamte App ist aus einem Guss. Die wichtigen Daten zu den Wetterprognosen (Temperatur, Niederschlag, Wind) ausgewählter Orte sind auf einen Blick ersichtlich und es können örtliche Wetterwarnungen generiert werden. Der Niederschlagsradar wurde dem grafischen Konzept angepasst. Die Führung ist auf dem Handy einfach: örtliche Wetterprognose am Standort des Users, kartografisch dargestellte Wetterdaten, Wetterbericht und Meteo-Storys, die für ein Laienpublikum geschrieben wurden.
Daten: Die grafische Darstellung und die Lokalprognosen werden laut SRF Meteo mithilfe von verschiedenen Wettermodellen automatisch generiert. Die Prognose im Fernsehen hingegen erstellen die Meteorologen und Meteorologinnen von SRF Meteo. Sie werten dabei verschieden Modelle aus und lassen eigene Erfahrungen in die Bewertung einfliessen. Das sei der Grund, dass App-Informationen oft nicht mit jenen im Fernsehen übereinstimmten.
Das Besondere: Die App ist auf besondere Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet. So gibt es eine Schwüle-Prognose, eine Karte und grafische Darstellungen zum Badewetter sowie zum Surf- und Segelwetter mit detaillierten Windinformationen. Was natürlich auf einer App eines TV-Kanals nicht fehlen darf, sind Webcams. Aktuelle Bilder gibt es aber fast ausschliesslich aus der Deutschschweiz, dem Wallis und dem Tessin.
Die App ist im Ausland einsetzbar und gratis.
WeatherPro – die Gradlinige
Auftritt: Diese App ist so richtig auf den Handygebrauch mit vertikal und seitwärts Scrollen ausgerichtet: das aktuelle Wetter und Prognosen für den eigenen Standort, Radar-Karte und Module, die jeder User nach Eigenbedarf hinzufügen kann. Mit einem Klick wechselt man auf die Seite mit den Vorhersagen und scrollt sich seitwärts durch die üblichen Wetterdaten wie Temperatur, Niederschlag und Feuchtigkeit. Die App macht Prognosen über 14 Tage, allerdings ohne Unsicherheitsangaben, die in diesem Fall zwingend notwendig wären.
Daten: Hinter dieser Wetter-App steckt die Firma MeteoGroup Deutschland. Ihre Daten beruhen auf den üblichen Modellen: auf dem europäischen ECMWF-, dem amerikanischen GFS- oder dem britischen UKMO-Modell.
Das Besondere: Der Aufbau der App ist für User geeignet, die einen schnellen Blick auf das aktuelle Wetter oder die kommenden Tage werfen möchten. Zudem ist die App gut im Ausland einsetzbar, da es über Radardaten für verschiedene Weltregionen verfügt: Europa, Nordamerika und Australien.
Das App kostet rund neun Franken im Jahr.
Wetteronline – die Professionelle
Dieser Wetterdienst ist nicht als App empfehlenswert, sondern auf dem Desktop unter www.wetteronline.ch/profiwetter/europa. Der Grund: Hier gibt es kostenlos die Profi-Wetterkarten, die auf einem Desktop oder Laptop besser lesbar sind. Wer sich speziell für Wetter und Wetterentwicklung interessiert, kann sich Druckkarten für verschiedene Höhen für Europa und weltweit darstellen lassen oder Wolkenentwicklungen sowie die Bewegung der Fronten. Alle Darstellungen kann man über mehrere Tage animieren, sodass der Wetterinteressierte seine eigene Wetterprognose herauslesen kann. Dazu kommen Darstellungen zum Beispiel des Bodendrucks von Modellen, die mehrmals unter verschiedenen Anfangsbedingungen (Ensembles) liefen. Wer sich ein Spiel daraus machen will, kann mit diesen Daten die Wetterprognosen der Profis prüfen.
Dieser Artikel wurde aktualisiert, er erschien erstmals im Juli 2022.
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