Affäre um Beschattungen Finma nimmt Credit Suisse ins Visier
Die Finanzmarktaufsicht hat im Fall um den Topbanker Iqbal Khan ein Enforcementverfahren eröffnet. Das kann Folgen für die Grossbank haben.
Für die Grossbank Credit Suisse ist die Affäre um die Beschattung ihrer Topmanager wie Iqbal Khan noch nicht vorbei: Die Finanzaufsicht Finma teilte mit, dass sie wegen der Affäre ein sogenanntes Enforcementverfahren gegen die Bank eröffnet. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die Beschattungen korrekt dokumentiert und von den zuständigen Gremien kontrolliert wurden.
In dieser Frage droht der Bank und den verantwortlichen Managern noch ein Rüffel von der Aufsicht. Die Finma verlangt bei Missständen in der Regel nötige Korrekturen in den Abläufen. Bussen sind eher nicht zu erwarten, weil die Finma nur zu Unrecht erwirtschaftete Gewinne einziehen kann. Kann die Aufsicht Fehlverhalten einzelner Manager nachweisen, reicht das Instrumentarium von einer Rüge bis hin zum Berufsverbot.
Wer wusste von den Observationen?
Anfang Jahr hatte die Aufsicht den Anwalt Thomas Werlen von der Kanzlei Quinn Emanuel damit beauftragt, die Beschattungsaffäre zu untersuchen. Die Bank wehrt sich bislang erfolglos gegen diese Berufung. Werlens Abschlussbericht liegt nun der Finma vor, über den Inhalt äussert sich die Aufsicht allerdings nicht. Was der Sonderprüfer gefunden hat, ist aber gravierend genug, dass die Aufsicht nun das Verfahren gegen die Bank eröffnet.
Bekannt ist, dass die damalige Nummer zwei der Bank, Chief Operating Officer Pierre-Olivier Bouée, gemeinsam mit dem früheren Sicherheitschef Remo Bocalli die Beschattung des damaligen Chefs der Vermögensverwaltung, Iqbal Khan, angeordnet hatte. Khan wurde observiert, weil er zur UBS wechseln wollte. Khan bemerkte aber Verfolger, die für die Firma Investigo arbeiteten, und erstattete Strafanzeige wegen Nötigung. Damit kam die ganze Affäre ans Licht der Öffentlichkeit.
Wenig später wurde bekannt, dass zuvor bereits der frühere Personalchef Peter Goerke ebenfalls beschattet worden war. Bis heute weiss aber offenbar nicht einmal Goerke selbst, warum dies geschah.
Unklar ist ferner, wer genau in der Bank in die Beschattungen noch neben Bouée und Bocalli involviert war. Ex-Bankchef Tidjane Thiam hat stets bestritten, von den Observationen gewusst zu haben. Als die Beschattung Goerkes im vergangenen Dezember publik wurde, hatte der Verwaltungsrat um Präsident Urs Rohner aber das Vertrauen in Thiam verloren und ihn vor die Tür gestellt.
Die Grossbank wird den Schatten der Spygate-Affäre also nicht so schnell los.
Bevor die Finma einen Sonderprüfer einsetzte, hatte die Bank selbst die Vorgänge von der Kanzlei Homburger untersuchen lassen. Schon der Homburger-Bericht liefert Hinweise, dass viele Dinge damals nicht sauber abgelaufen waren, was nun offenbar die Aufsicht auf den Plan ruft.
So ist bekannt, dass Sicherheitschef Bocalli und Bouée miteinander mit der verschlüsselten App Threema kommunizierten. Zudem ist der E-Mail-Verkehr nicht mehr vollständig erhalten, einige Mails sind gelöscht. «Die absichtliche Löschung von Kommunikation könnte als Verletzung der einwandfreien Geschäftstätigkeit gewertet werden», hatte Michael Kunz von der auf Finanzmarktrecht spezialisierten Kanzlei Kunz Compliance dieser Zeitung erklärt.
Dokumentationspflicht verletzt?
Ferner hatte der Homburger-Bericht festgestellt, dass es «keine schriftlichen Instruktionen» für die Überwachung Khans gibt. Dies könnte gegen die Dokumentationspflicht der Bank verstossen haben. Denn ein solch wichtiges Geschäft sollte von den zuständigen Organen beschlossen werden und entsprechend dokumentiert sein. Fragen gibt es ferner zur Verbuchung der Kosten der Observationen, diese sind offenbar verschleiert worden. Wie aus Finanzkreisen verlautet, ist die Art, wie die Kosten in den Büchern der Credit Suisse verschleiert worden sind, von besonderem Interesse für die Finma. Die Aufsicht selbst äussert sich dazu nicht.
Die Credit Suisse teilt heute Morgen mit, die Eröffnung des Verfahrens zur Kenntnis zu nehmen, sie will mit der Aufsicht vollständig kooperieren. Die Bank betonte, dass Beschattungen nicht zur Kultur der Bank gehörten. Quellen aus dem Umfeld der Bankspitze geben sich betont gelassen, man sähe dem Abschluss der Untersuchung recht entspannt entgegen, so eine Quelle. Die Finma erklärte, dass der Abschluss ihres Verfahrens «mehrere Monate» in Anspruch nehmen würde. Die Grossbank wird den Schatten der Spygate-Affäre also nicht so schnell los.
Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein glaubt, dass der Fall Bedeutung für die gesamte Finanzszene hat. Denn es gehe um die Frage, wie man innerhalb einer Bank miteinander kommuniziere, sagte Gottstein auf einer Finanzkonferenz der «Finanz und Wirtschaft». Die Sache könne daher einen «Standard für die Branche setzen», so Gottstein.
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