Demonstration in Zürich«Mehr Velo, weniger Repression»: Demo für die Critical Mass rollte durch Zürich
Mit einer Fahrt quer durch die Stadt demonstrierten mehrere Tausend Velofahrerinnen und -fahrer gegen eine «Kriminalisierung des Velofahrens». Es kam zu Verkehrsbehinderungen auch auf dem Tramnetz.
Mehrere Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich am Freitag gegen 19 Uhr mit ihrem Velos beim Bürkliplatz versammelt. Von dort brechen sie zu einer Velodemo quer durch die Stadt auf.
Die Stimmung ist gelöst, locker. «Mehr Velo, weniger Repression» und «Züri zu bünzlig für Critical Mass» ist auf Plakaten zu lesen, die an Velos angebracht sind.
Es brauche dringend mehr Velospuren in der Stadt, begründet ein 35-jähriger Architekt aus Zürich seine Teilnahme an der Demo. Eine andere Demoteilnehmerin sieht es ähnlich. Zürich müsse endlich vorwärtsmachen mit der Veloförderung, meint die 58-jährige Buchhalterin aus Zürich. «Velostadt Zürich» sei eigentlich ein Etikettenschwindel.
Die Kundgebung war bewilligt. Und anders als bei der Veloaktion Critical Mass war die Route festgelegt und mit der Stadtpolizei im Vorfeld abgesprochen worden. Die Polizei bestätigte am Freitagabend die Zahl von mehreren Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Polizei warnte vor Verkehrsbehinderungen
Die Demoroute führte unter anderem über den General-Guisan-Quai, die Hardbrücke, den Sihlquai, die Langstrasse und den Limmatquai.
Die Stadtpolizei Zürich hatte im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Innenstadt zwischen 19 und 22 Uhr zu Verkehrseinschränkungen kommen dürfte. Sie gab deshalb die Empfehlung heraus, das Gebiet während dieser Zeit zu umfahren oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen.
Zu den Organisatoren der bewilligten Velodemo gehören Pro Velo Zürich, Umverkehr, Grüne, Juso, «Velo Mänsche Züri», «Vélorution» und Klimastreik.
Mit der Kundgebung wollten sie ihre Solidarität mit der «Critical Mass» ausdrücken, wie sie mitteilen. Die jeweils am letzten Freitag des Monats stattfindenden Protestfahrten gegen die Verkehrspolitik dürfen seit einem Entscheid des Statthalters vom vergangenen Sommer nicht mehr wie früher ohne Bewilligung stattfinden.
Bewilligungspflicht hat Folgen für Critical Mass
Davor hatten jeweils Tausende von Velofahrenden an den Critical-Mass-Ausfahrten teilgenommen, was wiederholt zu längeren Staus und Ärger bei Autofahrenden und den Parteien FDP und SVP führte.
Die Stadt hatte die Critical Mass lange nicht als bewilligungspflichtige Kundgebung eingestuft, musste ihre Haltung jedoch nach dem Statthalter-Entscheid ändern. Seit Juli 2023 gilt für die Critical Mass eine Bewilligungspflicht. An unbewilligten Ausfahrten drohen seither Wegweisungen und Bussen, was die Teilnehmerzahl markant zurückgehen liess.
Dagegen wehren sich die Organisatoren der Velodemo vom Freitag. «Velofahren ist kein Verbrechen – die Critical Mass Züri muss wieder frei rollen», fordern sie. Die «willkürliche Kriminalisierung von Menschen auf dem Velo» müsse gestoppt werden, eine «rückwärts gerichtete, velofeindliche Repression» sei eines modernen Zürichs nicht würdig, eine Velostadt brauche eine lebendige Velokultur.
Flächenbewilligung wurde abgelehnt
An der Velodemo mit dabei ist auch SP-Kantonsrat Nicola Siegrist. Der Juso-Schweiz-Präsident hatte das Gesuch für die Demonstration eingereicht. Er habe eine Velodemo ohne vordefinierte Route beantragt, sagte er auf Anfrage. Leider habe die Stadt diesem Begehren nach einer sogenannten Flächenbewilligung eine Absage erteilt.
Mit der Velodemo möchte Siegrist «ein starkes Zeichen an die Stadtregierung, die kantonalen Behörden und die FDP senden», sagt er. «Die Velofahrerinnen und -fahrer in Zürich wollen eine Critical Mass und möchten nicht, dass die Stadtpolizei diese im Keim erstickt.» Dahinter stehe die einfache Forderung, dass Velofahren in Zürich endlich sicherer und attraktiver wird.
«Heuchlerische Doppelmoral» im Jahr der Rad-WM
Auch Lukas Bühler von den «Velo Mänsche Züri» gehört zu den Organisatoren der bewilligten Velodemo. Velofahrende würden während der Critical Mass von der Polizei «durch die Stadt gejagt und eingekesselt», sagt er. Velos würden mit teils fadenscheinigen Argumenten für Monate konfisziert. Das sei unwürdig für Zürich und eine «heuchlerische Doppelmoral» gerade in einem Jahr, in dem die Weltelite der Fahrradfahrerinnen und -fahrer für die Weltmeisterschaft empfangen werde und dafür viele Hauptverkehrsachsen tagelang gesperrt seien.
Für Matthias Probst, Gemeinderat der Grünen, haben die Stadtzürcher «mehr verdient als Tag für Tag im Autochaos zu ersticken». Es brauche mindestens einmal im Monat Luft und Platz für jene Verkehrsteilnehmenden ein, «die Teil der Lösung und nicht Teil des Problems» seien.
Korrektur vom 23.3., 18 Uhr: In einer früheren Version dieses Artikels war im Zusammenhang mit der Critical Mass von einem Gerichtsentscheid die Rede. Es ging allerdings um einen Entscheid des Statthalters.
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