US-Präsident unter Druck Mehrere reiche Geldgeber wenden sich von Biden ab
Bekannte Unterstützer haben angekündigt, die Demokraten erst wieder bei einem Kandidatenwechsel zu unterstützen. Joe Biden braucht jetzt einen Befreiungsschlag zur besten Sendezeit.
Präsident Joe Biden gerät in seiner Wiederwahlkampagne nun auch unter Druck wichtiger demokratischer Geldgeber. Eine Reihe von Spendern hat öffentlich angekündigt, dass sie Gelder zurückhalte, sollte Biden nicht als Kandidat der Partei abgelöst werden. Dazu gehören Abigail Disney, eine Erbin des Disney-Familienvermögens, der Hollywood-Agent Ari Emanuel, Netflix-Co-Gründer Reed Hastings, Philantropin Karla Juvertson sowie Unternehmer Gideon Stein.
Abigail Disney sagte, ihre Absicht beruhe auf «Realismus, nicht auf Respektlosigkeit». Biden sei ein guter Mann, der dem Land in bewundernswerter Weise gedient habe. Aber: «Wenn Biden nicht zurücktritt, werden die Demokraten verlieren. Die Folgen dieser Niederlage werden wirklich schrecklich sein.» Ari Emanuel hofft deshalb darauf, dass mehr demokratische Geldgeber sich Biden verweigern. «Das Lebenselixier einer Kampagne ist Geld, und vielleicht ist der einzige Weg, dass das Geld versiegt», sagte er der «New York Times».
Laut der Zeitung gibt es auch bereits eine Lobbygruppe wohlhabender Demokraten unter der Führung von Krypto-Milliardär Mike Novogratz, die unter dem Namen Next Generation Pac versucht an der Wallstreet und im Silicon Valley Einfluss zu gewinnen, um 50 bis 100 Millionen Dollar für einen Biden-Ersatzkandidaten zu sammeln.
Biden: «Ich gehe nirgendwo hin»
Der US-Präsident versucht sich derweil in der aufgeheizten Wahlkampfdebatte um seinen möglichen Rückzug selbstbewusst zu geben. «Ich werde nirgendwo hingehen», sagte Biden bei einem Grillfest für aktive Militärangehörige im Garten des Weissen Hauses anlässlich der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag. Ein Unterstützer hatte zuvor gerufen: «Kämpfen Sie weiter! Wir brauchen Sie!»
An diesem Freitag will Biden ein TV-Interview geben, um Zweifel an seiner Eignung zu zerstreuen. Es soll zur besten Sendezeit (2 Uhr Schweizer Zeit in der Nacht zum Samstag) ausgestrahlt werden. Während des Interviews wird er frei sprechen müssen. Bei seinen Terminen am Nationalfeiertag las Biden wie bei fast allen Auftritten weitgehend vom Teleprompter ab, verhaspelte sich aber ein ums andere Mal.
Berichte: Biden will Abendtermine einschränken
Bidens Gesundheit und die Frage, ob er noch fit genug fürs Amt ist, sind in den vergangenen Monaten immer wieder Thema gewesen. Nun sorgen neue Berichte für Aufsehen. In einem Gespräch mit Gouverneurinnen und Gouverneuren soll Biden Medienberichten zufolge gesagt haben, er müsse mehr schlafen und weniger arbeiten. Das bedeute auch, seine Teilnahme an Veranstaltungen nach 20 Uhr zu beschränken.
CNN berichtete, dass Bidens Äusserungen einige der Gouverneure frustriert hätten. Bereits zuvor hatten US-Medien geschrieben, dass Biden vor allem am Abend häufig nicht mehr sonderlich fit sei und bei solchen Terminen die Gefahr für Versprecher besonders hoch sei. Auch die TV-Debatte mit Trump vor einer Woche fand am Abend statt.
Trump fordert Biden erneut heraus
Trump nutzt die aktuelle Schwäche seines Kontrahenten für eigene Zwecke. In den vergangenen Tagen hielt sich der sonst eher krawallig auftretende Republikaner auffällig zurück. Nun schrieb der 78-Jährige, dass bei einer weiteren Debatte Bidens mangelnde Kompetenz deutlich werden werde. «Lasst uns eine weitere Debatte veranstalten, aber dieses Mal ohne Tabus – eine Diskussion, bei der nur wir beide auf der Bühne stehen und über die Zukunft unseres Landes sprechen», schrieb er auf seinem Sprachrohr Truth Social.
Ein zweites TV-Duell ist ohnehin geplant – und zwar im September, also nach dem Parteitag der Demokraten in Chicago im August. Dort soll Biden eigentlich offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden. Bei den Vorwahlen hat er die nötigen Delegiertenstimmen dafür gesammelt. Offen ist nun, ob er dem Druck in seiner eigenen Partei weiter standhalten kann – oder doch noch das Handtuch wirft.
Newsom: «Fallt nicht dieser Negativität zum Opfer»
Schützenhilfe erhielt Biden erneut vom kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom. Bei einem von Bidens Wahlkampfteam und dem Weissen Haus veranstalteten Unabhängigkeitstags-Picknick im US-Staat Michigan versicherte er den anwesenden Demokraten, der 81-jährige Präsident habe das Zeug dazu, bei der Wahl im November eine zweite Amtszeit zu gewinnen und effektiv zu regieren. «Dies ist ein ernster Moment in der amerikanischen Geschichte. Es ist nicht kompliziert», sagte Newsom. «Ich muss euch davon überzeugen, nicht fatalistisch zu sein, nicht dieser ganzen Negativität zum Opfer zu fallen. (…) Tut mehr, macht euch weniger Sorgen.» Newsom ist ein wichtiger Fürsprecher Bidens, wird aber zugleich als möglicher Ersatzkandidat gehandelt, sollte der 81-Jährige seine Bewerbung doch noch zurückziehen.
AFP/DPA/nlu
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