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Meinung

Schlechte Umfragewerte
Natürlich kann Biden noch gewinnen

epa11041583 US President Joe Biden reacts as First Lady Jill Biden reads children and their family members Twas the Night Before Christmas at Children's National Hospital in Washington, DC, USA, 22 December 2023. US President Joe Biden and First Lady Jill Biden are visiting patients and families at the Children's National Hospital ahead of the Christmas holiday weekend.  EPA/JULIA NIKHINSON / POOL

Das Christkind hat Joe Biden nicht mit einem Überraschungsgeschenk bedacht. Der US-Präsident beginnt das neue Jahr in derselben ungemütlichen Lage, in der er 2023 zu Ende brachte: Biden zieht beinahe schon als Aussenseiter in die Wiederwahl gegen den Möchtegern-Diktator Donald Trump. Weniger als vier von zehn Amerikanerinnen und Amerikanern finden, er leiste gute Arbeit. Und obwohl Trump einen gewaltsamen Staatsstreich anzuzetteln versuchte, platzieren ihn nun viele Umfragen entweder gleichauf mit Biden – oder sogar in Führung.

Kann Biden die Präsidentschaftswahl überhaupt noch gewinnen? Selbstverständlich. Die Umfragen elf Monate vor der Wahl zeichnen ein viel zu holzschnittartiges Bild. Der angebliche Vorsprung von Trump, der seit Monaten Schlagzeilen macht, schrumpft bei genauerer Betrachtung zusammen. Die meisten Auswertungen beruhen auf Antworten von rund 1000 Wahlberechtigten, in einem Land von mehr als 170 Millionen registrierten Wählern.

Meistens führt Trump mit Werten, die sich lediglich im statistischen Fehlerbereich bewegen, was bedeutet, dass die beiden Männer in etwa gleichauf liegen. Ausserdem dürfte mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten an der Wahl gar nicht teilnehmen. In Umfragen bei Personen, die auch wirklich ihre Stimme abgeben wollen, schneidet Trump schlechter ab – allerdings noch immer viel zu gut für einen Kandidaten, der Amerikas Demokratie ins Wanken brachte.

Biden hat noch viel Zeit

Und zu guter Letzt: Zehn Monate vor dem Wahltermin haben solche Umfragen beschränkte Aussagekraft über die wahren Stimmabsichten. Bidens Unterstützer werden nicht müde, das zu betonen: Ein durchschnittlicher Wähler in einem der entscheidenden Swing States denke nur vier Minuten an Politik – pro Woche. Der Präsident habe darum noch viel Zeit, seine Leistungen herauszustreichen und vor seinem Gegner zu warnen.

Es soll kein zu rosiges Bild entstehen. Allein die Tatsache, dass Trump Biden derart in Bedrängnis zu bringen vermag, ist ein Alarmsignal. Der «orangefarbene Jesus», wie ihn einige Republikaner nennen, hat Chancen zu gewinnen. Biden muss es noch einmal fertigbringen, eine breite Koalition zu mobilisieren, was ihm 2024 viel schwererfallen wird als noch 2020.

Damals konnte der Demokrat die Angst vor Trump schüren. Diesmal aber halten ihn viele Wählerinnen und Wähler schlicht für zu alt, sie sehen ihn als Teil desselben Problems wie Trump, als Ausdruck einer verknöcherten, starren Politik, zu weit entfernt von den Alltagssorgen und -nöten der Bevölkerung. Warnungen vor einem Diktator Trump helfen da nur begrenzt, auch wenn sie berechtigt und gar nötig sind.

Aussenpolitisch hat Biden wenig Spielraum. Unter anderem seine Unterstützung für Israel im Gaza-Krieg macht ihn bei Progressiven und Jungen unpopulär und lässt seinen Rückhalt bei Afroamerikanern schwinden. Darum versucht Biden nun, in der politischen Mitte Boden gutzumachen. Eine neue, strengere Migrationspolitik soll diese Wähler davon überzeugen, dass er die hohe Einwanderung in geregelte Bahnen lenken kann. Seine Vizepräsidentin Kamala Harris sendet er auf Tournee, um in Erinnerung zu rufen, dass Trump und die Republikaner den Zugang zu Abtreibungen erschwert haben. Entscheidend aber dürfte sein, ob es Biden gelingt, die Wirtschaft auf Wachstumskurs zu halten. Und ob es ihm doch noch gelingt, das als seine Leistung zu präsentieren.