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Handelskrieg um Halbleiter
USA wollen die letzten Chip-Schlupflöcher in China stopfen

Jensen Huang, co-founder and chief executive officer of Nvidia Corp., speaks during the Taipei Computex expo in Taipei, Taiwan, on Monday, May 29, 2023. In a two-hour presentation in Taiwan, Huang unveiled a new batch of products and services tied to artificial intelligence, looking to capitalize on a frenzy that has made his company the world's most valuable chipmaker. Photographer: I-Hwa Cheng/Bloomberg via Getty Images
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Als die US-Regierung China vor einem Jahr von Computerchips für die Entwicklung künstlicher Intelligenz abschneiden wollte, hatte der wichtigste Hersteller Nvidia schnell eine Lösung parat: Er senkte einfach die Geschwindigkeit seiner Flaggschiff-Produkte A100 und H100 unter die vom Verbot eingeschlossenen Leistungsvorgaben, und schon konnte das Milliardengeschäft mit der Volksrepublik fröhlich weitergehen.

«Diese Exportkontrollen sollen Technologien schützen, die eindeutig Auswirkungen auf die nationale Sicherheit oder die Menschenrechte haben.»

Gina Raimondo, Handelsministerin

Doch diesem Geschäft schiebt das US-Handelsministerium mit der Ausweitung seiner Chip-Beschränkungen nun einen Riegel vor. «Diese Exportkontrollen sollen Technologien schützen, die eindeutig Auswirkungen auf die nationale Sicherheit oder die Menschenrechte haben», sagte Handelsministerin Gina Raimondo bei der Bekanntgabe der neuen Vorschriften.

Es gehe darum, China von Durchbrüchen in der Entwicklung künstlicher Intelligenz abzuhalten. Dafür braucht es spezielle Chips, die grosse Datenmengen für das Training von Software wie Chat-GPT verarbeiten können. Künstliche Intelligenz habe das Potenzial, die Gesellschaft voranzubringen. «Aber sie kann auch enormen und tiefgreifenden Schaden anrichten, wenn sie in den falschen Händen und in den falschen Streitkräften ist.»

Die «allermeisten» Chip-Exporte in die Volksrepublik sind laut Raimondo weiterhin nicht eingeschlossen, etwa solche für Smartphones oder Laptops. China ist der wichtigste Hersteller von Konsumelektronik für den Weltmarkt.

Firmen hatten gegen eine Ausweitung der Beschränkungen lobbyiert

Von den Kontrollen sind neben Nvidia voraussichtlich auch andere Chip-Entwickler wie Intel und AMD betroffen. Auch könnten die Geschäfte des niederländischen Herstellers von Maschinen für die Halbleiterfertigung, ASML, weiter eingeschränkt werden.

Die Firmen hatten in den vergangenen Monaten in Washington stark gegen eine Ausweitung der Exportbeschränkungen lobbyiert. Sie hatten unter anderem davor gewarnt, dass ihnen wegen wegbrechender Verkäufe in China das nötige Geld für Investitionen in Chipfabriken in den USA fehlen könnte.

Der Branchenverband Semiconductor Industry Association erklärte: «Zu weitreichende, einseitige Kontrollen können dem US-Halbleiter-Ökosystem schaden, ohne die nationale Sicherheit zu fördern, da sie Kunden aus dem Ausland dazu ermutigen, sich woanders umzusehen.» Er rief die US-Regierung auf, sich nun mit ihren Verbündeten abzustimmen, «um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen zu gewährleisten».

Zwar hatten die USA etwa mit den Niederlanden und Japan vor einigen Monaten eine Einigung über koordinierte Technologiebeschränkungen gegenüber China erzielt. Die Regeln in den verschiedenen europäischen und asiatischen Ländern unterscheiden sich jedoch nach wie vor in einigen Belangen, was China Schlupflöcher eröffnen könnte.

Experten rechnen mit Vergeltungsmassnahmen

Die neuen Kontrollen werden die Beziehungen zwischen Washington und Peking ziemlich sicher weiter belasten. China hatte auf vorherige Beschränkungen reagiert, indem es den Verkauf von Chips des US-Herstellers Micron faktisch verbot und eine Genehmigungspflicht für den Export wichtiger Rohstoffe wie Gallium und Germanium erliess.

Fachleute rechnen nun mit weiteren Vergeltungsmassnahmen. Spekuliert wird etwa, dass chinesische Behörden die 61 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Technologieunternehmens VMware an den Halbleiterkonzern Broadcom blockieren könnten.

Als Teil der neuen Regeln setzte die US-Regierung auch zwei chinesische Firmen, die Chips für künstliche Intelligenz anbieten, auf eine Liste mit Handelsbeschränkungen. Und sie schreibt vor, dass Unternehmen eine Lizenz der US-Regierung einholen müssen, bevor sie an diese Firmen liefern dürfen.

Im Prinzip kann China auch Fortschritte in der Entwicklung künstlicher Intelligenz machen, wenn es nur genügend weniger leistungsfähige Chips zusammenkauft.

Die betroffene Firma Shanghai Biren Intelligent Technology protestierte dagegen. Biren gehört zusammen mit Huawei und SMIC zu den Firmen, die Peking mit viel Geld als Alternativen zu ausländischen Technologielieferanten aufbaut. Huawei hatte zuletzt mit dem Launch seines neuen Flaggschiff-Smartphones Mate 60 Pro für Aufsehen gesorgt, weil es trotz US-Sanktionen Daten mit 5G-Geschwindigkeit übertragen können soll. Das hatte Zweifel an der Wirksamkeit der US-Massnahmen aufkommen lassen.

Im Prinzip kann China auch Fortschritte in der Entwicklung künstlicher Intelligenz machen, wenn es nur genügend weniger leistungsfähige Chips zusammenkauft. Darauf will die US-Regierung künftig ein stärkeres Auge haben. So müssen Firmen die Behörden künftig über den Export von bestimmten Chipsorten unterrichten, die nicht unter das Verbot fallen. Auch verlangt die Regierung, dass die Firmen eine Lizenz für den Verkauf von Chips in mehr als vierzig Länder beantragen, die als Zwischenhändler für China fungieren könnten.

Die Aktien der Chiphersteller taumelten

Den Zugang zu US-Rechenzentren von Microsoft oder Amazon via Cloud will die Regierung indessen noch nicht einschränken. Das könnte aber in Zukunft kommen, denn theoretisch könnten chinesische Techkonzerne ihre künstlichen Intelligenzen über diesen Umweg trotzdem weiterentwickeln.

Nach der Verkündung der neuen Regeln fiel der Wert der Aktien von Nvidia und anderen Chipherstellern deutlich. Das Geschäft mit China macht je nach Hersteller bis zu ein Drittel der Umsätze aus.

Nvidia erklärte, aufgrund der weltweiten Nachfrage erwarte das Unternehmen «in naher Zukunft keine nennenswerten Auswirkungen auf unsere Finanzergebnisse». Es könne jedoch sein, dass die Entwicklung neuer Chips «beeinträchtigt» werde. Auch Lieferungen in andere Länder wie Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Vietnam könnten sich durch die neuen Regeln erschweren.

ASML erklärte, dass sich diese «mittel- bis langfristig wahrscheinlich auf die regionale Verteilung unserer Systemverkäufe auswirken» würden. Beide Firmen profitieren derzeit stark davon, dass viele Länder aus Gründen der Versorgungssicherheit die Ansiedlung von Chipfabriken mit Milliarden-Subventionen fördern.