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Monopole der Techriesen
USA knicken gegenüber Google, Meta und Apple ein

Erfolgreiches Lobbying: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und weiteren Big-Tech-Chefs gelang es, schärfere Gesetze zu verhindern.
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Die demokratische Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota gehörte zu einer kleinen Gruppe von Parlamentariern, die in den vergangenen Jahren das Unmögliche versuchten. Sie wollten die sozialen Medien wie traditionelle Medien für die Inhalte verantwortlich machen und den Schutz der Personendaten verbessern. Auch die Aufspaltung der Muttergesellschaften von Google und Facebook – Alphabet und Meta – kam infrage.

«Seit dem Beginn des Internets haben die Plattformen alles getan, um ihre Marktmacht zu sichern», sagt Klobuchar. «Deshalb ist es nie gelungen, die Monopole von Big Tech in den Griff zu bekommen.»

Unter Führung der Demokraten im Kongress wurden zwei richtungsweisende Techvorlagen entworfen. Das «American Innovation and Choice Online»-Gesetz wollte Onlinegiganten wie Amazon verbieten, ihre eigenen Waren gegenüber Konkurrenten bevorzugt anzubieten. Und das «Open App Markets»-Gesetz wollte verhindern, dass App-Anbieter wie Google und Apple die Entwickler von Applikationen an ihr Abrechnungssystem binden konnten. Beide Gesetze hätten die Kontrolle durch die Nutzer verbessert und Missbräuche durch die Techgiganten gebremst.

Aktienkollaps kam Techfirmen zu Hilfe

Aber eben, es blieb beim Entwurf. Die Branche verzögerte die Behandlung der Gesetze im Kongress, wobei ihr die Covid-Krise und der Kollaps der Techblase an der Börse zu Hilfe kamen.

Die Chancen, dass vor den Wahlen 2024 eine griffige Regulierung gelingt, sind gering, haben die Republikaner doch bereits signalisiert, dass sie das Gewicht weg vom Datenschutz und weg von der Monopolmacht hin zur Abrechnung mit der angeblichen Linkslastigkeit der sozialen Medien verschieben wollen. «Aus der Sicht von Wallstreet ist die Chance für eine griffige Regulierung vertan», sagt Daniel Ives, Direktor des Vermögensverwalters Wedbush Securities. «Big Tech profitiert von der Blockade im Kongress.»

Was Meta, Alphabet, Amazon und der Branche als Ganzes zusätzlich hilft, ist die Misere ihrer Aktien an der Börse. Die Konzerne haben mit den steigenden Zinsen mehr als die Hälfte ihres Marktwerts verloren und sind nach Ansicht von Analysten jetzt wieder realistischer bewertet. Aber ihr Image als sichere Gewinner ist zerstört. Neue, beweglichere Konkurrenten wie Tiktok sind für junge Nutzerinnen und Nutzer attraktiver geworden. Der Druck, Google und Meta zu zerlegen, hat auch deswegen nachgelassen.

Die Republikaner glauben, Twitter, Youtube und Facebook steckten mit der Regierung Biden unter einer Decke.

Das Interesse der Republikaner an einer Regulierung war nie auf den Datenschutz und die Marktmacht von Big Tech, sondern auf die politische Rolle der sozialen Medien rund um die Wahlen ausgerichtet. Twitter, Youtube und Facebook, so ihr Verdacht, hätten einen antikonservativen Reflex und steckten mit der Regierung Biden unter einer Decke.

Mehr als ein Verdacht ist das nicht, schlüssige Beweise gibt es nicht. Ganz im Gegenteil: Die Sonderkommission des Kongresses, die den versuchten Regierungsumsturz vom Januar 2021 untersuchte, legt in einem diese Woche öffentlich gewordenen Bericht dar, dass die sozialen Medien, namentlich Twitter, wiederholte Warnungen von Angestellten über den Missbrauch der Plattformen durch Rechtsextremisten ignoriert haben. «Aktuelle Vorfälle zeigen, dass sich an der Verantwortung der sozialen Medien am aufgeheizten Klima der amerikanischen Politik nichts geändert hat», heisst es im Bericht.

Dies hinderte die Republikaner diese Woche nicht daran, eine von ihnen kontrollierte Kommission mit dem Auftrag einzusetzen, «direkte Zensurmassnahmen» der Regierung Biden aufzudecken. Sie soll also nachweisen, dass die Regierung ausdrücklich mit den sozialen Medien zusammengearbeitet hat, um konservative Stimmen zu unterdrücken.

Das Weisse Haus tat die Kommission als «politischen Stunt» ab, aber der Präsident sorgte vor. Er heuerte eine Heerschar von Anwälten für die kommenden Anhörungen an, mit denen echte, wirksame Regulierungen noch weiter in den Hintergrund geschoben werden.

Chancen für Tech-Kartell-Gesetz bei null 

Als gescheitert gilt bereits ein Gesetz, die sozialen Medien punkto inhaltlicher Verantwortung mit den traditionellen Medien gleichzustellen. Es braucht Mehrheiten im Kongress, die nicht zu haben sind, weil auch demokratische Abgeordnete aus Kalifornien, die Big Tech nahestehen, sich querlegen.

Uneinig sind die Republikaner in der Frage, ob ein Anti-Kartell-Gesetz für die Techbranche nötig ist. Diese könnte hin bis zur Aufspaltung von Meta, Alphabet oder Amazon gehen. Aber der neue republikanische Chef des Kongresses, der Kalifornier Kevin McCarthy, hat sich – gleich wie die demokratische Vorgängerin Nancy Pelosi – schützend vor die Branche gestellt. Begründung: «Ich will den Kartellbehörden nicht zu viel Macht geben.» Obwohl Präsident Biden diese Behörden mit zupackenden Chefs besetzt hat, sind die Chancen für ein verschärftes Tech-Kartell-Gesetz auf gegen null gesunken.

Die Branche hat ihr Lobbying seit dem Amtsantritt der Regierung Biden noch einmal ausgebaut. Amazon und Meta beispielsweise beschäftigen inzwischen zusammen fast 200 Lobbyisten und bezahlten dafür gut 40 Millionen Dollar. Zehn Jahr zuvor waren 60 Lobbyisten für die beiden Konzerne unterwegs, wie die Datenbank von Open Secrets zeigt, und das Budget lag bei etwa 6 Millionen Dollar.

Gefecht verlagert sich nach Europa

Die anhaltenden Rückschläge in den USA dürften das Interesse an einer Regulierung zunehmend nach Europa verlagern, heisst es in einem Bericht der Marktforscher von S&P Global Market Intelligence.

Apple, Google, Meta und Amazon haben in der EU mehr Bussen bekommen als in den USA, und die Ermittlungen wegen Marktmissbräuchen sind drängender. Auch haben die Nutzer mit den Europäischen Datenschutzrichtlinien Kontrollen bekommen, von denen US-amerikanische Kundinnen und Kunden nur träumen können.

Dieses Gefälle zwischen den USA und Europa wird nach Ansicht von William Kovacic, ehemaliger Vorsitzender der für die Techindustrie zuständigen Handelskommission, das Gewicht des Lobbyings nach Europa verschieben. «Die USA sind für Big Tech nur noch ein Gefechtsfeld unter vielen – und vielleicht nicht einmal mehr das wichtigste.»