Comedian an Trump-RallyTony Hinchcliffes Witze waren selbst Trumps Team zu rassistisch
Der Komiker wurde schon aus seiner Agentur geworfen. In New York schockte er mit krassen Sprüchen auf Donald Trumps Bühne. Dessen Lager distanziert sich nun von ihm.
- Comedian Tony Hinchcliffe sorgte bei einer Trump-Veranstaltung für Empörung.
- Sein Witz über Puerto Rico stiess bei vielen auf scharfe Kritik.
- Sogar Trumps Wahlkampagne distanzierte sich von Hinchcliffes Äusserungen.
- Die Aussagen könnten negative Auswirkungen auf Trumps Wahlkampf haben.
Normalerweise gilt in der Trump-Welt, frei nach den Royals, die Regel «Never apologize, always maximize»: Man entschuldigt sich für gar nichts, sondern legt im Gegenteil immer noch eine Schippe drauf. Doch nun hat eine Sprecherin des Wahlkampfteams des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump tatsächlich einen Rückzieher gemacht: «Dieser Witz spiegelt nicht die Ansichten von Donald Trump oder seiner Wahlkampagne wider.»
Gerissen wurde besagter Witz von einem Mitglied der «Vorgruppe» bei Trumps Wahlkampfveranstaltung am Sonntag in New York City, nämlich vom umstrittenen Comedian Tony Hinchcliffe. Zehn Minuten stand der jungenhafte Vierzigjährige auf der Bühne, um dem Publikum einzuheizen; und er startete mit einer Kanonade rassistischer Beleidigungen.
«Ich begrüsse Einwanderer mit offenen Armen, und mit ‹offenen Armen› meine ich» – Hinchcliffe hob die Arme, wedelte heftig abwehrend mit den Händen und murmelte: «Geht zurück!» Zotig fuhr er fort: «Diese Latinos machen ja auch so gern Kinder. Die ziehen nicht raus. They come inside just like they did to our country.» (Bitte selbst übersetzen.)
Das Publikum wirkte nur mässig amüsiert, Hinchcliffe doppelte mit einem Rant über die woke Zensurkultur nach und landete bei jenem Witz, von dem sich sogar die Trump-Wahlkämpfer distanzierten: «Ich weiss nicht, ob ihr das wisst, aber da gibts buchstäblich eine schwimmende Müllinsel mitten im Ozean. Ich glaube, man nennt sie Puerto Rico.»
Eine Steilvorlage für die Demokraten
Den Freistaat derart durch den Kakao zu ziehen, ist wahltaktisch nicht geschickt. Zwar gelten Puerto-Ricaner als Bürger zweiter Klasse, die die US-Staatsbürgerschaft haben, aber nicht wählen dürfen bei Präsidentschafts- und Kongresswahlen, wenn sie auf der Insel wohnen. Deshalb interessieren sich Politikerinnen und Politiker oft wenig für die dortigen Verhältnisse, und 2017 wurde der damalige Präsident Trump für seinen empathielosen Umgang mit der von Hurrikanen verwüsteten Insel schwer kritisiert. Doch wenn Trump jetzt die Festland-Puerto-Ricaner gewinnen will – allein im wichtigen Swing-State Pennsylvania leben eine halbe Million von ihnen und über 100’000 in Georgia und in North Carolina –, kommen solche Sprüche nicht gut an.
Besser funktionierten bei den Rally-Besuchern Beleidigungen wie «Die demokratische Partei sieht jeden Tag mehr wie eine P.-Diddy-Party aus» (Hinchcliffe bezog sich da auf die Star-Endorsements auf demokratischer Seite) und die verbalen Kniefälle vor Donald Trump und Elon Musk. Für den Wahlkampf der demokratischen Kandidatin Kamala Harris wiederum war der Puerto-Rico-Fehltritt ein gefundenes Fressen. Selbst republikanische Politiker aus Florida – wo es eine grosse puerto-ricanische Community gibt – tadelten den «Scherz». Und die aus Puerto Rico stammenden Künstler Jennifer Lopez, Bad Bunny und Ricky Martin, die es auf Instagram zusammengezählt auf über 310 Millionen Follower bringen, sprachen sich stante pede öffentlich für die Wahl von Kamala Harris aus.
Harris’ Running Mate, Vize in spe Tim Walz, und die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die ihrerseits puerto-ricanische Wurzeln hat, äusserten sich scharf über die Abwertung des Inselstaats. AOC unterstrich, es müsse jedem klar sein: Wer so über Puerto Rico spreche, der denke auch so über jeden, der weniger Geld habe oder einen Job als Bedienung im Restaurant.
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Der Einzige, der am kruden Bild von der Müllinsel festhielt, war der Comedian. Hinchcliffe, der schon in seiner Kindheit in Ohio für seine gnadenlose Zunge berüchtigt war – am Sonntag spöttelte er auch über seine alleinerziehende Boomer-Mom –, schoss zurück: «Diese Leute haben keinen Sinn für Humor.» Er, Hinchcliffe, liebe es, auf Puerto Rico Ferien zu machen. Es sei Zeit für Tim, seinen Tampon zu wechseln.
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Das war einerseits eine Anspielung darauf, dass die Schulen in Minnesota, wo Tim Walz Gouverneur ist, Tampons zu Verfügung stellen müssen – ein Gesetz, das die Republikaner gegen den Gouverneur zu verwenden versuchten; und andererseits darauf, dass die politischen Gegner Walz gern mangelnde Männlichkeit bis hin zu latenter Homosexualität unterstellen. Allerdings blieb ihr im August eingeführter Spitzname für Walz, «Tampon Tim», nicht wirklich hängen.
Hinchcliffe verlor Agentur nach rassistischem Vorfall
Bleibt die Frage, warum das Trump-Team überhaupt genau diesen Komiker an Bord geholt hat. Schliesslich sind radikale Tabubrüche, übermarchende «Roasts» und rassistische Ausbrüche Hinchcliffes Markenzeichen und Ausdruck seines (problematischen) Freiheitsverständnisses. 2021 verlor Hinchcliffe seine Künstleragentur, nachdem er den asiatisch-amerikanischen Comedian-Kollegen Peng Dang krass rassistisch angegangen war und gleichzeitig die Zuschauer, die Peng Dangs Witze begrüsst hatten, als «Rassenverräter» bezeichnet hatte.
Selbst ein paar Shows beim nach rechts orientierten Podcaster Joe Rogan, mit dem er seit den späten Nullerjahren immer wieder zusammengearbeitet hatte, wurden gestrichen. Seit 2023 ist Hinchcliffes langjähriger Podcast «Kill Tony» – in dieser Liveshow treten Amateur-Comedians auf und werden von Hinchcliffe und anderen beurteilt – allerdings definitiv in Joe Rogans Club Comedy Mothership in Austin daheim.
Um Independents, Frauen und Moderate zu erreichen, ist Hinchcliffe sicher nicht die richtige Figur. Auch seine Frotzeleien über Schwarze und «Wassermelonen» (ein rassistisches Stereotyp) sowie über steinewerfende Palästinenser und papierknüllende (Finanz-)Juden, die er in seinen zehn Minuten herausfeuerte, waren in dieser Hinsicht vermutlich nur bedingt hilfreich.
Freilich ist der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten ja auch nicht davor zurückgeschreckt, 2022 den Antisemiten und Rassisten Nick Fuentes zum Abendessen zu empfangen. Auf seinem Kantengang zwischen moderat republikanisch und extrem rechtspopulistisch neigt sich Donald Trump oft der brutaleren Seite zu. Seine eingefleischten Fans gehen mit.
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