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US-Hilfe im Nahen Osten
Mit Notbrücke will Biden Gaza und sich selbst retten

epa11204004 Humanitarian aid is airdropped over the northern part of the Gaza Strip, as seen from Sderot in southern Israel, 07 March 2024. The international community is combining efforts to increase humanitarian assistance to the residents of Gaza affected by the ongoing conflict. More than 30,000 Palestinians and over 1,300 Israelis have been killed, according to the Palestinian Health Ministry and the Israel Defense Forces (IDF), since Hamas militants launched an attack against Israel from the Gaza Strip on 07 October 2023, and the Israeli operations in Gaza and the West Bank which followed it.  EPA/ATEF SAFADI
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Über das Meer soll mehr Hilfe die vom Hungertod bedrohte Bevölkerung von Gaza erreichen. Die USA werden dafür einen Not-Pier ins Mittelmeer vor der Küste des Palästinensergebiets bauen, teilten Vertreter der US-Regierung am Donnerstag mit. Der schwimmende Pier soll es Hochseeschiffen ermöglichen, vor der Küste Gazas anzulegen, um Lebensmittel und andere Hilfsgüter in grossen Mengen anzuliefern. Hunderte Lastwagen täglich sollen die Waren über die Brücke in den Küstenstreifen transportieren, der seit dem Anschlag der Terrorgruppe Hamas auf Israel vor genau fünf Monaten weitgehend von der Umwelt abgeschnitten und nur unzureichend mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser versorgt ist. Laut Warnungen von UNO-Organisationen ist eine Hungersnot in Gaza kaum mehr abzuwenden.

Der von US-Präsident Joe Biden angeordnete Bau der Notbrücke soll mehrere Wochen dauern. Er hat damit das US-Militär betraut, das mehrere Hundert Soldaten dafür einsetzen will. Diese sollen allerdings den Boden von Gaza nicht betreten, nachdem Biden mehrmals gelobt hatte, in diesem Krieg würden keine amerikanischen Soldaten an Land geschickt. Die Truppen sollen vielmehr in Schiffen vor der Küste stationiert bleiben.

Aus der Notbrücke soll ein Hafen werden

Bei den Bauarbeiten wollen die Amerikaner mit anderen Staaten in der Region zusammenarbeiten. Vertreter des Weissen Hauses machten am Donnerstag zunächst keine klaren Angaben dazu, wie stark Israel in das Projekt involviert ist. Sie sagten einzig, Israel sei für die Sicherheitskontrollen der Hilfslieferungen zuständig, damit diese nicht für Waffen oder anderes Kriegsmaterial missbraucht werden können. Medien zitierten anonyme israelische Beamte, die von einer «vollen Unterstützung» der US-Pläne sprachen.

Mehrere Länder hatten schon seit Monaten Diskussionen darüber geführt, wie Lebensmittel über das Meer nach Gaza transportiert werden könnten; allerdings fehlte ein geeigneter Tiefwasserhafen. Darum sollen die Güter vom zyprischen Hafen Larnaka aus zu dem geplanten Pier vor der Küste gebracht werden. Die USA hoffen, dass die Notbrücke mit der Zeit zu einem permanenten kommerziellen Hafen ausgebaut werden kann.

Zurechtweisung für Netanyahu

Angekündigt haben die US-Behörden die Hilfsaktion während einer Vorschau auf Joe Bidens Rede zur Lage der Nation, die er in der Nacht auf Freitag halten wollte. Biden verfolgt damit sowohl aussenpolitische wie innenpolitische Ziele. Er dürfte mit der Ankündigung der Hilfsbrücke versuchen, den Druck auf die israelische Regierung zu erhöhen, einem Waffenstillstand und einem Tausch von israelischen Geiseln gegen palästinensische Gefangene zuzustimmen, bevor am Wochenende der muslimische Fastenmonat Ramadan beginnt.

Erst vor einer Woche hatten die USA erstmals Hilfsgüter aus der Luft über der Küste vor Gaza abgeworfen. Kurz danach empfing Vizepräsidentin Kamala Harris Benny Gantz in Washington, der Mitglied in Israels Kriegskabinett und gleichzeitig grösster politischer Rivale von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ist. Der Empfang war auch eine undiplomatische Zurechtweisung für Netanyahu, dem Biden bisher wider die Gepflogenheiten im Verhältnis zwischen den zwei verbündeten Ländern eine Einladung ins Weisse Haus verweigert hat. Nach Einschätzung des US-Präsidenten unternimmt Netanyahu zu wenig, um bei dem Krieg gegen die Hamas die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen.

Warnung aus einem Teil der Wählerschaft

Der Zeitpunkt von Bidens Ankündigung hängt allerdings wohl nicht nur mit dem anstehenden Ramadan zusammen. Ähnlich wichtig dürfte in seinem Kalkül der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf gewesen sein. Bei der Vorwahl am Super Tuesday zeigte die Wählerschaft in Minnesota dem Demokraten, wie gross die Unzufriedenheit mit seiner Nahostpolitik ist. Fast 1  Prozent der Teilnehmer an der demokratischen Vorwahl, mehr als 45’000 Personen, verweigerten ihm explizit ihre Stimme und strichen auf dem Wahlzettel «uncommitted» an, was einer Enthaltung entspricht. Ähnlich war es Biden schon in Michigan ergangen.

Kritik übt zwar eine Minderheit der Demokraten, vor allem jene aus dem progressiven Lager sowie jene mit arabisch-muslimischen Wurzeln. Die Gruppen wirkten allerdings bei den Vorwahlen zahlreich und organisiert genug, um Biden in Swing-States mit knappen Mehrheitsverhältnissen in Schwierigkeiten zu bringen, falls sie ihm auch bei der Präsidentschaftswahl im November ihre Stimmen verweigern sollten. Indem Biden bei seiner viel beachteten Rede zur Lage der Nation mehr Hilfe für Gaza ankündigt, will er solche Kritik entschärfen. Der US-Präsident liegt in Umfragen gegen seinen republikanischen Herausforderer Donald Trump im Rückstand.

Allerdings dürfte Biden mit der wochenlangen Stationierung von US-Soldaten vor Gaza auch Risiken eingehen. Nach dem Ausbruch des Kriegs wurden amerikanische Truppen in Jordanien, im Irak und im Roten Meer von Milizen angegriffen, die wie die Hamas vom schiitischen Regime im Iran unterstützt werden.