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Drohender Milliarden-Abschreiber
Notausstieg bei Hedgefonds: US-Banken überrumpelten Credit Suisse

Der amerikanische Finanzmarkt ist ein hartes Pflaster: Blick in die Wallstreet in New York.
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Nach dem Debakel um die Finanzboutique Archegos Capital des Finanzmanagers Bill Hwang wird intern Kritik an der Credit-Suisse-Führung laut. «Das Risikomanagement hat total versagt», sagt ein hochrangiger Bankmanager. «Zudem haben die US-Banken ihre Positionen schneller aufgelöst und konnten so ihre Verluste minimieren.»

Eine ganze Reihe von Banken liehen Bill Hwang Geld – sehr viel Geld für eine äusserst kleine Firma, die sich in einer Nische bewegt, in der keine besonders strengen Aufsichtsregeln gelten. Hwang setzte die Kredite für Wertpapierspekulationen ein. Damit baute er riesige Positionen bei Firmen wie dem US-Medienkonzern ViacomCBS und Discovery auf.

Die Viacom-Aktie geriet ins Rutschen, weil sich der Medienkonzern frisches Geld besorgte, um in Streaming-Inhalte zu investieren. In der Folge dieses Kursrückganges forderten die Banken mehr Sicherheiten für ihre Kredite. Die konnte Hwang nicht liefern.

Runder Tisch ohne Ergebnis

Am vergangenen Donnerstag lud Bill Hwang die Banken an einen runden Tisch, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Mit dabei waren Vertreter der Credit Suisse, UBS, Goldman Sachs, Morgan Stanley und Nomura. Zur Debatte stand, dass sich die Banken darauf verständigen, mit grossen Verkäufen zuzuwarten. Dank solch eines Stillhaltepakts hätten sie Zeit gehabt, die Aktienpakete, die als Sicherheit dienten, geordnet abzuwickeln. Unklar ist, ob sich die Banken an dem Treffen auf eine gemeinsame Lösung verständigt haben. Sollte es eine Einigung gegeben haben, haben sie sich jedenfalls nicht daran gehalten.

«Goldman wird sich die Situation angesehen haben und die Entscheidung getroffen haben, dass der erste Schnitt der billigste ist.»

Ein Banker gegenüber der «Financial Times»

Am Ende gelang es offenbar Goldman Sachs und Morgan Stanley, ihre Positionen aufzulösen. Sie haben von der Archegos-Schieflage betroffene Wertpapiere im Umfang von 19 Milliarden Dollar abgestossen und lösten damit einen Kurssturz bei Aktien von Firmen wie ViacomCBS aus. «Goldman wird sich die Situation angesehen haben und die Entscheidung getroffen haben, dass der erste Schnitt der billigste ist. Wenn man in solchen Situationen als Erster rausgeht, ist man vielleicht nicht der Beste, aber man schneidet definitiv besser ab als die Leute, die als Zweite oder Dritte gehen», so ein beteiligter Banker gegenüber der «Financial Times». Die Verluste für Goldman seien verschwindend klein.

Auch die CS habe damit begonnen, ihre Positionen zu verkaufen, aber nicht in dem Umfang wie die US-Banken. Daher steht sie wie die japanische Bank Nomura nun mit besonders schmerzhaften Verlusten da. Laut der FT nehmen sich die Aufsichtsbehörden aus den USA, aus Grossbritannien und Japan den Notverkauf der Wertpapiere unter die Lupe.

Eigenkapitalpuffer im Blick

Unklar ist weiterhin, wie gross der Verlust der CS aus dem Debakel ist. Im Vergleich zu den US-Häusern ist die Schweizer Bank aber viel kleiner und hat zudem eine geringere Kapitalausstattung. Entsprechend stärker drohen nun die Verluste durchzuschlagen. Daher hat ihre Aktie am Montag um 14 Prozent eingebüsst und am Dienstag noch einmal 3 Prozent verloren. «Es stellt sich die Frage, ob die Position nicht viel zu gross war im Verhältnis zur Bilanz», kritisiert daher ein CS-Banker.

«Das Problem ist, dass die Credit Suisse im Vergleich zu anderen Grossbanken wie der UBS und den US-Instituten immer weiter abfällt.»

Andreas Venditti, Bankenanalyst bei der Bank Vontobel

Ende vergangenen Jahres hatte die CS eine Eigenkapitalquote von 12,9 Prozent. Der Wert dürfte nun wegen der Verluste sinken. Dabei war schon der alte Wert im Wettbewerbsvergleich nicht berauschend. «Das Problem ist, dass die Credit Suisse im Vergleich zu anderen Grossbanken wie der UBS und den US-Instituten immer weiter abfällt. So wiesen die fünf Top-US-Banken Ende 2020 im Durchschnitt eine Eigenkapitalquote von 13,9 Prozent und UBS eine solche von 13,8 Prozent aus», rechnet Andreas Venditti, Bankspezialist bei Vontobel, vor.

Die Finma befasst sich mit dem Vorfall. Es wäre keine Überraschung, wenn die Aufsicht nun anordnen würde, dass die Credit Suisse ihr derzeit laufendes Aktienrückkaufprogramm von 1 bis 1,5 Milliarden Dollar streicht, um die Kapitaldecke zu schonen. Möglicherweise beschliesst dies die Bank bereits selbst. Die CS macht zur Zukunft des Aktienrückkaufprogramms keine Angaben.

Gottstein ist gefordert

Fest steht: Die Credit Suisse steckt knietief in der Krise. «Jetzt ist Bankchef Thomas Gottstein gefordert», so ein ranghoher Bankmanager. Gottstein müsse Schlüsselpositionen wie die Risikokontrolle neu besetzen. In den Fokus rückt die oberste Risikomanagerin Lara Warner. Aber auch Investmentbankchef Brian Chin macht bei dem Archegos-Skandal keine gute Figur.

Die CS steckt knietief in der Krise: CS-Chef Thomas Gottstein.

Ende des Monats bekommt die Grossbank mit dem Ex-Lloyds-Chef António Horta-Osório, genannt AHO, einen neuen Präsidenten. «Greift Gottstein jetzt nicht entschlossen durch, wird sich der neue Chairman das Ganze vermutlich nicht lange mit anschauen», meint ein Bankeninsider.

Auch Bankexperte Venditti fordert Konsequenzen: «Die CS muss nicht nur das Risikomanagement, sondern auch Strategie, Kapitalallokation und Anreizstrukturen im Investmentbanking überprüfen. Es kann nicht sein, dass ein einziger Fall einen Verlust in Milliardenhöhe verursacht.»