Kommentar zur SozialhilfeUnwürdige Lotterie um die Altersvorsorge
Dass Sozialhilfebezüger ihre zweite Säule oft an Gemeinden abtreten müssen, ist bedenklich. Hinzu kommt Rechtsunsicherheit, die Spielraum für Willkür lässt.
Es ist problematisch, dass viele Gemeinden Sozialhilfebezügern das Alterssparguthaben aus der beruflichen Vorsorge bereits vor der Pensionierung abknöpfen. Diesen Gemeinden geht es um schnöde finanzielle Interessen: Sie wollen Kosten der Sozialhilfe um jeden Preis so weit wie möglich beglichen haben. Mancherorts scheint es den zuständigen Gemeindeangestellten weitgehend egal zu sein, ob dieses Vorgehen auch sozialpolitisch sinnvoll und für die Betroffenen gut ist.
Das kurzsichtige Handeln hat für Sozialhilfebezüger unangenehme Folgen. Denn wenn Menschen in finanzieller Not gezwungen werden, ihr Alterssparguthaben schon vor dem Rentenalter zu beziehen, wird auch der Bezug der beruflichen Vorsorge als lebenslange Rente verunmöglicht. Das schwächt die finanzielle Absicherung im Alter empfindlich.
Der Vorbezug ist in der Regel mit einer Frühpensionierung verknüpft. Konsequenz: Menschen, die Sozialhilfe bezogen haben, verlieren nicht nur ihr Sparkapital aus der zweiten Säule, sondern müssen auch noch eine Kürzung der AHV-Rente hinnehmen. Das verschärft die finanziellen Probleme im Rentenalter zusätzlich.
So unsinnig und schamlos es erscheint, Menschen mit Geldproblemen die Altersvorsorge zu kappen – für Gemeinden gibt es einen Anreiz, sich darum zu foutieren.
So unsinnig und schamlos es erscheint, Menschen mit Geldproblemen die Altersvorsorge zu kappen – für Gemeinden gibt es einen Anreiz, sich darum zu foutieren. Denn das fehlende Geld wird so aus einer anderen Kasse bezahlt: Eine Rentnerin oder ein Rentner in finanzieller Not erhält keine Sozialhilfe mehr, sondern Ergänzungsleistungen, die Bund und Kantone aus Steuergeldern bezahlen. Die Ergänzungsleistungen sind jedoch für die Betroffenen mit erheblichen Einschränkungen verknüpft – so ist etwa ein Bezug im Ausland nicht mehr möglich.
Bedenklich sind schliesslich die Rechtsunsicherheit und der grosse Ermessensspielraum in einigen Kantonen: Es kann sein, dass ein Sozialhilfebezüger in einer Gemeinde sein gesamtes Vorsorgekapital abgeben muss und in der Nachbargemeinde gar nichts. Manchmal ist es sogar von der zuständigen Person abhängig. Das ist eine unwürdige Lotterie um die Altersvorsorge, die abgeschafft gehört.
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