Mamablog: 6 Learnings einer MutterUnser Drama mit der Zahnspange
Warum die erste Spange ihres Sohnes unsere Autorin an den Rand der Verzweiflung brachte – und welche Lektionen sie daraus gelernt hat.
In grauer Vorzeit hatte ich einst den Satz «Wenn Kinder eine Zahnspange bekommen, werden ihre Eltern erwachsen» gelesen und mich sehr gewundert. Der Aha-Effekt setzte aber ein, als unsere eigene Kind-mit-Spange-Geschichte geschrieben wurde und sie folgende Eltern-Wahrheiten aufs Parkett brachte:
Perfektionismus zum falschen Zeitpunkt bedeutet Ärger
Da mir gestandene Eltern schon weit vor meiner ersten Wehe leicht nervös «Zahnversicherung unbedingt vorgeburtlich abschliessen!» zuriefen, ruhten wir viele Jahre im Schutz einer nie genutzten Zahnversicherung. Bis ich ein paar Jahre später dummerweise einen seltenen Anflug von administrativem Perfektionismus verspürte und alle Versicherungen zusammenlegen wollte. Doch just an dem Tag, als die Kündigung der alten Zahnversicherung im Briefkasten landete, kam mein fünfjähriger Sohn mit einem Zettel der Schulzahnklinik heim, der besagte, dass er eine Zahnspange vom Kieferorthopäden brauche.
Ich erblasste! Bitte nicht jetzt! Wir sind gerade versicherungslos! Vom Geld für eine unversicherte Zahnspange könnten wir uns locker drei Ponys kaufen! Und tatsächlich: Die alte Versicherung wollte die Spange nicht mehr zahlen, und keine neue wollte uns aufgrund der anstehenden Kosten aufnehmen. Ich ärgerte mich grün und blau aufgrund meiner Unbedachtheit und sah uns schon bei Wasser und Brot dahindarben, um ein Stück Draht abzuzahlen.
Und wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her
Das Lichtlein war in unserem Fall die Schulzahnklinik, die nicht schulterzuckend die Augen verdrehte, sondern lässig ihre Kreativität aus dem Ärmel schüttelte und uns vorschlug, unserem Sohn eine vereinfachte – dafür bezahlbare – Zahnspange zu verpassen, damit wir nicht zum teuren Kieferorthopäden müssen. Dass das halt eine Spange zum Rausnehmen war, störte uns überhaupt nicht. Wir ahnten ja noch nicht, was dies für uns bedeuten würde.
Einem Fünfjährigen Disziplin beizubringen, ist wie Schneeschaufeln bei Schneefall
Das Interesse unseres Sohnes, das Ding im Mund zu behalten, war – nachdem er einmal lauthals bei all seinen «Gspändlis» mit ihr angegeben hatte – schneller versiegt als Wasser in der Sahara. Ab sofort war die verfluchte Spange stets irgendwo, ausser in seinem Mund. Und genauso zuverlässig wie die Erzeuger am Morgen jeweils dafür sorgten, dass das Ding die Beisserchen des Nachwuchses umschmiegte, sorgte der kleine Wilde dafür, dass sie nicht mehr dort zu finden war, wenn er wieder zu Hause ankam.
Situationen, an deren Existenz man nie glaubte
Die verloren geglaubte Spange führte uns Eltern zum Beispiel am späten Abend in den schlecht beleuchteten Sandhaufen des Horts, weil es sachdienliche Hinweise gab, dass dieser der Tatort des Spangenverlusts war. Sandschicht um Sandschicht wurde von zitternden Elternhänden abgetragen, Burgen zerstört, Krokodilgräben umgeschichtet – bis ihnen endlich ein knirschendes Stück Plastik entgegenblitzte, das sie kurz unter den Wasserhahn hielten, um sie dem Knirps wieder in den Mund zu stopfen. Viel zu müde, um noch die übliche Litanei zu halten.
Am Ende kann man noch nicht mal dem Kind die Schuld geben
Das Spangendrama endete schliesslich im Legohaufen. Und wieder war es mein Ordnungssinn, der zum Desaster führte. Während ich noch dabei war, Piraten und Prinzessinnen in einer übereifrigen Aufräumaktion in den Sack zu schaufeln, knirschte es plötzlich unter meinen Füssen. Die Spange! Mein Fuss hatte sie komplett zerstört! Ich wusste nicht, ob ich nun weinen oder lachen sollte. Und tat beides.
Ein Desaster kann plötzlich zum Glücksfall werden
Meine Zerknirschung war gross, als ich beim «Zahni» meine Beichte ablegte. Der nette Zahnarzt schaute Junior in den Mund und meinte: «Sieht doch gut aus! Wissen Sie was, wir lassen es einfach mit der Spange!»
Inzwischen sind meine Kinder sieben Jahre älter und tragen beide eine Spange. Aber – ha – keine, die man rausnehmen kann! Und mein Versicherungsdossier ist mittlerweile derart vorbildlich, dass ich mich manchmal wundere, warum nicht mal einer von der Kasse vorbeikommt, um mich zur Versicherten des Jahres zu küren.
Wir konnten uns sogar endlich ein Pony leisten. Wenn auch – aller Zahlungsfreudigkeit der Kasse zum Trotz – nur eines aus Plüsch.
Wie ist es mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser? Mussten Sie ebenfalls Zahnspangendramen erleben oder lief bei Ihnen alles problemlos? Diskutieren Sie mit.
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