Führungswechsel bei Credit SuisseUlrich Körner wird neuer CS-Chef, Tausende Stellen gefährdet
Die zweitgrösste Schweizer Bank findet nicht aus der Krise. Für das zweite Quartal meldet sie einen Verlust von über 1,5 Milliarden Franken. Nun muss der Konzernchef gehen – und es kommt zu einer grossen Sparrunde.
Was sich am Dienstagabend abzeichnete, ist nun offiziell: Ulrich Körner löst Thomas Gottstein ab 1. August 2022 als CEO der Credit Suisse ab. Das gab die kriselnde Grossbank am Mittwoch zusammen mit einem Verlust von 1,593 Milliarden Franken im zweiten Quartal bekannt.
Körner ist Chef der Asset-Management-Sparte der Bank, die Vermögen für institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und Stiftungen verwaltet. Der 60-jährige deutsch-schweizerische Doppelbürger stiess erst im März 2021 zur Credit Suisse; vorher leitete er das Asset Management bei der UBS. Von 1998 bis 2009 war Körner jedoch in führenden Positionen bei der Credit Suisse tätig.
Die Credit Suisse will im Rahmen ihrer neusten Strategieüberprüfung die globale Vermögensverwaltung und das Schweizer Geschäft stärken. Zudem soll die Kostenbasis erneut deutlich gesenkt werden. Laut eigenen Angaben lag diese nach dem ersten Halbjahr auf das Gesamtjahr hochgerechnet und bereinigt bei 16,8 Milliarden Franken, wobei der Zielwert 16,5 bis 17,0 Milliarden ist. Von diesem Wert aus sollen die Kosten auf unter 15,5 Milliarden gesenkt werden, was einer Kostensenkung um 1 bis 1,5 Milliarden Franken entsprechend würde. Tausende stellen sind damit gefährdet. Auf unbereinigter Basis hatte die CS im Jahr 2021 gar Aufwände von über 19 Milliarden.
Der zurückgetretene CEO Thomas Gottstein hat die Bank seit Mitte Februar 2020 geleitet. Vorgänger Tidjane Thiam hatte wegen einer Beschattungsaffäre zurücktreten müssen. Unter Gottsteins Ägide hat die Bank jedoch erneut eine Reihe von kostspieligen Debakeln erlitten, darunter die Zusammenbrüche von Greensill Capital und Archegos Capital Management Anfang 2021.
Gottstein sollte eigentlich die Sanierung der Bank leiten, doch riss die Welle der negativen Berichterstattung nie ab, auch diese Woche nicht. So wurde bekannt, dass die CS laut einem Gericht in Bermuda 607 Millionen Dollar in einem Streitfall mit dem früheren georgischen Regierungschef Bidzina Iwanischwili bezahlen muss.
Das Gericht auf der Inselgruppe im Atlantik verurteilte die Credit Suisse Ende März zu einer Zahlung an Iwanischwili. Allerdings hat es zunächst die genaue Urteilssumme noch offengelassen. Die Schweizer Grossbank kündigte umgehend an, das Urteil anzufechten.
Verwaltungsrat gab Gottstein im April noch Rückendeckung
Ende April hatte CS-Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann dem unter Beschuss geratenen Gottstein noch den Rücken gestärkt. Die Rückkehr der krisengeschüttelten Grossbank in die richtige Spur solle gemeinsam mit Gottstein geschafft werden, hatte Lehmann in einem Interview gesagt.
Angesprochen auf die Turbulenzen der vergangenen Monate hielt Lehmann fest: Die CS habe eine Governance-Krise, ein Vertrauensproblem und müsse konsequent Altlasten abarbeiten. «Es darf keine solche Häufung von unerfreulichen Überraschungen mehr geben.»
Aktie im Sinkflug
Die Aktie der Credit Suisse leidet derweil stark unter dem Formtief der Bank. Kostete sie an der Schweizer Börse noch im Februar 2021 rund 13 Franken, so ist das Papier inzwischen für etwas mehr als einen Fünfliber zu haben. Und diesen Monat fiel die Aktie erstmals gar kurzzeitig unter die Schwelle von 5 Franken.
Korrektur von 10.40 Uhr: In einer früheren Version des Artikels stand, die neue Kostenbasis bedeute Einsparungen von über 18 Prozent. Laut CS sind die 19 Milliarden aus dem Geschäftsbericht 2021 unbereinigt. Der bereinigte Wert liege nun auf das Gesamtjahr 2022 hochgerechnet bei 16,8 Milliarden Franken. Die Einsparungen lägen damit noch bei 7,7 Prozent.
SDA/nlu
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