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Meinung

Kommentar zum Krieg in der Ukraine
Der belarussische Truppen­aufmarsch ist keine Gefahr für Kiew, die eigene Strategie schon

TOPSHOT - Ukrainian military veteran Viacheslav Rybachuk whose brother, a Ukrainian soldier Oleksiy was killed in Bakhmut area in 2023, kneels down at a designated area for commemorating fallen Ukrainian and foreign fighters, during the Independence Day of Ukraine, in the Independence Square in Kyiv, on August 24, 2024. (Photo by Roman PILIPEY / AFP)
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Auf den ersten Blick scheint die Warnung des ukrainischen Aussenministeriums die Welt in der Zeit um gut zweieinhalb Jahre zurückzuversetzen: als russische Truppen an den eigenen Grenzen und in Belarus mit tatkräftiger Unterstützung des dortigen Diktators Alexander Lukaschenko ihren Überfall auf die Ukraine vorbereiteten.

Jetzt warnte das ukrainische Aussenministerium vor dem Zusammenziehen belarussischer Truppen in der Nähe seiner Grenze. Doch anders als vor zweieinhalb Jahren besteht offenbar keinerlei unmittelbare Gefahr: Kiews Warnung scheint nach bisherigem Wissensstand lediglich eine Präventivwarnung an Lukaschenko zu sein.

Tatsächlich hat der weitgehend von Moskau abhängige belarussische Diktator den russischen Machthaber Wladimir Putin zwar weitgehend gewähren lassen, doch sich gleichzeitig gehütet, seine eigenen Leute in Putins Krieg zu schicken. Die Zahlen über die nun zusammengezogenen belarussischen Soldaten – angeblich lediglich gut 1000 Mann – deuten darauf hin, dass Lukaschenko damit Moskau gegenüber lediglich Aktionismus demonstrieren will.

Aus Russland gibt es Kritik an Lukaschenko

Denn Russlands einflussreiche Kriegshetzer kritisieren Lukaschenko. Belarus soll mit seiner angeblich mangelnden Wachsamkeit dazu beigetragen haben, dass die ukrainische Armee vom 6. August an in Russlands Grenzregion Kursk vorstossen konnte. Und anders als beim Aufmarsch zum Überfall im Februar 2022 schlagen aktuell beim Thema Belarus weder führende Militärforscher noch die britische oder die US-Regierung Alarm.

Die Musik spielt militärisch gesehen an anderer Stelle: beim genannten ukrainischen Vorstoss in Russlands Grenzregion Kursk, vor allem aber in der ukrainischen Schlüsselregion Donbass. Welchen Sinn – und vor allem: welchen Erfolg – Kiews Vorstoss in die Region Kursk tatsächlich hat und haben wird, das wird sich erst später herausstellen.

Gewiss, Kiew hat Hunderte russischer Soldaten gefangen genommen. Doch wenn übereinstimmende Berichte der «Washington Post» und der französischen «Le Monde» zutreffen, hat der ukrainische Vorstoss auch dazu geführt, dass Gespräche hinter den Kulissen zwischen Moskau und Kiew eingefroren wurden. Vermittler Katar hatte dabei versucht, ein Ende russischer Raketenangriffe auf die Stromindustrie der Ukraine im Tausch gegen ein Ende ukrainischer Drohnenangriffe auf russische Ölraffinerien und dergleichen zu erreichen.

Langfristig wird Kiew die Region Kursk kaum halten können

Die ohnehin angespannte ukrainische Armee dürfte langfristig kaum in der Lage sein, die Region Kursk als Unterpfand für einen späteren Frieden und die Rückgabe russisch besetzter Gebiete zu halten. Aktuell wollte Kiew mit seinem Vorstoss Moskau dazu bringen, Truppen von anderen Teilen der ukrainischen Front abzuziehen und nach Kursk zu schicken. Dies ist nur in geringer Zahl geschehen.

Tatsächlich führt Russland in der Ostukraine seine Offensive zur Einnahme des enorm wichtigen Verkehrsknotenpunkts Pokrowsk ebenso verlust- wie erfolgreich weiter. Und wie bei anderen schmerzhaften Verlusten – etwa der Stadt Awdijiwka – beschreibt der Militärjournalist Jurij Butusow auch bei der Verteidigung Pokrowsks wieder haarsträubende Versäumnisse der ukrainischen Militärführung. Er befürchtet den Fall von sechs Städten innerhalb weniger Monate. Was im Donbass geschieht, ist ungleich wichtiger als der Vorstoss in Kursk – und das gibt wenig Anlass zu Optimismus.