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Krieg in der Ukraine
Scholz telefoniert mit Putin – Selenski reagiert verärgert

German Chancellor Olaf Scholz talks to the media during a joint statement to the press with Finland's President Alexander Stubb at the Chancellery in Berlin, Germany, Tuesday, Oct. 22, 2024. (AP Photo/Ebrahim Noroozi)
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In Kürze:
  • Olaf Scholz sprach erstmals seit zwei Jahren mit Wladimir Putin.
  • Scholz forderte den Abzug russischer Truppen aus der Ukraine.
  • Putin will nur Verhandlungen, die von den «neuen territorialen Gegebenheiten ausgehen».
  • Kiew reagierte verärgert auf das Telefonat zwischen Scholz und Putin.

Nach fast zwei Jahren Funkstille hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Das Gespräch hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Stunde gedauert. Zuerst hatte die «Süddeutsche Zeitung» darüber berichtet.

Scholz hat den russischen Präsidenten im Gespräch zur Beendigung des Angriffskriegs gegen die Ukraine und zum Abzug seiner Truppen aufgefordert. Gleichzeitig habe er Putin «zu Verhandlungen mit der Ukraine mit dem Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens» gedrängt, teilte ein Regierungssprecher mit. Er habe auch die unverbrüchliche Entschlossenheit Deutschlands bekräftigt, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression so lange wie nötig zu unterstützen.

Putin zeigte sich unter bestimmten Bedingungen zu Verhandlungen bereit. Er bestand nach Angaben des Kremls darauf, dass eine Lösung Moskaus Sicherheitsinteressen berücksichtigen und «von den neuen territorialen Gegebenheiten ausgehen» müsse. Auch müsse die Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichten und den Verlust der von Russland besetzten Gebiete anerkennen. Kiew und seine westlichen Verbündeten lehnen das kategorisch ab.

Selenski: Büchse der Pandora geöffnet

Kiew hat verärgert auf das Telefonat reagiert. «Der Anruf von Olaf öffnet meiner Meinung nach die Büchse der Pandora», sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski mit Nachdruck in seiner abendlichen Videobotschaft. Berlin habe Kiew zwar vorab informiert, aber damit seien nun weitere Gespräche ermöglicht worden.

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Scholz habe mit seinem Anruf Putins langgehegten Wunsch erfüllt, Russlands Isolation zu verringern und mit Gesprächen zu beginnen, die zu nichts führen werden. Putin habe dies jahrzehntelang so gemacht, sagte Selenski. «Das hat es Russland erlaubt, nichts an seiner Politik zu ändern, im Grunde nichts zu tun, und das führte gerade zu diesem Krieg», betonte der Präsident.

Letztes Telefonat vor knapp zwei Jahren

Zuletzt hatten Scholz und Putin am 2. Dezember 2022 eine Stunde lang telefoniert. Der deutsche Kanzler bemüht sich aktuell um eine zweite Ukraine-Friedenskonferenz nach einem Gipfel in der Schweiz im vergangenen Sommer, an dem dann auch Russland teilnehmen könnte. Bisher ist dafür aber kein Termin in Sicht.

Der Westen hat wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine, der im Februar 2022 begann, die Gesprächskanäle nach Moskau weitgehend stillgelegt. Auffällig ist der Zeitpunkt des neuerlichen Gesprächs, da sich die Ukraine in einer äusserst angespannten Lage befindet.

Letzte persönliche Begegnung kurz vor der Invasion

Zum letzten Mal hatte Scholz Putin gut eine Woche vor dem russischen Angriff auf die Ukraine bei seinem Antrittsbesuch in Moskau persönlich getroffen. Wegen Corona sassen beide im Kreml an einem riesigen ovalen Tisch meterweit voneinander entfernt.

Russian President Vladimir Putin, left, and German Chancellor Olaf Scholz during their talks in the Kremlin in Moscow, Russia, Tuesday, Feb. 15, 2022. (Mikhail Klimentyev, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP)

Nach der Invasion gab es noch einzelne Telefonate, die dann aber abbrachen. Das hatte vor allem mit der russischen Kriegführung in der Ukraine und fehlender Aussicht auf konkrete Ergebnisse zu tun.

Scholz: «Ich mache das nicht im Alleingang»

Scholz hatte in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt, dass er zu einem Gespräch mit Putin bereit sei. Er wolle nur den richtigen Zeitpunkt finden. Gegenüber dem Sender ARD erklärte der deutsche Kanzler am Sonntag, dass dieser Zeitpunkt «demnächst» gekommen sein könnte.

«Ja, ich habe mir vorgenommen, mit dem russischen Präsidenten zur richtigen Zeit zu sprechen. Aber ich bin ein verantwortlicher Politiker, ich mache das nicht im Alleingang.» Ein Gespräch mit Putin setze viele Kontakte und Gespräche mit sehr vielen anderen voraus.

G20-Gipfel dürfte Anlass des Gesprächs sein

Der Zeitpunkt des Gesprächs dürfte mit dem bevorstehenden G20-Gipfel im brasilianischen Rio de Janeiro zusammenhängen, zu dem Scholz am Sonntag aufbricht. Dort wird auch der russische Aussenminister Sergei Lawrow erwartet.

Putin selbst hatte am 18. Oktober seine Teilnahme am Gipfel abgesagt, um nicht «die normale Arbeit des Forums zu stören», das andere Themen habe. Gegen Putin liegt ein internationaler Haftbefehl des Weltstrafgerichts in Den Haag vor wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen in der Ukraine. Er würde in Brasilien eine Festnahme riskieren.

Die G20 der führenden Wirtschaftsmächte aller Kontinente ist das einzige Gesprächsformat, in dem Russland und die Nato-Staaten noch hochrangig an einem Tisch sitzen. Scholz plant dort kein Gespräch mit Lawrow. Nach Angaben aus seinem Umfeld wird er aber mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sprechen, der als wichtigster Verbündeter Putins gilt.

Scholz telefonierte vorher auch mit Selenski

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ist nicht zum G20-Gipfel eingeladen. Scholz telefonierte am Mittwochabend mit ihm, um über die militärische und humanitäre Lage in der Ukraine zu sprechen. Offenbar hatte der Kanzler Selenski in dem Gespräch auch auf das Telefonat mit Putin vorbereitet.

Kurz zuvor hatte Scholz im Bundestag bekräftigt, dass Deutschland die von der Ukraine gewünschten Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern nicht an die Ukraine liefern werde.

Kreml sieht Nervosität im Westen nach Trumps Sieg

Russland hatte nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl erneut grundsätzliche Bereitschaft zum Dialog über die Ukraine signalisiert – auch mit Scholz. Moskau sieht im Westen Nervosität mit Blick auf die Ukraine. Es sei voreilig, nun über Veränderungen der Positionen bei den Europäern zu sprechen, hiess es. «Aber es gibt offizielle Erklärungen von europäischen Vertretern, die von der Fortsetzung ihrer allgemeinen Linie sprechen, alle Arten von Unterstützung zu leisten. Und auf Russisch heisst das, Waffen in die Ukraine zu pumpen, um diesen Krieg bis zum Ende fortzusetzen», sagte Peskow.

Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, er werde den Ukraine-Krieg binnen kürzester Zeit durch einen Deal mit Russland beenden. Details nannte er nicht. Putin gratulierte Trump vorige Woche zum Wahlsieg und zeigte sich nach aussen hin offen für einen Dialog. Zugleich betonte er, dass Trump unberechenbar sei und daher abzuwarten bleibe, was auf seine Ankündigungen folgt.

Moskau dementierte Gespräch zwischen Putin und Trump

Am Montag wies Kremlsprecher Peskow einen Bericht der «Washington Post» zurück, nach dem Putin und Trump nach der US-Wahl telefoniert haben sollen. «Es gab kein Gespräch», sagte Peskow. «Es ist reine Fiktion, es sind einfach falsche Informationen.» Russland sei weiter offen für Gespräche. Putin wollte aber nicht als Erster anrufen, weil nicht Russland, sondern der Westen den Kontakt abgebrochen habe.

DPA/oli