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Chinesen im Ukraine-Krieg
«Es war meine erste Einberufung. Mein erster Kampfeinsatz»

Ein mutmasslich chinesischer Mann sitzt in einem dunklen Raum mit Etagenbetten, angeblich festgehalten von ukrainischen Kräften, wie auf dem Facebook-Konto von Präsident Zelensky gezeigt.
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In Kürze:
  • Ukrainische Streitkräfte haben zwei chinesische Kämpfer im Donbas festgenommen.
  • Die Ukraine meldet mehr als 150 weitere chinesische Soldaten, die an der Seite Russlands kämpfen.
  • Präsident Selenskyj bezeichnet den Einsatz chinesischer Kämpfer als bewusste Kriegsausweitung, Peking dementiert.

Er habe nie zuvor eine Waffe in der Hand gehalten, sagt der Mann vor der Kamera, hinter ihm eine ukrainische Flagge, vor ihm ein Tisch. «Es war meine erste Einberufung. Mein erster Kampfeinsatz.» Der Mann wirkt unsicher, scheint aber äusserlich unversehrt. Stimmt seine Geschichte, war er bis vor kurzem auf dem Gefechtsfeld in der Ukraine, aufseiten der russischen Armee, ausgestattet mit einer AK-47. Lange dauerte sein Einsatz offenbar nicht, ukrainische Soldaten nahmen ihn eigenen Angaben zufolge bald im umkämpften Gebiet von Donezk gefangen. Nun muss er vor der Kamera der Ukraine Erklärungen liefern.

Sein Fall und der eines Mitgefangenen, den der ukrainische Präsident publik gemacht hat, wirft die Frage auf, ob China Soldaten in den russischen Krieg gegen die Ukraine schickt. Chinesische Kämpfer an der Front, darüber gab es Berichte, es schien sich um einzelne Söldner zu handeln. Neben den jetzigen Gefangenen, von denen Dokumente und Bankkarten vorliegen sollen, will die Ukraine mehr als 150 weitere auf der Seite Russlands ausgemacht haben. Und: «Wir haben Informationen darüber, dass es weitaus mehr solcher Bürger Chinas in den Einheiten der Besatzer gibt», teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit.

Gestenreich beschreibt der Mann seine Gefangennahme

Der Mann in dem Raum sagt, er stamme aus einer Provinz in Südostchina, die etwa 1400 Kilometer südlich von Peking liegt. Sein Mitgefangener erscheint im Video, gibt an, 34 Jahre alt zu sein und aus Ostchina zu kommen. Gestenreich beschreibt er den Moment der Gefangennahme. Die Russen hätten angeblich noch versucht, ihn mit einem Gas zu ersticken, die Ukrainer seien ihnen aber zuvorgekommen. Die beiden Männer sollen mit weiteren Chinesen in einer russischen Brigade und in einer Division gekämpft haben.

Nun wurden weitere Informationen bekannt. Gemäss der «Ukrajinska Prawda» will einer der beiden einem Mittelsmann in China 300’000 Rubel (knapp 3000 Franken) gezahlt haben, um sich dem russischen Militär anzuschliessen, Offizier zu werden und die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Im russisch besetzten Gebiet Luhansk soll er ohne Dolmetscher und mithilfe von Smartphone-Übersetzungen eine militärische Einweisung erhalten haben. Das würde ihn von nordkoreanischen Soldaten unterscheiden, die fernab der Front, wohl im Osten Russlands, in Trainingscamps ausgebildet worden sein sollen.

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Zwar ist die nun genannte Zahl der chinesischen Kämpfer deutlich geringer; mehr als 12’000 Nordkoreaner sollen es im Krieg gegen die Ukraine sein. Doch der Einsatz der Chinesen könnte einen möglichen Friedensprozess beeinflussen. China hatte sich in der Vergangenheit als Vermittler angeboten und vorgeschlagen, eigene Truppen als mögliche «Wächter» einer Waffenstillstandslinie in die Ukraine zu entsenden, eine Instanz, von der es hiess, dass sie der Kreml womöglich akzeptieren würde, der europäische Truppen ablehnt.

Selenskyj spricht von «Ausweitung des Kriegs»

Die grosse Zahl der chinesischen Kämpfer in der Ukraine dürften das Vertrauen Kyjiws in solche Vorschläge allerdings schwer beschädigt haben. Selenskyj machte deutlich, was er von den Kämpfern hält. Es handele sich um einem «bewussten Schritt zur Ausweitung des Krieges.» Das US-Aussenministerium nannte die Beweise «beunruhigend».

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Ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums hingegen warnte: «Wir fordern die betroffenen Parteien auf, die Rolle Chinas richtig und nüchtern zu verstehen und keine unverantwortlichen Äusserungen zu machen.» Tatsächlich ist fraglich, ob Peking Menschen zum Kriegsdienst in die Ukraine schickt – es würde das Verhältnis zu Europa und den USA erheblich verschlechtern.

Kyjiw hatte eine Erklärung gefordert, Peking hatte dementiert und behauptet weiter, im Krieg eine neutrale Rolle zu haben. Den russischen Angriff offiziell zu verurteilen, weigert man sich bis heute. Zugleich kooperiert China mit Russland im UNO-Sicherheitsrat und betreibt im grossen Stil Geschäfte mit Russland. Diese finanzieren den Krieg mit, insbesondere im Bereich von Dual-Use-Gütern – Güter, die militärisch und zivil genutzt werden können.

Austausch gegen ukrainische Kriegsgefangene?

Am Donnerstag äusserte sich Selenskyj erneut: «Es liegt auf der Hand, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um systematische russische Bemühungen, Bürger dieses Landes (China, d. Red.) für den Krieg zu rekrutieren.»

Dieser geheime Einsatz der Männer ist Beobachtern ein Hinweis darauf, dass Russland bei der Beschaffung von Personal unterschätzt wurde. Die Nordkoreaner waren bereits ein Novum, mit den Chinesen könnte Moskau ein weiteres Mal versuchen, sich über Beziehungen im Krieg Vorteile zu verschaffen. Neu ist, dass die Männer auf ukrainischem Boden in den Kampfeinsatz kamen. Die nordkoreanischen Kämpfer sind laut Selenskyj im russischen Gebiet Kursk im Einsatz, das die Ukraine in Teilen besetzt hält.

Wie es mit den Gefangenen weitergeht, ist unklar, sie könnten gegen ukrainische Kriegsgefangene ausgetauscht werden oder in Gewahrsam der Ukraine bleiben.