Interview zum Film über Emil Steinberger«Emils Scheidung ist für mich eine private Geschichte»
Konflikte, Brüche, Misserfolge: Auch dies kam im Leben des helvetischen Kult-Komikers vor. Regisseur Phil Meyer sagt, weshalb sein Film so vieles davon auslässt.
Herr Meyer, wie ist «Typisch Emil» angelaufen? Sind Sie zufrieden mit dem Start?
Ich bin sogar sehr zufrieden. Wir hatten eine wundervolle Weltpremiere beim Zürich Film Festival, das war wirklich etwas Besonderes. Und jetzt, nach dem offiziellen Start des Films, sind wir bereits das zweite Wochenende in den Top Ten der Schweizer Kinocharts.
Was löst der Film beim Publikum aus?
Es gab Menschen, die sagten, der Film habe sie motiviert, etwas zu wagen, neugierig zu bleiben. So wie Emil eben.
Hat das womöglich mit dem Umstand zu tun, dass Ihr Film einen geschönten Blick auf Emil Steinbergers Leben und Karriere wirft?
Geschönt?
Dass sich Emil jahrzehntelang nicht zu seinem unehelichen Sohn bekannte, seine erste Ehe, die Scheidung: Weshalb kehrt Ihr Dokumentarfilm all das unter den Teppich? Das gehört doch zu jedem Leben.
Der Film dauert jetzt schon 120 Minuten. Es ging nie darum, Konflikte auszublenden – auch wenn es Themen und Personen aus Emils Leben gibt, die im Film nicht vorkommen. Was der Film erzählt und was nicht, war am Ende ein dramaturgischer Entscheid.
Es ist doch befremdend, dass Emils erste Ehefrau, Maya Steinberger, die einen grossen Anteil an seinen frühen Erfolgen hatte und das gemeinsam gegründete Kleintheater Luzern fast zehn Jahre lang führte, in Ihrem Film nicht erwähnt wird. Auch aus dramaturgischen Gründen?
Die Rolle von Maya Steinberger hätte in der Tat eine interessante Geschichte ergeben. Wir haben dazu auch Interviews aufgenommen und das Archiv nach Fotos von Emil und Maya durchsucht. Am Ende habe ich jedoch entschieden, dass ich in diesem Film, in «Typisch Emil», dieser Geschichte nicht gerecht werden kann.
Man hätte sie, wie übrigens auch die beiden Söhne, zumindest erwähnen können…
Es werden am Ende des Films alle drei erwähnt und verdankt. Die Rückmeldungen des Publikums darauf waren durchgehend positiv.
War es Emils Entscheid, seine Familie auszublenden?
Nein. Es war mein Entscheid. Für mich stand die Bühnenfigur Emil im Zentrum, auf sie fokussiert der Film: Wie hat sich diese entwickelt? Welches waren die Einflüsse, was hat sie ausgelöst?
Emil Steinberger und seine zweite Frau Niccel sind mit Ihnen und Elmar Bossard als Autoren des Films genannt. Ist «Typisch Emil» ein Auftragsstück? Ist Emil Ihr Chef?
Nein, Emil war zu keiner Zeit der Chef, sondern Teil des Teams. Es war für mich von Beginn klar, dass er und Niccel Steinberger nicht nur als Protagonisten den Film prägen, sondern auch als Mitautoren. Eine solch persönliche Geschichte zu realisieren und zu recherchieren, benötigt grosses Vertrauen von beiden Seiten. Trotz dieser Nähe habe ich immer meine Unabhängigkeit als Dokumentarfilmer wahren können. Bei Recherche, Dreh und Schnitt gab es für Emil keine Tabus. Und wir hatten bis zum Schluss keinen Vertrag, keine Vereinbarung, die mich einschränkte.
Sie zeigen Emil, wie wir ihn kennen: den unerschütterlichen und energiegeladenen Spassvogel, den liebenswürdigen Optimisten. Wäre der Film nicht viel spannender geworden, wenn Sie die Brüche und Konflikte in seinem Leben thematisiert hätten?
Die haben wir doch thematisiert, mit Emils Beziehung zu seinen Eltern und seiner Zeit in New York zum Beispiel. Mit der Entscheidung für einen Film, für die eine Geschichte, muss man gleichzeitig ganz vieles weglassen. Das ist immer so. Ich unterscheide zwischen persönlichen Geschichten und privaten. Ein spannender Film braucht Persönliches, aber nicht unbedingt Privates. Eine Scheidung beispielsweise ist für mich eine private Geschichte.
In Ihrem Film lacht Emil selbst dann noch, wenn er vom eigenen Tod spricht. Erhielten Sie in der Zusammenarbeit den Eindruck, dass dieser Mann im Reinen ist mit seiner Vergangenheit?
Ich erlebe Emil als einen sehr glücklichen und zufriedenen Menschen. Als einen Menschen, der nicht vergessen hat, was ihm wichtig ist, und der von einer unglaublichen Neugier angetrieben wird.
«Typisch Emil» läuft derzeit in den Schweizer Kinos.
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