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TV-Kritik «Tatort»
Wenn die Gier nach Gold selbst einer Kommissarin den Kopf verdreht

Die Kommissarinnen Johanna Stern (Lisa Bitter) und Lena Odenthal (rechts, Ulrike Folkerts) lassen von Experte Dürr (Heino Ferch) die Goldmünzen analysieren. Stern ist vom Goldfieber infiziert.

«Gold» titelt der neue «Tatort» aus Ludwigshafen, der Saisonauftakt nach der Sommerpause, doch schon nach zweieinhalb Minuten leuchtet ein neuer Titel auf, «Rheingold», und gülden besonnt glänzen die Wellen des Flusses. In den 150 Sekunden bis dahin wird buchstäblich der Ton dafür angeschlagen.

Erst berichtet da ein überzeugender Heino Ferch in der Rolle des Erzählers und Wormser Museumskurators Dürr, wie die böse Sagenfigur Hagen einst den Schatz der Nibelungen im Rhein versenkte. «Die Gier nach dem mächtigen Schatz stürzte sogar die Götter ins Unheil oder die, die sich dafür hielten», sagt Dürr, während wir einem sehr heutigen jungen Mann beim Graben weit abseits des Rheins zuschauen. Er findet einen goldenen Ring, Schüsse fallen, ein Traktor transportiert seine Leiche durch nächtliche Weinberge – und aus dem Off singt endlich Richard Wagners Brünnhilde ihr finales, tragisches «Ruhe, ruhe, du Gott».

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Keine Frage, ein klassischer Krimi wird das nicht, aber einer voller Klassik. Also muss die Katze des ersten Mordopfers Sieglinde heissen und der Freund einer Verdächtigen Hagen. Realismus ist nicht das Ziel des vieraktigen Dramas, dessen weitere drei Teile wagnergetreu «Die Walküre», «Siegfried» und «Götterdämmerung» zwischentiteln. Trotzdem sind Ulrike Folkerts’ Kommissarin Lena Odenthal und Lisa Bitters Johanna Stern schwer am Ermitteln, derweil Sterns Kinder für eine Wagner-Opernaufführung proben, bei der sie kleine Sprechrollen innehaben. Genau: Spiel im Spiel ist angesagt.

Zu den wilden Walküren gehören hier auch Frauen, die auf die eine oder andere Weise von ihrem Mann verlassen wurden, wie die Frau des Bankers (links) und die Winzerin.

Wo ist der junge Filialleiter einer Bank abgeblieben, der so gerne bei Ritterspielen mittut, und woher stammen seine antiken Goldmünzen, die nach Bestandteilen des Nibelungenschatzes aussehen? Vom wem wurde ein mutmasslicher Schmuckhehler abgeknallt? Und was hat die verwitwete Winzerin Susanne aus dem idyllischen pfälzischen Deidesheim mit all dem zu tun? Das Drehbuch von Ehepaar Fred Breinersdorfer und Katja Röder verbindet historische Spekulationen rund um einen verlorenen Goldschatz der Westgoten, Wagners «Ring des Nibelungen», die Alkoholsucht und die unsterbliche, fluchbeladene Gier nach Gold flockig zu einem theatralen Pastiche mit einem, nun ja, mittelprächtigen Krimigerüst (und teils mittelprächtigen Nebendarstellern). Selbstironisches Augenzwinkern inbegriffen.

Esther Wengers Regie geht mit dem Buch mit. Mal krault die Odenthal ihre Bahnen in einem Hallenbad, dessen Wasser sich blutrot färbt. Mal lodern halluzinativ tödliche Flammen auf. Dem gefährlichen Zauber des Goldes erliegt vorübergehend fast auch Kommissarin Stern, während magischer Glitzerstaub um sie herum plingplingt und blingblingt. Der mysteriöse Quasi-Alberich Dürr wiederum deklamiert zum Schluss: «Mein Erbe nun nehm’ ich zu eigen. / Endlich das Gold und den Fluch in meinen Händen – zum Verneigen.»

Zum Verneigen reicht das alles nicht wirklich, unterhaltsam jedoch war dieser Saisonauftakt des «Tatorts» durchaus.