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Meinung

Gefahr von Handelskrieg
Wie wahrscheinlich sind Trumps Zolldrohungen tatsächlich?

President Donald Trump, left, shakes hands with Chinese President Xi Jinping during a meeting on the sidelines of the G-20 summit in Osaka, Japan, Saturday, June 29, 2019. (AP Photo/Susan Walsh)
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In Kürze:
  • Trump plant hohe Zölle auf Importe aus Mexiko und Kanada.
  • Experten halten pauschale Zölle jedoch für wenig wahrscheinlich.
  • Diese würden umfassende wirtschaftliche Folgen für die USA mit sich bringen.
  • Gezielte, bilaterale Massnahmen gelten als effektiver.

Gleich zum Start seiner zweiten Amtszeit am 20. Januar will Donald Trump Zölle in Höhe von 25 Prozent auf alle Importe aus Mexiko und Kanada erheben. Einfuhren aus China will er mit zusätzlichen Zöllen von 10 Prozent belegen. 

Ausserdem schlug Trump im Wahlkampf vor, Zölle von 60 Prozent auf Waren aus China zu erheben, und von 10 bis 20 Prozent auf alles, was die USA aus anderen Ländern einführen.

Neue Handelsbarrieren in dieser Höhe hätten weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft der USA und ihrer Handelspartner.

In den letzten zwölf Monaten war nur eines von zehn befragten Schweizer Unternehmen im Aussenhandel von Protektionismus betroffen gewesen. Aber vier von zehn rechnen mit einer Zunahme von Handelshemmnissen im neuen Jahr, so das Ergebnis einer Umfrage im Rahmen des Einkaufsmanager-Index, der am Freitag von der Grossbank UBS publiziert wurde.

Kann Trump überhaupt solche Zölle erheben?

Aber wie wahrscheinlich sind die trumpschen Zölle tatsächlich? Kann Trump schon am ersten Tag seiner Präsidentschaft ohne Verabschiedung eines neuen Gesetzes durch den Kongress und ohne ein Verwaltungsverfahren Zölle auf Einfuhren aus Ländern wie Mexiko und China oder sogar aus der ganzen Welt erheben?

Simon Evenett, Professor für internationalen Handel an der Universität St. Gallen, und sein Kollege Johannes Fritz halten pauschale Zölle für wenig wahrscheinlich: Trumps Handelspolitik werde «auf bilateralem Druck statt auf umfassenden globalen Zöllen basieren». Seit 2009 zeichnen sie mit der Forschungsinitiative «Global Trade Alert» Verletzungen des Welthandels auf.

Die Macht des Präsidenten sei zwar gross, aber verfassungsmässig beschränkt, stellen Evenett und Fritz fest. Zudem müsse sich die Regierung Trump «zunächst in den Washingtoner Korridoren der Macht zurechtfinden». 

Gemäss US-Verfassung ist der Kongress, nicht der Präsident für die Handelspolitik zuständig. Das Parlament kann seine Zuständigkeit nicht ohne Einschränkungen an den Präsidenten abtreten. Wo es dies in der Vergangenheit bereits getan hat, wurden die Befugnisse eingegrenzt: Sie gelten nur bei nationalem Notstand, bei Gefährdung der nationalen Sicherheit, bei unfairen Handelspraktiken, bei selektiver Diskriminierung des US-Handels und bei Zahlungsbilanzkrisen. 

Knoblauch gefährde die nationale Sicherheit der USA

Mit der Begründung eines nationalen Notstands wurden bisher noch nie Zölle eingeführt. Aber schon in seiner ersten Amtszeit drohte Trump gegenüber Mexiko damit. 

Das Argument der Gefährdung der nationalen Sicherheit wurde vor Trumps erster Amtszeit selten genutzt. Zuletzt hatte Ronald Reagan damit Zölle auf Werkzeugmaschinen begründet. Aber nichts scheint unmöglich: Vor gut einem Jahr bemühte ein Senator aus Florida die «nationale Sicherheit», um eine Begrenzung des Imports von Knoblauch aus China zu fordern. 

Donald Trump und Joe Biden setzten bereits Zölle gegen «unfaire» Handelspraktiken Chinas ein. Die Begründung erlaubt jedoch nur Massnahmen gegen einzelne Länder. 

Ob die verfassungsmässigen Beschränkungen Trump wirklich bremsen können, wird von manchen Fachleuten bezweifelt. «Es besteht die reale Gefahr, dass die Legislative und die Judikative nicht willens oder nicht in der Lage sind, den Missbrauch des US-Handelsrechts in seiner derzeitigen Fassung durch einen künftigen Präsidenten zu kontrollieren», schreiben zwei Autoren des libertären Washingtoner Thinktanks Cato Institute in einem Bericht. 

Industrie wird sich gegen Pauschalzölle wehren

Für globale Zölle braucht es jedoch eine spezifische Gesetzgebung durch den Kongress. Diese sei politisch schwer durchzusetzen, glauben Evenett und Fritz. Wichtige importabhängige Industrien werden sich gegen Pauschalzölle wehren. Die angedrohten Zölle würden auch amerikanische Produkte verteuern, weil ein grosser Teil der Importe Zwischenprodukte sind. Vor allem im Handel mit Mexiko und Kanada überqueren solche Produkte bei ihrer Herstellung mehrfach die Grenzen. 

Dazu kommen unterschiedliche Interessen der Regionen, da Zölle sich nicht überall gleich auswirken. Aufwendige und langwierige Auseinandersetzungen im Kongress wären unvermeidbar, bevor ein Zollgesetz tatsächlich verabschiedet werden könnte.

Globale Zölle seien ausserdem unpraktisch, argumentieren Evenett und Fritz. Denn die US-Importe konzentrieren sich auf wenige Handelspartner. Tatsächlich kommt die Hälfte aller Importe von nur drei Handelspartnern: EU, Mexiko und China. Die zwölf wichtigsten sind für 87 Prozent aller US-Importe verantwortlich.

Die hohe Konzentration der US-Importe auf wenige grosse Handelspartner mache gezielte bilaterale Massnahmen effektiver und realistischer als globale Zölle, stellt Johannes Fritz fest. So könnten die gewünschten Ergebnisse erzielt werden, ohne dass gesetzliche Befugnisse überschritten werden. 

Trump droht EU mit «Zöllen ohne Ende»

Bestärkt wird dieses Argument durch die Ernennung von Scott Bessent zum Finanzminister. Zölle könnten «als eine wirtschaftliche Sanktion ohne Sanktion angesehen werden», erklärte Bessent. Sie seien «ein nützliches Instrument, um die aussenpolitischen Ziele des Präsidenten zu erreichen» und würden in erster Linie gegen China gerichtet sein.

Die Wirtschaft müsse sich «auf eine Reihe gezielter Konfrontationen statt auf einen einheitlichen Zollschock vorbereiten», folgern Evenett und Fritz in ihrer Analyse.

So könnte Trumps Drohung gegen Mexiko und Kanada Teil einer Strategie sein, um den beiden Ländern bereits im Vorfeld der Überprüfung des Handelsabkommens 2026 Zugeständnisse abzuringen. Gegenüber der EU erklärte Trump kurz vor Weihnachten, diese müsse «ihr enormes Defizit gegenüber den USA durch den gross angelegten Kauf unseres Erdöls und Erdgases ausgleichen, sonst gibt es Zölle ohne Ende!!!».