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Noch mal Millionen von Songs weg
«Die Branche ist am A…»: Worum es bei Universal gegen Tiktok eigentlich geht

LONDON, ENGLAND - FEBRUARY 11: (EDITORIAL USE ONLY) Harry Styles performs live on stage during The BRIT Awards 2023  at The O2 Arena on February 11, 2023 in London, England. (Photo by Samir Hussein/WireImage)
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Zwischenstand nach einem Monat Machtspielchen: Universal und Tiktok kommen einander nicht näher. Mit Anbruch des neuen Monats hat sich die Situation sogar zugespitzt.

Ende Februar ist eine weitere Frist verstrichen. Und Tiktok musste noch einmal rund 4 Millionen Lieder von seiner Plattform entfernen, weil mit dem weltgrössten Label Universal keine Einigung über die Vergütung der Musik erreicht werden konnte. Nun sind auch Songs von Harry Styles oder Adele weg, die zwar nicht bei Universal unter Vertrag sind, aber deren Musik über Universal vertrieben wird. Auch sämtliche Lieder, bei denen ein Songwriter oder eine Songwriterin mit Universal-Vertrag in irgendeiner Form beteiligt ist, müssen weg.

Doch warum stellt sich Universal quer, während alle anderen Labels mit Tiktok einen Deal abgeschlossen haben?

Hits, hinter denen kein Mensch mehr steht

Die Verantwortlichen bei Universal sind überzeugt, dass Tiktok eine mittelfristige Strategie verfolgt, in der KI-generierte Musik immer wichtiger wird. Wenn das der Fall ist, bedeutet dies für Universal (und alle anderen Labels), dass sie auf Tiktok immer weniger mitverdienen können – und für Tiktok, dass sie kaum mehr Lizenzgebühren bezahlen müssen.

Zudem hat Tiktok in den vergangenen Jahren zahlreiche Welthits befeuert, wovon die Labels letztlich massiv profitierten. «Viral zu gehen» ist zum verheissungsvollen Marketingplan der Branchenleute geworden, um in der riesigen globalen Musikmasse an die Oberfläche gespült zu werden. Auch dieser Werbeeffekt für Musikschaffende würde verpuffen. Es gäbe Hits, hinter denen kein Mensch mehr steht.

Tiktok hat bereits eine Musik-KI in der App

Tatsächlich testet Tiktok KI-Anwendungen innerhalb der App, mit der die Nutzerinnen und Nutzer ganz einfach Musik für ihre Videos kreieren können. Das Feature «AI Song» erstellt mit Eingabe von einem simplen Prompt innerhalb von Sekunden einen Track, der bei Videos hinterlegt werden kann. Dabei kann man zwischen drei beliebten Musikstilen wählen – Pop, EDM oder Hip-Hop. Auch eine App, die aus einer gesummten Melodie einen ganzen Song macht, ist in der Mache. Noch ist das Spielerei, noch sind es Tests. Aber der Weg ist eingeschlagen.

Da Tiktok-Clips und Social-Media-Videos allgemein meist nur kurze Liedschnipsel verwenden, macht eine automatisierte Erstellung von Hintergrundmusik durchaus Sinn – wer braucht schon einen vollen, drei Minuten langen, über Wochen und von mehreren Personen geschaffenen Song für zehn Sekunden Tanzeinlage?

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Problematisch ist, dass Tiktok dank Musik überhaupt erst gross geworden ist. Und nun, da die Nutzerschaft da ist – über eine Milliarde Menschen sind auf der App aktiv –, öffnet man das Feld für lizenzfreie Sounds. KI-Musik ist durch das Urheberrecht nicht geschützt. Dass auch beschleunigte oder verlangsamte Versionen auf der App so populär sind, hat genau damit zu tun: Sie sind für die Kontroll-Software weniger leicht zu entdecken.

In einem Statement, das Universal an die Songschreibenden richtet, heisst es: «Tiktok will KI-Musik, damit sie keine Gebühren an Menschen zahlen müssen.» Man werde für die Künstlerinnen und Künstler kämpfen, schreibt Universal. Man wolle nur mit Partnern zusammenarbeiten, die den Wert von Musik schätzten. Tiktok erwiderte: «Wir sind nach wie vor an einer fairen Einigung interessiert.» Dass Millionen von Songs von der Plattform verschwänden, schade letztlich den Musikschaffenden. Tiktok behauptet gegenüber «Music Business Worldwide» zudem, dass sie keinen Einbruch bei den Nutzungszahlen registriert hätten, seit der Universal-Katalog habe entfernt werden müssen.

Es geht in diesem Kräftemessen um viel, und nicht nur um Geld, durchaus auch um Ideologie. Was ist Musik, und welchen Wert hat sie?

Der hundertmillionenfach gestreamte englische Musiker James Blake schrieb am Wochenende auf Instagram: «Die Branche ist am Arsch. Und die Musikschaffenden am allermeisten.» Streamingdienste und Tiktok würden nicht richtig bezahlen, Labels würden immer grössere Anteile fordern und nur noch darauf warten, dass ein Lied viral gehe. Touren sei zu teuer geworden. «Wenn wir gute Musik wollen, muss irgendwer dafür bezahlen», schreibt Blake.

Aber wer denn eigentlich? Und in der Zwischenzeit gibt es KI-Musik frei Haus.