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Terrorangriff in Moskau
Haftbefehle für zwei Verdächtige beantragt, Frankreich ruft höchste Warnstufe aus

A woman lights candles at a makeshift memorial in front of the Crocus City Hall, A day after a gun attack in Krasnogorsk, outside Moscow, on March 23, 2024. Gunmen who opened fire at a Moscow concert hall killed more than 60 people and wounded over 100 while sparking an inferno, authorities said on March 23, 2024, with the Islamic State group claiming responsibility. (Photo by STRINGER / AFP)
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Ein Gericht in Moskau hat am Sonntagabend den Antrag auf Haftbefehle für zwei mutmassliche Akteure des blutigen Terroranschlags auf eine Konzerthalle nordwestlich der russischen Hauptstadt erhalten. Das Ermittlungskomitee habe sie bereits informiert, dass gegen sie Anklage wegen des gemeinschaftlich verübten tödlichen Terroranschlags erhoben werde, berichtete die Staatsagentur Tass. Insgesamt waren nach der Tat elf Verdächtige festgenommen, vier von ihnen gelten als die eigentlichen Todesschützen.

Die Zahl der Toten ist derweil laut Behörden auf 137 gestiegen. Das teilte das Staatliche Ermittlungskomitee nach Angaben der Nachrichtenagentur Tass am Sonntag mit. Zuvor hatte das Komitee von 133 Toten berichtet und auch mitgeteilt, dass die Zahl womöglich noch steigen werde. Mehr als 150 Menschen wurden bei dem Anschlag zudem verletzt, viele davon befinden sich laut Behördenangaben weiter in kritischem Zustand.

Bei einem nationalen Trauertag gedenkt Russland an diesem Sonntag der Opfer des Terroranschlags. Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte die Tat bereits in der Nacht zu Samstag für sich reklamiert, doch der russische Präsident Putin sah vielmehr eine «ukrainische Spur» hinter dem Anschlag – ohne jedoch Beweise dafür anzuführen. Kiew wies jede Beteiligung an der Tat zurück. Im Ausland schlossen sich Serbien und Nicaragua mit eigenen Trauertagen dem Gedenken an.

Emergency services vehicles are seen outside the burning Crocus City Hall concert hall following the shooting incident in Krasnogorsk, outside Moscow, on March 22, 2024. Gunmen opened fire at a concert hall in a Moscow suburb on March 22, 2024 leaving dead and wounded before a major fire spread through the building, Moscow's mayor and Russian news agencies reported. (Photo by STRINGER / AFP)

IS verbreitet Video vom Terrorangriff

In der Nacht auf Sonntag hat die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ein mutmasslich von den Angreifern gedrehtes Tatvideo veröffentlicht. Nach Angaben des US-Unternehmens Site, das auf die Beobachtung extremistisch-islamistischer Plattformen spezialisiert ist, wurden die rund anderthalb Minuten langen Aufnahmen im Onlinedienst Telegram in einem Kanal verbreitet, der vom IS-Propagandaorgan Amaq betrieben wird.

Zu sehen und zu hören sind darauf mehrere mit Sturmgewehren und Messern bewaffnete Menschen, die offenbar in der Eingangshalle der am Freitag von dem Anschlag getroffenen Crocus City Hall im Moskauer Vorort Krasnogorsk Schüsse abfeuern. Die Gesichter und Stimmen der Angreifer sind unkenntlich gemacht, um sie herum liegen zahlreiche leblose Körper, im Hintergrund ist Feuer zu sehen.

Der IS hatte sich bereits kurz nach der Tat zu dem Überfall bekannt. Die russischen Behörden gingen jedoch nicht auf dieses Bekenntnis ein. Vielmehr stellte Präsident Wladimir Putin in einer Fernsehansprache eine Verbindung der mutmasslichen Täter zur Ukraine auf. Die Regierung in Kiew wies jegliche Verwicklung in den Angriff zurück.

Die Chefredakteurin des früher als Russia Today bekannten russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, veröffentlichte zwei Videos, die Verhöre zweier mutmasslicher Täter zeigen sollen. Beide geben darin ihre Beteiligung am Anschlag zu, sagen aber nichts zu den Hintermännern. Die Nachrichtenagentur AFP konnte die Echtheit dieser Videos zunächst nicht überprüfen.

Selenski: Moskau schiebe die Schuld immer auf andere

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski wies die Versuche Putins, mit unbelegten Schuldzuweisungen der Ukraine eine Mitverantwortung für den Anschlag zuzuschieben, kategorisch zurück. «Nach dem, was in Moskau passiert ist, versuchen Putin und die anderen Bastarde natürlich nur, jemand anderem die Schuld in die Schuhe zu schieben», sagte Selenski am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Die russische Seite habe immer die gleichen Methoden. «Und immer schieben sie die Schuld auf andere.»

Putin sprach in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede am Samstagnachmittag von einer angeblichen Verwicklung der Ukraine in den Terroranschlag. Mit Blick auf vier der festgenommenen Männer sagte er: «Sie haben versucht, sich zu verstecken und haben sich in Richtung Ukraine bewegt, wo für sie ein Fenster für einen Grenzübertritt vorbereitet worden war.» Der ukrainische Militärgeheimdienst konterte Putin und wies darauf hin, dass die Grenze seit langem vermint sei.

Frankreich ergreift Massnahmen

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hält nach derzeitigem Stand Islamisten für den schweren Anschlag auf die Crocus City Hall verantwortlich. «Nach allem, was bisher bekannt ist, ist davon auszugehen, dass die Terrorgruppe «Islamischer Staat Provinz Khorasan» (ISPK) den mörderischen Terroranschlag in der Nähe von Moskau zu verantworten hat», sagte sie der «Süddeutschen Zeitung». Von dieser Gruppe gehe derzeit auch in Deutschland die grösste islamistische Bedrohung aus, sagte Faeser. «Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut.»

Frankreich hat sogar die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen. Angesichts des von der Terrormiliz Islamischer Staat beanspruchten Attentats und der Bedrohung, die auf Frankreich laste, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, schrieb Premierminister Gabriel Attal am Sonntag auf der Plattform X, vormals Twitter.

Khorasan steht für eine historische Region in Zentralasien, die Teile von Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan und vom Iran umfasste. Die ISPK-Terrorgruppe hatte ihren Ursprung in Afghanistan. «Wie häufig der Fall, reagierte die Gruppe auf Erfolglosigkeit im Innern mit einer Strategie der Externalisierung. In letzten Jahren hat ISPK zunehmend Ziele in der «Nachbarschaft» angegriffen und dort auch Kämpfer rekrutiert», hatte der Terrorismusexperte Peter Neumann vom King’s College in London bereits im Dezember 2023 getwittert.

Der IS-Propagandakanal Amak veröffentlichte am Samstag ein Bild mit vier Personen, deren Gesichter unkenntlich gemacht worden waren. Die Kämpfer hätten bewaffnet mit Sturmgewehren, Pistolen und Bomben Russland einen «schweren Schlag» versetzt, hiess es in der Mitteilung. Der Angriff habe «Tausenden Christen in einer Musikhalle» gegolten. Der IS bekämpft Anhänger des Christentums und betrachtet sie als Ungläubige.

Identifizierung der Opfer im Gange

Forensiker setzten unterdessen die Identifizierung der Opfer fort. Bis Samstagabend seien bereits 50 Opfer identifiziert worden, teilte Gouverneur Andrej Worobjow mit. Viele Menschen in der Konzerthalle seien bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, hiess es. Knapp 4000 Menschen spendeten bis zum Abend Blut, um die ärztliche Behandlung der Verletzten zu erleichtern.

Die Aufräum- und Bergungsarbeiten in der schwerbeschädigten Konzerthalle in Krasnogorsk nordwestlich von Moskau sollten nach Angaben von Gouverneur Worobjow mindestens bis Sonntagabend andauern. Die Halle war während des Anschlags in Brand geraten und grösstenteils zusammengestürzt. Letzte Glutnester wurden am Samstagnachmittag gelöscht, Mitarbeiter des russischen Zivilschutzes konnten daraufhin mit dem Abtragen von Trümmern beginnen. Unter den Trümmern könnten sich noch weitere Leichen befinden.

AFP/DPA/wy