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Meinung

Kommentar zum Terroranschlag in Moskau
Wer Gewalt sät, wird Gewalt ernten

People react next to the Crocus City Hall, on the western edge of Moscow, Russia, Saturday, March 23, 2024. Russia's top state investigative agency says the death toll in the Moscow concert hall attack has risen to over 133. The attack Friday on Crocus City Hall, a sprawling mall and concert venue on Moscow's western edge, also left many wounded and left the building a smoldering ruin. (AP Photo/Alexander Zemlianichenko)
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Moskau hat letzten Freitag das erlebt, was Paris im Bataclan am 13. November 2015 erleben musste. Eine Horde von fanatisierten Islamisten schoss an einem friedlichen Konzertanlass wild um sich und tötete über 140 meist junge Menschen. Die Terroristen zündeten das Gebäude an, einige Opfer verbrannten lebendigen Leibs. Ein Teil der Halle stürzte ein, darum gab es so viele Tote.

Es dauerte lange, bis die Polizei die Lage unter Kontrolle brachte. Das Leid unter den unschuldigen Menschen war gross. Der Hass, der entstand, womöglich noch grösser. Fragt sich nun, gegen wen der Hass sich richtet. Es gibt ein Bekennerschreiben des «Islamischen Staats Provinz Khorasan», abgekürzt Isis-K, das die westlichen Islamexperten für authentisch halten. Khorasan war eine Region, die neben Afghanistan auch Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan umfasste. Wladimir Putin hat die Hintermänner der Täter in seiner fünfeinhalbminütigen Ansprache am Samstag bereits identifiziert: Es sind die Ukrainer. Sie hätten für die IS-Terroristen bezahlt und auf der ukrainischen Seite der Grenze ein Fluchtfenster vorbereitet.

Und tatsächlich hat man laut den russischen Medien die flüchtigen Terroristen in der Provinz Brjansk verhaftet. Das ist eine Region, 340 Kilometer westlich von Moskau, die an die Ukraine grenzt. Ob das Putin als Beweis reicht, um noch härter gegen die Ukraine vorzugehen? Man muss es befürchten. Dass es stimmt, ist im Moment eher unwahrscheinlich.

Dass sich IS-Attentäter einfach so von einem ausländischen Geheimdienst kaufen lassen, ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, doch bisher hat man das so nicht beobachtet. Weder beim Bataclan noch bei anderen Attentaten, auch nicht beim Anschlag der Hamas am 7. Oktober in Israel oder bei den Attentaten vom 11. September 2001 in den USA.

Was allerdings regelmässig geschieht, das ist eine völlig überzogene Reaktion der Staaten, die sich angegriffen fühlen. So traten die USA nach dem 11. September gleich zwei grosse Kriege los, die sie in der Folge beide verloren. Zwar gewannen sie die erste Schlacht im Krieg, dann aber verloren sie den Frieden. Letztlich entstanden aus dem Chaos, das sie hinterliessen, die Taliban und der Islamische Staat. Die Franzosen verloren ihre Kriege gegen den Terror in der Sahelzone, mit dem Resultat, dass heute dort die Söldner der russischen Wagner-Truppen das Sagen haben.

Die Israelis sind drauf und dran, sich nach dem schrecklichen Massaker im Gazastreifen festzusetzen, mit dem Resultat, dass ein jahrelanger Kleinkrieg droht. 30’000 Tote und all das Leid, das dieser Krieg schon forderte, haben bei den Hinterbliebenen genügend Hass gesät, dass sich viele junge Fanatiker finden lassen, die neue Terrorattacken ausführen.

Frankreich, die USA und Israel sind demokratische Rechtsstaaten, die sich zu Rachefeldzügen hinreissen liessen. Was wird also der frisch wiedergewählte Putin tun? Zu befürchten ist, dass er auf die Gewalt von Moskau mit noch mehr Gewalt reagieren wird. Wozu das führt, wenn man bedenkt, dass Putin schon seit zwei Jahren erfolglos versucht, die Ukraine mit konventionellen Kriegsmitteln zu bezwingen, man mag es sich gar nicht ausmalen.

Der einzige Hoffnungsschimmer, den es in dieser düsteren Lage gibt, ist, dass es doch ausgerechnet die Amerikaner waren, die Moskau vor Terroranschlägen warnten. Und dies, obwohl die Beziehungen zwischen Russland und den USA, zwischen Putin und Joe Biden, so schlecht sind wie kaum je zuvor. Vielleicht erinnert sich Putin ja an die Zeit Anfang des Jahrhunderts, als Russland und die USA gemeinsam und mit beachtlichem Erfolg versuchten, die Welt sicherer zu machen. Allein, die Hoffnung ist klein, und es ist zu befürchten, dass Putin seine Wut an den Ukrainern auslassen wird, egal, ob sie nun hinter den Attentaten stecken oder nicht.