TV-Kritik «Tatort»Der Klamauk kommt vor dem Krimi
Die Münsteraner Ermittler befassen sich mit der Wohnungsnot von jungen Menschen – eigentlich ein ernstes Thema. Der Krimi «Fiderallala» findet das alles aber ziemlich lustig.

- Eine Zeltstadt hinter dem Münsteraner Uni-Hauptgebäude verdeutlicht die prekäre Wohnungssituation von Studenten und anderen jungen Menschen.
- Diese Wohnungsnot wird im «Tatort» als mögliches Mordmotiv thematisiert.
- Daneben entwickeln sich Professor Boernes Partynacht-Eskapaden zum viralen Studentenmeme.
- Allerdings vernachlässigt der neue Münster-«Tatort» die aufgeworfenen sozialen Themen zugunsten gewohnter Albernheiten.
Vom obersten Gipfel der Mietstatistik aus ist das Tal ziemlich weit entfernt. Deshalb vergisst man in Zürich oder München ja gerne mal, dass auch andere Städte mit hohen Mieten zu kämpfen haben. In Münster etwa sieht der Boden der Tatsachen so aus: Gut ein Fünftel der Einwohner ist an einer Uni eingeschrieben. Für den Mietmarkt heisst das: Viele junge Menschen konkurrieren um wenige günstige Wohnungen. Zum Semesterstart füllen sich die Notunterkünfte der Uni: fünf Euro pro Nacht, ohne Küchenzugang. Viel Spass beim Studieren.
Im neuesten «Tatort» wird diese ohnehin schon prekäre Situation aufs Äusserste ausgeweitet. Statt in Notunterkünften hausen Studierende ohne Wohnung nun in einer Zeltstadt hinter dem Uni-Hauptgebäude. Und um einmal mehr klarzumachen, wie sehr die Wohnungsnot junger Menschen offenbar zum Münsteraner Lebensgefühl gehört, scheint diese Wohnraumkrise den Ermittlern Karl-Friedrich Boerne und Frank Thiel offenbar nicht mal einen müden Kommentar wert zu sein. Alles ganz normal, offenbar. So normal, dass die Ermittler dann auch noch Wohnraummangel als mögliches Mordmotiv in Betracht ziehen. Kommt in Münster womöglich öfter vor. Da kann man an dieser Stelle nur mutmassen.
Wie büffelt man im dünnwandigen Zelt?
Der Sozialkritik hätte der «Tatort» gerne mehr Raum widmen dürfen. Da hätten schon einige offene Fragen geholfen: Wie büffelt es sich in einem dünnwandigen Zelt? Gibt es Zugang zu frischem Wasser? Was wird aus der Zeltstadt, wenn das Wetter schlecht wird?
Aber offenbar fehlt Thiel und Boerne die Zeit, um das Thema zu vertiefen. Die beiden sind ohnehin mal wieder mehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt als mit dem eigentlichen Kriminalfall. Boerne kämpft mit den Folgen einer Partynacht, die ihn bei den Studierenden unfreiwillig zum Meme gemacht hat. Und weil er seinem Freund und Kollegen Thiel die Schuld daran gibt, zanken die beiden genau so, wie sie es am besten können: leidenschaftlich theatralisch. Immerhin – auch hier geht es ums Mieten.
Dass der «Tatort» aus Münster für Albernheiten bekannt ist, ist klar. Und dass der Kommissar und der Professor das Kabbeln nicht lassen können, auch. Trotzdem hätte der Geschichte etwas mehr Ernsthaftigkeit gutgetan, als Gegengewicht zum diesmal wirklich arg konstruierten Kriminalfall. Stattdessen setzt «Fiderallala» (Buch: Regine Bielefeldt; Regie: Isa Prahl) auf die altbewährte und inzwischen recht abgenutzte Formel für den sonntäglichen Münster-Krimi: Klamauk vor Krimi. Darauf ein müdes Lächeln.
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