Ode an den SuperstarWie ich dank Patrick Mahomes zum Football fand
Das Spiel der 1000 Unterbrüche hat unseren Autor immer genervt. Doch dann kam Netflix mit einer Doku über einen der grössten Stars. Einsichten vor der Superbowl.
Fussball ist immer mein Spiel gewesen. American Football ist nie mein Spiel gewesen. Ich habe mich auch nie bemüht, es wirklich zu durchschauen. Der Grund dafür ist nicht sonderlich fundiert, ich weiss. Aber die dauernden Unterbrüche stören mich. Doch dann hat mir Netflix die Augen geöffnet – zumindest wenn es um diesen einen Spieler geht. Patrick Mahomes muss einfach faszinieren.
Als Laie las ich 2022 von seinem neuen Vertrag bei den Kansas City Chiefs. 450 Millionen Dollar hat er über die Laufzeit von zehn Jahren garantiert, mit Boni können es gar 503 Millionen sein – amerikanische Verhältnisse in Amerikas grösstem Sport. Vor einem Jahr gewann er die Superbowl, den Final der National Football League, zum zweiten Mal.
Auf Netflix sagt Peyton Manning, einer der Produzenten der achtteiligen Dokumentation «Quarterback»: «Im Sport gibt es nichts Härteres, als in der NFL Quarterback zu sein. Du bist immer im Fokus. Du hörst nichts. Es regnet. 150-Kilo-Kerle wollen dich töten. Und immer will jemand deinen Job.» Manning gewann als Quarterback selbst zweimal die Superbowl.
Patrick Mahomes wollte eigentlich Baseballer werden wie sein Vater. Er spielte auch Basketball. Diese beiden Sportarten beeinflussen bis heute seine Art, wie er Football spielt und die Bälle wirft, mit welcher Eleganz und Technik. Als Quarterback orchestriert er das Spiel, er ist der Chef, und gar mehr, «er ist das Team», sagt Manning. Im Sport der Schwarzen ist Mahomes einer der wenigen Schwarzen in dieser Rolle.
Als wolle er allen sagen: Mich macht ihr nicht fertig
Er ist 1,88 m gross und 104 Kilo schwer, das macht auch ihn zum Brocken. Aber neben den Kolossen, die sich auf ihn stürzen, um ihn zu Boden zu reissen, wirkt er fast schon filigran. Netflix ist ein Jahr lang nahe an ihm dran, in der Saison 2022/23, und zeigt eindrücklich, was er einstecken muss, welche Kräfte auf ihn wirken. In einem Spiel wird Mahomes immer wieder unfair angegangen. «Entspann dich mal!», ruft er seinem Gegner zu, «prügele nicht sinnlos herum!»
Was solche Angriffe mit ihm machen, zeigt sich ein paar Minuten später. Da wirft er einen Pass zum Touchdown, dem Mass aller Dinge im Football, und rennt schreiend auf dem Platz herum: «I’m here all day!», fünfmal: Ich bin den ganzen Tag hier. Als wolle er allen sagen: Mich macht ihr nicht fertig.
«Durchzuhalten ist die grösste Herausforderung», sagt Mahomes. Und er sagt es mit der ihm eigenen Eindringlichkeit. Seine Stimme ist leicht heiser und verstärkt den Eindruck seiner Aufgeregtheit, die er selbst dann hat, wenn er seine kleine Tochter vor Stolz platzend auf dem Arm herumträgt und «Papas Mädchen» nennt. Die krausen Haare hat er auf der Seite rasiert. Die Jugend macht seinen Schnitt nach.
Was durchhalten heisst, beweist er vor einem Jahr. Auf dem Weg zur Superbowl wird er schwer am rechten Knöchel getroffen, er schreit vor Schmerzen, er humpelt nur noch, aber er will nicht raus. Er weigert sich, den Knöchel nur schon röntgen zu lassen. Irgendwann gibt er nach, und als die Bilder zeigen, dass es bloss eine Verstauchung ist, hält ihn erst recht nichts mehr. Ein Mahomes geht nicht vom Feld, nur weil er auf einem Bein spielen muss. Er führt die Chiefs handicapiert zum Sieg. Dass er in der Superbowl selbst nochmals schwer an der verletzten Stelle getroffen wird, steckt er weg. Das Adrenalin treibt ihn an. Die Chiefs wenden ein 14:24 zur Pause zu einem 38:35.
Was bleibt einem wie ihm, wird er am Tag nach dem Sieg gefragt. «Es geht weiter. Das Ziel ist die Superbowl – jedes Jahr!» Am Sonntag bestreitet Mahomes sein viertes Endspiel in fünf Jahren. Er ist erst 28. Auch ein Laie verneigt sich.
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