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Meinung

Kommentar zu Wahlen in Südafrika
Mandelas korrupte Kinder

epa11331273 South Africans take pictures  at the statue of Nelson Mandela in Sandton City, Johannesburg, South Africa, 10 May 2024. It is 30 years to the day that Nelson Mandela was inaugurated as South Africa's first black president. South Africa will hold general elections on 29 May 2024, 30 years after the end of white minority rule and the end of the apartheid system. The ruling liberation party, the African National Congress (ANC), has seen its support decline in the face of widespread corruption at the state level, a high crime rate, a 30 percent unemployment rate, and years of power outages.  EPA/KIM LUDBROOK
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Wahlkampf, das ist für die Menschen in Südafrika in diesem Jahr die Gelegenheit, ein altes Gefühl neu kennen zu lernen: wie es ist, wenn man seinen Tag nicht nach dem Stundenplan des staatlichen Stromversorgers ausrichten muss. Von einem Tag auf den anderen endete vor zwei Monaten das sogenannte Loadshedding, die über Jahre zur fast täglichen Routine gewordenen stundenlangen Blackouts. Der Strom fliesst wieder in Südafrika. Den Elektroherd, die Waschmaschine oder die Küchenlampe können die Menschen anschalten, wann sie wollen. Dass das nichts mit der Wahl am 29. Mai zu tun hat, wie die Regierung beteuert, das glaubt niemand.

Südafrikas Wunderheilung vom Loadshedding – mutmasslich erkauft durch hektoliterweise Diesel, der die maroden Kraftwerke bis zum Wahltermin schleppt – ist der plumpe Versuch des African National Congress (ANC), die Stimmung im Land aufzuhellen. Es dürfte nicht viel nützen. Wenn die Vorhersagen nicht komplett irren, dann wird die Regierungspartei an diesem Mittwoch eine historische Niederlage erleben. Der ANC liegt in Umfragen bei etwa 40 Prozent. Das würde bedeuten, dass er nicht nur fast 20 Prozentpunkte im Vergleich zur vorangegangenen Wahl verliert, sondern zum ersten Mal die absolute Mehrheit. Andererseits: Angesichts der desolaten Lage des Landes wäre es immer noch erstaunlich viel.

Das ungleichste Land der Welt

Der ANC hat Südafrika 1994 unter Nelson Mandela von der Apartheid befreit. 30 Jahre später hat er das Land an den Rand des Abgrunds regiert. Südafrika ist das ungleichste Land der Welt. Es hat die höchste Arbeitslosenquote, eine der höchsten Mordraten und eine Bevölkerung, die zur Hälfte unterhalb der Armutsgrenze lebt. Der ANC ist nicht in der Lage, das Land verlässlich mit Strom und Wasser zu versorgen, nachdem er die Versorger durch Korruption und Missmanagement ruiniert hat. Und von allen diesen Problemen ist die schwarze Mehrheit deutlich stärker betroffen als die weisse Minderheit. Die Regierung hat sich eine Abreibung redlich verdient.

Die Tragik dieser Wahl könnte darin liegen, dass die Verluste des ANC den Niedergang des Landes nicht aufhalten, sondern beschleunigen. Denn es sind nicht die Parteien der Mitte, zu denen die frustrierten Wähler überlaufen. Es sind die Parteien der Spaltung, der Unvernunft und der Staatsverachtung. So wie Umkhonto we Sizwe, an deren Spitze Südafrikas hochgradig korrupter und 2018 aus dem Amt gejagter Ex-Präsident Jacob Zuma steht. Oder die Economic Freedom Fighters, die versprechen, Banken zu verstaatlichen, die Verfassung ausser Kraft zu setzen und die (hauptsächlich weissen) Landbesitzer zu enteignen. Gemeinsam stehen beide Parteien in Umfragen bei etwa 20 Prozent. Sollte der ANC nach der Wahl einen Koalitionspartner brauchen, könnte eine von ihnen bald in der Regierung sitzen.

Nelson Mandela entschied sich nach der Überwindung der Apartheid für Versöhnung statt für Abrechnung. Das war richtig, auch wenn viele Südafrikaner das heute anders sehen, besonders die Wähler von EFF und MK. Aber es war auch mutig. Denn schon damals war klar, dass das Land nur dann zur Rainbow-Nation zusammenwachsen kann, wenn das neue Südafrika den Menschen nicht nur gleiche Rechte, sondern auch annähernd gleiche Chancen auf ein gutes Leben bringt. Der ANC hat das in 30 Jahren nicht geschafft. Doch angesichts der Alternativen ist Südafrika fast zu wünschen, dass er auch nach der Wahl alleine regieren kann.