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Nach dem Ja zum Stromgesetz
«Es muss jetzt vorwärts­gehen» – Strom­wirtschaft startet Angriff auf Umwelt­schützer

Visualisierung Visualisierung: Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) plant im Triftgebiet im Gadmental den Neubau eines Speichersees und ein Wasserkraftwerk, da sich dort durch den Rückzug des Triftgletschers in den letzten Jahren im Gletschervorfeld ein See gebildet hat.
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Nach dem klaren Volks-Ja zum Stromgesetz können 16 Wasserkraftprojekte erleichtert umgesetzt werden: drei neue Stauseen sowie 13 Staumauererhöhungen. Allerdings sind Rekurse dagegen nach wie vor möglich.

Die Wasserkraftbetreiber versuchen nun, Druck aufzusetzen:  «Jetzt muss es vorwärtsgehen mit dem Ausbau der Wasserkraft», sagt Andreas Stettler, Geschäftsführer des Wasserwirtschaftsverbands. «Wir fordern deshalb, dass die priorisierten Projekte nicht durch Beschwerden von Kleinstverbänden blockiert werden.» 

Doch dieses Szenario ist bereits Tatsache, und zwar beim geplanten Stausee Trift im Kanton Bern. Im letzten Dezember haben der Gewässerschutzverband Aqua Viva sowie der Grimselverein Beschwerde gegen den Konzessionsentscheid eingereicht – wohingegen die grossen Verbände WWF und Pro Natura dem Projekt zugestimmt haben. Die Kraftwerke Oberhasli AG rechnet mit einer Verzögerung von mindestens zwei Jahren. Gehe der Fall bis vor Bundesgericht, seien es erfahrungsgemäss drei bis vier Jahre. 

Solche Fälle will die Wasserwirtschaft nicht mehr hinnehmen. Stettler schlägt deshalb eine «Demokratisierung» des Verbandsbeschwerderechts vor. Eine Beschwerde soll in Zukunft nur noch dann zulässig sein, wenn der Verband oder mehrere Verbände zusammen eine gewisse Mindestgrösse aufweisen. Als Kriterium schwebt Stettler die Zahl zahlender Mitglieder vor. Wo die Schwelle zu liegen käme, müsse im Detail noch diskutiert werden, so Stettler. Insgesamt sind in der Schweiz 29 Natur- und Heimatschutzorganisationen beschwerdeberechtigt. 

Umweltverband kontert

Der Vorschlag löst im Lager der Verbände Kritik aus. Mit «Demokratisierung» habe er nichts zu tun, heisst es bei Pro Natura. Solche Angriffe auf das Verbandsbeschwerde seien rechtsstaatlich vielmehr «sehr bedenklich». Klare Worte findet auch SP-Nationalrätin Martina Munz, die Aqua Viva präsidiert: «Der Vorschlag ist reines Wunschdenken mit dem Ziel, die Umweltgesetzgebung zu umgehen.» Er sei allein deshalb schon unsinnig, weil gewisse Organisationen keine Mitglieder hätten, etwa die Stiftung Landschaftsschutz. 

Munz argumentiert, bloss drei der fraglichen Projekte seien umstritten. Die anderen hätten von den Umweltorganisationen grünes Licht, teilweise schon seit Jahren. «Trotzdem werden sie nicht gebaut.» Es seien die Wasserkraftbetreiber, welche die Energiewende verzögerten. «Sie fokussieren auf umstrittene Projekte, statt die bewilligten zu bauen.»

Stettler vom Wasserwirtschaftsverband entgegnet, er kenne keine Projekte, die bewilligt seien und nicht gebaut würden. Zudem sei zu erwarten, dass es auch bei den weniger weit entwickelten der 16 Projekte im Stromgesetz noch Widerstand geben werde.

Bundesrat: «Sinnvolles Instrument»

Angriffe gegen das Verbandsbeschwerderecht hat es in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben. Den grössten – in Form einer von der FDP lancierten Volksinitiative – lehnte das Stimmvolk 2008 deutlich ab. Der Bundesrat seinerseits erachtet es als «sinnvolles Instrument» für die Umsetzung des Umweltrechts, wie er vor zwei Jahren darlegte. 

Bürgerliche Politiker dagegen beklagen seit längerem «Auswüchse». Im April hiess der Nationalrat eine Einschränkung gut:  Gegen kleinere Wohnbauprojekte im Baugebiet sollen Verbände künftig nicht mehr Beschwerde führen dürfen.

Der Vorschlag Stettlers kommt im Lager der Bürgerlichen entsprechend gut an. SVP-Nationalrat Mike Egger begrüsst die Stossrichtung: «Den Verbänden geht es oftmals nicht um den Schutz der Natur, sondern darum, ihre eigenen Kassen mit Spendengeldern zu füllen.» Ähnlich äussert sich FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Eine Einschränkung des Beschwerderechts sei notwendig, um die oft schon jahrzehntelangen Projekte endlich realisieren zu können. «Die fünfte Landessprache darf nicht die Einsprache sein.»