Kolumne «Miniatur des Alltags»«Stört es Sie, wenn ich dazu koche?»
Wer auf gesellschaftliche Veränderungen in Sachen Gleichstellung hofft, braucht Geduld – plötzlich kanns aber auch schnell gehen.
Gesellschaftliche Veränderungen. Sie nehmen manchmal unendlich viel Zeit in Anspruch, bevor sie passieren. Zum Beispiel das Namensrecht. Es wurde 2013 scheinbar der Realität angepasst. Seit damals behalten die Heiratswilligen grundsätzlich ihren Namen. 2010, im Jahr unserer Hochzeit, war das zu meinem Leidwesen noch eine Ausnahme, die beantragt werden musste.
Darum, und weil es der Stolz meines Mannes nicht zugelassen hätte, dass sein Name nicht der Familienname wäre, bin ich Trägerin eines Doppelnamens: Sibylle Saxer Suter. In der Realität bin ich immer das eine oder das andere, Frau Saxer oder Frau Suter, Letzteres vor allem als Mutter. Denn in den Köpfen vieler Menschen ist noch nicht angekommen, dass eine Frau anders heissen könnte als der Nachwuchs.
Das zeigt sich darin, dass die meisten Frauen mit der Heirat nach wie vor den Namen des Mannes annehmen. Die Politik denkt bereits darüber nach, das Namensrecht noch einmal zu überarbeiten. Der Konsens ist offenbar noch gar keiner.
Manchmal gehts aber auch schnell. Zum Beispiel mit dem Rollenverständnis von Vätern. Wie viele von ihnen haben bis vor kurzem gesagt: Nein, in Kinderbetreuung und Haushalt kann ich mich nicht mehr engagieren, ich arbeite schliesslich 100 Prozent … Das böse C-Virus hat da ein Umdenken angeregt.
Plötzlich ist das Homeoffice nicht nur erlaubt, sondern erwünscht, viele arbeiten auf Geheiss des Chefs an drei Tagen pro Woche im Büro und an zweien im Homeoffice. Und siehe da, plötzlich ist der Vater zu Hause, wenn die Kinder hungrig von der Schule nach Hause kommen. Da geht es gar nicht anders, sie müssen mit anpacken. Und das machen sie richtig gut.
Das erlebe ich nicht nur in meinem Umfeld, sondern auch als Journalistin. Kürzlich habe ich eine Auskunftsperson angerufen. Der Mann arbeitet für eine Bank und ist meist schwer erreichbar. Diesmal ging er aber sofort ran und sagte: «Doch, ich habe Zeit – wenn es Sie nicht stört, dass ich während unseres Gesprächs koche? Ich bin im Homeoffice, und die Kinder kommen gleich von der Schule nach Hause.»
Warum, bitte, sollte mich das stören? Im Gegenteil, im Stillen habe ich applaudiert. So geht das.
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