So viel müssen Axpo und Co. bezahlen Stilllegung von Atomkraftwerken kostet über 23 Milliarden Franken
Neue Berechnungen zur Stilllegung der Atomkraftwerke zeigen, wie teuer dies die Betreiber kommt. Doch die Zahlen werden angezweifelt.
Der Atomausstieg wird teuer. Am Freitag sind neue Zahlen veröffentlicht worden, wie viel die Stilllegung der Kraftwerke kosten könnte. Auf 23,1 Milliarden Franken belaufen sich die Kosten laut dem Verband der Schweizer Atomkraftwerkbetreiber Swissnuclear.
Alle fünf Jahre muss der Verband die Berechnung erneuern. Diese Schätzung ist entscheidend dafür, wie viel Geld auf die Seite gelegt wird, um den Abbau der AKW zu bezahlen. Basis der Berechnung sind verschiedene Varianten für die Stilllegung und die Entsorgung. 2016 hat der Verband die Kosten auf 24,2 Milliarden Franken geschätzt.
Das sind 1,1 Milliarden Franken mehr, als im aktuellen Bericht für das gleiche Szenario beziffert wurden. Der vollständige Rückbau der Atomkraftwerke sowie die Entsorgung der radioaktiven Abfälle sind darin enthalten.
Wann und wo die Endlager für Atomabfall gebaut werden, ist noch immer unklar.
Aktuell wird der Atomabfall in Würenlingen (AG) zwischengelagert. Für die geologische Tiefenlagerung sind zwei voneinander getrennte Lager vorgesehen: eines für die schwach- und mittelaktiven Abfälle, eines für die hochaktiven. Wann und wo diese gebaut werden, ist noch immer unklar.
Bei den AKW-Betreibern geht man von einem Baustart von 2030 aus. Jedoch wurde der Zeitpunkt bisher immer wieder zeitlich nach hinten geschoben. Bereits seit den 1970er-Jahren laufen die Arbeiten zum Bau einer solchen Anlage. Momentan laufen Abklärungen in den drei Gebieten Zürich Nordost, Jura Ost und Nördlich Lägern. 2022 will die zuständige Organisation Nagra über den geeignetsten Standort informieren.
Um Kosten zu bezahlen, äufnen die Betreiberfirmen einen Fonds, den sogenannten Stilllegungs- und Entsorgungsfonds Stenfo. Gemäss Swissnuclear sind Kosten im Umfang von 7,5 Milliarden Franken daraus bereits bezahlt worden, und weitere 8,9 Milliarden Franken wurden in den Fonds sichergestellt.
Knapp drei Viertel der Gesamtkosten seien damit ausfinanziert. Kommen noch Kapitalerträge aus dem Fondsvermögen hinzu, könne durch die vorgeschriebene Rendite von 1,6 Prozent mit zusätzlichen 4,9 Milliarden Franken gerechnet werden. Künftig müssten Betreiber für das teurere Szenario nur noch 900 Millionen Franken in den Fonds einzahlen, um die Kosten der Stilllegung und Entsorgung gemäss den Vorgaben des Bundes zu decken.
Am Schluss 1 Milliarde mehr
Über die Höhe der Kosten entbrennt immer wieder ein Streit. Das hat damit zu tun, dass nicht nur die Betreiber selbst entscheiden, wie gut der Stenfo alimentiert werden muss. Die Berichte von Swissnuclear werden von mehreren Stellen überprüft.
Beim letzten Bericht von 2016 hatte diese Überprüfung zur Folge, dass am Ende 1 Milliarde mehr an Kosten für den Stenfo berücksichtigt werden mussten. Diese Erhöhungen belasten die Erfolgsrechnungen der Betreiber jeweils stark.
Bei Swissnuclear spricht man davon, dass man konservativ rechne, aber grundsätzlich nicht ausschliessen könne, dass auch dieses Mal nach der Prüfung des Berichts durch die verschiedenen Stellen die Zahl wieder erhöht wird.
Bis dies in dieser Berichtsrunde entschieden ist, werden noch mal 2 bis 3 Jahre vergehen. Erst dann ist klar, ob Swissnuclear aus Sicht der anderen beteiligten Gremien wiederum zu tief geschätzt hat.
«In der Welt von Swissnuclear ist das Endlager ein simpler Tunnel.»
Kritisch gegenüber der Rechnung von Swissnuclear ist die atomstromkritische Energiestiftung. Sie kritisierte schon die früheren Berechnungen der Betreiber.
Nun sagt ihr Geschäftsleiter: «In der Welt von Swissnuclear ist das Endlager ein simpler Tunnel, in der Realität ist die Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle eine Geschichte von sehr teuren Misserfolgen. 2016 war Swissnuclear viel zu optimistisch und hat massgebliche Kostenrisiken für die Entsorgung auf die Allgemeinheit abgewälzt», lässt sich Nils Epprecht in einer Mitteilung zitieren.
Würden diese Risiken verursachergerecht berücksichtigt, müssten die Kosten deutlich ansteigen anstatt zu sinken, ist die Stiftung überzeugt.
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