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Alles zum Umbau
Jobs, Verkauf, Zukunft: Das Migros-Beben in 6 Punkten

Ursula Nold, Verwaltungsratspraesidentin Migros-Genossenschafts-Bund, links, und Mario Irminger, Praesident der Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes, rechts, waehrend einer Medienkonferenz am Freitag, 2. Februar 2024 in Zuerich. Der Detailhandelskonzern sucht neue Besitzer für die Reisetochter Hotelplan, die Kosmetik- und Hygienetochter Mibelle sowie für Melectronics und SportX. Das fuehrt zu einem grossen Stellenabbau. Die aktuelle Fokussierung werde bei der Migros Gruppe zu einem Abbau von bis zu 1500 Vollzeitstellen fuehren, heisst es in einer Mitteilung vom Freitag.  (KEYSTONE/Michael Buholzer)
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Die Migros baut ihr Geschäft radikal um. Sie will sich in Zukunft auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Zu diesem Zweck will sie Tochtergesellschaften und Fachmärkte verkaufen, wie die Detailhändlerin am Freitag früh bekannt gegeben hat.

Welche Firmen und Märkte betroffen sind

In einer gross angelegten Überprüfung der Strategie hat die Migros-Leitung das ganze Firmen-Portfolio der Gruppe durchleuchtet. Dabei habe sich gezeigt, dass die Migros «mit Blick auf die Zukunft nicht mehr in jedem Fall die geeignete Eigentümerin» sei und einzelne Tochterfirmen ausserhalb der Migros bessere Erfolgsaussichten hätten, teilt die Migros mit. 

Zu diesem Zweck will sie sich von mehreren Firmen trennen:

  • Hotelplan: Die Grösse sei im Reisegeschäft ausschlaggebend. Hotelplan ist zwar das grösste Reiseunternehmen in der Schweiz, global gesehen aber vergleichsweise klein. Synergien zum Kerngeschäft der Migros-Gruppe seien «limitiert», so die Migros. Gottlieb Duttweilers Mission bei der Gründung von Hotelplan 1935 war, «der bedrängten Schweizer Hotellerie zu helfen und gleichzeitig dem kleinen Mann Ferien zu ermöglichen». Dies werde inzwischen durch viele Anbieter gut erfüllt. Hotelplan könne sich bei einem neuen Eigentümer besser entwickeln. 

  • Mibelle: Die Unternehmen der Mibelle Group sind im Bereich Körperpflege, Kosmetik, Schönheit und Ernährung tätig. Etwa 70 Prozent des Umsatzes wird im Ausland erwirtschaftet. Zum Kerngeschäft in der Schweiz bestehe immer weniger Bezug, die Produktion für die Schweizer Supermärkte sei verglichen mit dem weltweiten Absatz gering. «Mibelle ist aus der Migros und über sie hinausgewachsen, weshalb heute weniger Gemeinsamkeiten und Synergien bestehen», sagte Michel Gruber, der in der Konzernleitung für Hotelplan zuständig ist.

  • Fachmärkte: Die Fachmärkte leiden zunehmend unter der Onlinekonkurrenz. 2020 hatte die Migros die Leitung des Bereichs dem Migros-Genossenschafts-Bund aus der Hand genommen und den regionalen Genossenschaften übergeben. Das Management schaffte es aber nicht, die Fachmärkte auf Erfolgskurs zu bringen. Jetzt sollen SportX und M-Electronics (Elektronik) verkauft werden. Die restlichen vier Ladenformate – Bike World (Velos), Do it + Garden, Micasa (Möbel) und der Baumarkt Obi – werden «einer eingehenden Überprüfung unterzogen». Auch sie könnten also später verkauft werden.

«Weil die Migros aufgrund der strategischen Fokussierung nicht mehr die ideale Eigentümerin ist, will sie sorgfältig geeignete Käufer suchen. Wir suchen gezielt neue Eigentümer, die über eine starke Basis verfügen, um die Unternehmen erfolgreich weiterzubringen», sagte Mario Irminger, Präsident der Generaldirektion des MGB.

Was das für das Personal bedeutet

Der Umbau wird gemäss Migros bis zu 1500 Vollzeitstellen kosten. Es betrifft Arbeitnehmende in Abteilungen, die Logistik oder IT für die zum Verkauf stehenden Firmen anbieten, sowie solche, die im Rahmen der neuen Supermarkt AG eingespart werden. Es handelt sich um den grössten Abbau in der fast 100-jährigen Geschichte der Migros. 

Die rund 6500 Mitarbeitenden, die bei Hotelplan, Mibelle und den betroffenen Fachmärkten angestellt sind, sollen gemäss Absicht der Migros bei den neuen Eigentümern weiterarbeiten. «Die Migros wird ihre Verantwortung als soziale Arbeitgeberin wahrnehmen», sagte Verwaltungspräsidentin Ursula Nold. Man werde «alles daransetzen, um Kündigungen möglichst zu vermeiden und betroffene Mitarbeitende aktiv dabei zu unterstützen, eine neue Stelle inner- oder ausserhalb der Migros-Gruppe zu finden». 

So reagieren die Sozialpartner

Der Kaufmännische Verband Schweiz als langjähriger Sozialpartner wurde vom Abbau überrascht. «Wir bedauern diesen Beschluss zutiefst», schreibt er in einer Stellungnahme. Er zeigt sich «äusserst besorgt» und fordert «gegenüber den Mitarbeitenden eine rasche und transparente Kommunikation sowie faire und sozialverträgliche Lösungen». Die Gewerkschaft Unia kritisiert «unsoziales Vorhaben» und ist «schockiert über das Ausmass des angekündigten Stellenabbaus».

Was es für die Kundinnen und Kunden bedeutet

Die Detailhändlerin will in den kommenden fünf Jahren mehr als 8 Milliarden Franken investieren, um in den Kernbereichen besser zu werden. Das soll sich in günstigeren Preisen niederschlagen. Neben Investitionen in die Migros-Supermärkte sind die Einführung eines neuen Ladenkonzepts für Denner, der Ausbau des Onlinegeschäfts sowie Investitionen in die Profitabilität der Migros Industrie geplant. 

Für die Kunden und Geschäftspartner der zu verkaufenden Firmen ändere sich während des Verkaufsprozesses nichts, versichert die Migros: «Sämtliche Geschäfte laufen wie bisher zuverlässig weiter.» Die Migros-Eigenmarken wie die «I am»-Pflegeprodukte oder das Spülmittel «Handy» sollen weiterhin in den Gestellen zu finden sein. 

Welche Kerngeschäfte erhalten bleiben

Mit der 2021 verabschiedeten Gruppenstrategie entschied die Migros, in Zukunft konsequent auf die Geschäftsfelder Detailhandel (Lebensmittel und «Non Food»), Finanzdienstleistungen (Migros-Bank) und Gesundheit (Medbase-Gruppe) zu setzen. «Mit der Konzentration auf das Kerngeschäft will die Migros ihre Position als Nummer 1 im Schweizer Detailhandel festigen. Sie will im Detailhandel ihre Kundinnen und Kunden mit attraktiven Preisen, Top-Qualität und gutem Service sowie vielseitigen Sortimenten für jedes Budget überzeugen», so die Migros.

Welches die finanziellen Konsequenzen sind

Im Rahmen der Überprüfung des Portfolios stellte die Migros-Gruppe einen Wertberichtigungsbedarf von rund 500 Millionen Franken fest. Der Abschreiber betrifft insbesondere Logistikliegenschaften, Informatikprojekte und «verschiedene weitere Vermögenswerte, die aufgrund veränderter Marktbedingungen einen tieferen Bilanzwert aufweisen und korrigiert wurden». Der Abschreiber ist grösser als der Reingewinn in den Jahren 2018, 2019 und 2022. Statt gut 750 Millionen Franken Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) wird die Migros für das Geschäftsjahr 2023 nur noch gut 250 Millionen ausweisen können.