Kommentar zum Druck auf MedienStänderäte spielen den Mächtigen in die Hände
Ein erleichterter Zugang zu superprovisorischen Verfügungen gegen Medien nützt vor allem Reichen und Milliardenkonzernen. Das dürfte nicht im Sinn des Ständerats sein.
Es geht um ein Wort. Ein einziges. Das Wort «besonders» in Artikel 266 der Zivilprozessordnung. Dieser gibt Bürgerinnen und Bürgern das Recht, ein Gericht anzurufen und ein Publikationsverbot zu verlangen, sofern ein Medienbeitrag ihnen «einen besonders schweren Nachteil verursachen kann». Die betroffenen Journalisten werden erst im Nachhinein angehört. Im schlimmsten Fall verbietet das Gericht die Publikation – oder erlaubt sie dann nach einigen Wochen oder Monaten doch.
Der Glarner FDP-Ständerat und Anwalt Thomas Hefti will das Wort «besonders» aus dem Gesetz streichen. Ein Publikationsverbot soll schon erwirken, wem ein «schwerer Nachteil» entsteht. Warum? Seine Argumente wollte Hefti dieser Zeitung nicht offenlegen. Wer gute Argumente hat, verhält sich anders. Ein Vertreter der «chambre de réflexion» sowieso. Hat er mit der Arbeit von Medienschaffenden ein Problem, sollte er dies offen ansprechen.
Hat Thomas Hefti mit der Arbeit von Medienschaffenden ein Problem, sollte er dies offen ansprechen.
Ständeräte, die Hefti unterstützen, spielen die Angelegenheit derweil herunter. Gemäss ihnen würde sich ein Wegfall des Wörtchens «besonders» auf die Rechtsprechung marginal auswirken. Es gäbe kaum mehr Publikationsverbote als heute.
Wenn die Wirkung marginal wäre: Warum wollen sie das Wort streichen? Weil die Wirkung so marginal nicht ist. Im Übergang von einem alten zu einem neuen Gesetz spielen Differenzen naturgemäss eine zentrale Rolle. Darauf fokussieren Richter in ihren Entscheiden. Und der Gesetzgeber signalisiert den Richtern mit der Änderung, dass er mit superprovisorischen Massnahmen kein Problem hat.
Das Vorgehen der Ständeräte ist aus einem weiteren Grund bedenkenswert. Sollte es ihnen darum gehen, den wehrlosen Bürger vor grossen Medienhäusern zu schützen, ist der erleichterte Zugang zu superprovisorischen Verfügungen kaum zielführend. Solche Klagen kosten viel. In der Regel leisten sie sich Reiche, Mächtige und Milliardenkonzerne. Die Gesetzesänderung würde Partikularinteressen fördern und kritischen Journalismus zugunsten von Transparenz und Demokratie schwächen.
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