Ex-Swiss-Chef will StaatshilfeStaatsgarantie für Gasfirmen: Vorschlag von André Dosé ist umstritten
Als Präsident von Swissgas steht er wieder im Brennpunkt und kritisiert in einem Interview die Politik. Seine Forderung kommt allerdings nicht bei allen gut an.
Die Gaswirtschaft hat ein Geldproblem. So sieht es André Dosé, Präsident von Swissgas. Er warnt davor, dass die vier regionalen Gasbeschaffer, die das Gas für die einzelnen Versorgungsunternehmen im Handel aufkaufen, durch die stark gestiegenen Preise Probleme bekämen. Durch den Preisanstieg würden sie an die Grenze der Finanzierbarkeit stossen, sagte Dosé in einem Interview mit der NZZ. Er bringt deshalb die Idee einer Staatsgarantie für Gasbeschaffer in die Diskussion.
Nach dem Rettungsschirm für Stromfirmen soll der Staat jetzt also auch die Gaseinkäufer im schlimmsten Fall retten. Denn es besteht die Sorge, dass Russland bald schon die Lieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 einstellen könnte. Das bringt zusätzliche Unsicherheit in den Handel und treibt die Gaspreise weiter an.
Der Hintergrund: Wenn ein Käufer Gaslieferungen für einen späteren Zeitpunkt – sagen wir im Dezember – bestellt, verlangt der Lieferant Sicherheiten. Steigen die Gaspreise, müssen die Gaskäufer immer höhere finanzielle Garantien bereitstellen.
André Dosé ist Präsident von Swissgas, der Netzbetreibergesellschaft für Gas in der Schweiz. Für die Beschaffung von Gas sind insgesamt vier Gaseinkaufsgesellschaften zuständig. Wie zum Beispiel der Gasverbund Mittelland, bei dem Dosé ebenfalls Präsident ist.
CEO Rolf Samer bestätigt: «Wir müssen derzeit dreimal so viel Garantien hinterlegen, um im Handel den Einkauf jener zusätzlichen Gasmengen abzusichern, die der Bund im Rahmen der Wintervorsorge Erdgas verlangt.» Die Höhe der Garantien bewege sich in einer Dimension, die den Rahmen des Machbaren sprenge. «Es braucht deshalb eine Staatsgarantie.»
Die Branche habe immer gesagt, die Gasbranche könne zusätzlich Gas beschaffen, aber nur bis zu einem gewissen Preis. Dieser sei nun überschritten. Samer warnt davor, die Situation zu unterschätzen. «Geht ein Unternehmen in Konkurs, kann es zu einem Dominoeffekt kommen.»
Genau aus dieser Sorge hat die deutsche Bundesregierung diese Woche ein Gesetz auf den Weg gebracht, das es dem Staat erlaubt, dem Gaseinkäufer Uniper mit Staatsgeldern auszuhelfen.
«Offensichtlich hat die Gasindustrie den Anschluss verschlafen, und die Politik soll es richten.»
Doch in der Schweiz ist die Idee umstritten. Energiepolitiker Matthias Jauslin ist wenig begeistert. Mehr noch: Der FDP-Nationalrat kritisiert die Gaswirtschaft: Nun erkenne die Branche, dass die Finanzierung der Beschaffung in Krisensituation ein ernsthaftes Problem werde und rufe nun nach Staatsgarantien. «Offensichtlich hat die Gasindustrie den Anschluss verschlafen, und die Politik soll es nun richten», so Jauslin. Eine Staatsgarantie könne nur eine kurzfristige Lösung sein. «In diesen sauren Apfel müssen wir wohl beissen.»
Auch SVP-Nationalrat Albert Rösti ist gegenüber einer Staatsgarantie kritisch, weil eine solche nicht unmittelbar zur Mehrproduktion in einer Mangellage beitragen würde. Sollte die Gasbranche aber den Beweis erbringen, dass eine solche Massnahme die Versorgungssicherheit erhöhen würde, sei er offen, das Anliegen zu prüfen.
Für SP-Nationalrat Roger Nordmann geht der Vorschlag von Dosé in die falsche Richtung: «Ich bezweifle, dass mit einer Staatsgarantie das Problem gelöst wird, dass wir im Winter genug Gas haben.» Viel wichtiger sind für Nordmann Solidaritätsabkommen, welche die Schweiz mit den Nachbarstaaten abschliessen will. Denn es sei weniger eine Frage des Preises als vielmehr eine Frage der Verfügbarkeit von Gas.
Unklar, wie dramatisch es ist
Auch FDP-Ständerat Damian Müller beurteilt Dosés Vorschlag kritisch. Theoretisch liesse sich der Rettungsschirm für die Stromversorger auf die Gasversorger ausdehnen. «Beim Gas ist es allerdings ein Dauerproblem, da die Preise wohl mittelfristig sehr hoch bleiben werden.»
Der Staat komme deshalb in die Zwickmühle: Er stütze den Gasimport, obwohl er langfristig den Ausstieg aus Erdgas anstrebe. «Wie beim Rettungsschirm müsste die Unterstützung – wenn schon – befristet sein.»
Wie dramatisch die Lage aber wirklich ist, bleibt trotz Dosés Mahnungen unklar. Beim Regionalversorger Erdgas Zentralschweiz (EGZ) steigt zwar der Liquiditätsbedarf ebenfalls, wie es auf Anfrage heisst. Aber: «Die Finanzierung kann zurzeit durch die Aktionäre der EGZ sichergestellt werden.» Ob es künftig eine Staatsgarantie braucht, lässt EGZ unbeantwortet.
Auch der Westschweizer Regionalversorger Gaznat betont, er habe die Situation derzeit unter Kontrolle, für den nächsten Winter sei er ausreichend abgesichert, sofern keine grösseren unvorhergesehenen Ereignisse einträten. Man beobachte die Preisentwicklung aber sehr genau. Ob es eine Staatsgarantie brauche, werde man je nach Entwicklung der Lage prüfen.
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